LJBO und Landesjugendchor überzeugen
"Fantastisches Konzert" und ein begeistertes Publikum auf Schloss Hallenburg
Ein tolles Konzert erlebten die vielen Zuschauer auf Schloss Hallenburg.
Fotos: goa
27.08.2023 / SCHLITZ -
Geburtstagsfeierlichkeiten können bekanntermaßen in Abhängigkeit von Gastgebern und Gästen eine große Bandbreite haben: mal mehr, mal weniger Stimmung, Tempo und Dynamik. Gefühlte neue Maßstäbe setzten zwei "Geburtstagskinder" bei einem gemeinsamen Anlass:
15 Jahre bestehen nun die beiden hessischen Auswahlensembles Landesjugendblasorchester (LJBO) und der Landesjugendchor. An ihr fulminantes Jubiläumskonzert im großen Konzertsaal der Landesmusikakademie in Schlitz werden sich nicht nur die rund 170 (!) Aktiven, sondern auch das Publikum noch lange zurückerinnern.
Jens Bastian, der Geschäftsführer der "Junge Musik Hessen gGmbH", dem Dachverband der Hessischen Landesjugendensembles, begrüßte die Gäste und dankte dem Team der Landesmusikakademie, allen voran ihre geschäftsführende Direktorin Mareike Wütscher, für die intensive Unterstützung bei der Arbeitsphase und bei der Durchführung des Konzertes. Doch dann regierte die Musik.
Auf Highlight des Jahres intensiv hingearbeitet
Jens Weismantel ahnte beim Telefonat mit OSTHESSEN|NEWS natürlich bereits Anfang der Woche, welche Dimension sich mit diesem gemeinsamen Jubiläumskonzert auftun würde. Der langjährige Dirigent des LJBO kennt sein Ensemble in- und auswendig, und auf das Highlight des Jahres hatte man bereits intensiv hingearbeitet, ebenso wie der Landesjugendchor unter Leitung von Axel Pfeiffer.
Den letzten Schliff erhielten Bläser und Sänger bei der gemeinsamen Arbeitsphase in dieser Woche in Schlitz. Der zeitgenössische Komponist Rolf Rudin hatte es sich nicht nehmen lassen, die Arbeitsphase selbst mitzugestalten, weil beide Ensembles Stücke aus seiner Feder spielten, darunter der vom Rhönwahrzeichen Milseburg inspirierte "Klingsteinberg", den Rudin eigens als Auftragswerk zum 10-jährigen Jubiläum des LJBO komponiert hatte. Der in Frankfurt wohnhafte Rudin blieb natürlich auch zur großen Aufführung in Schlitz - und war begeistert: "Das ist schon sehr erfüllend, wenn man hier sieht, mit welcher Hingabe die Auswahlmusiker die eigenen Werke umsetzen und auch die Hinweise von uns Dozenten annehmen".
Das zusammengestellte Konzertprogramm enthielt ferner Werke von Oliver Gies, Frank Ticheli und Simon Wawer und versprach dementsprechend nicht nur Vielfalt und Klasse, sondern es erfuhr als Krönung noch Carl Orffs Meisterwerk Carmina Burana – umgeschrieben auf das sinfonische Blasorchester. Da das opulente Werk nicht nur einen mehrstimmigen Chor braucht, sondern in zwei Sätzen auch einen Kinderchor (den der Landesjugendchor nicht enthält), wurde kurzerhand ein solcher zusammengestellt. Die Inhalte der Carmina Burana, also der "Lieder aus Benediktbeuern", könnten zeitgemäßer nicht sein: von der Wechselhaftigkeit von Glück und Wohlstand über die Flüchtigkeit des Lebens bis zu den Genüssen und Gefahren von Trinken, Völlerei, Glücksspiel und anderer Untugenden.
Im Programmheft hieß es: "Carmina burana" lebt von einem mitreißenden Rhythmus, wie er nur im 20. Jahrhundert komponiert werden konnte. Was Orff da in den 1930er Jahren gelang, sind eine Art Volkslieder im Pelz eines wilden Tieres" (Gernot Wojnarowicz). Die etwa 170 Aktiven der beteiligten Ensembles weckten in der Tat das "wilde Tier" unter punktgenauer Kontrolle ihrer beiden Dirigenten – Weismantel und Pfeiffer teilten sich das Dirigat der Carmina. Dass die ausdrucksstarken Solisten Lukas Schmidt (Tenor) und David Pichlmaier (Bariton) dabei eine brillante Ergänzung zum Chor darstellten, sei aber ebenso erwähnt wie der Umstand, dass das "wilde Tier" durch die Sopranistin Jana Baumeister auch seine samtweichen Kuschelseiten zeigte. Drei großartige Solo-Stimmen!
Standing Ovations und rauschender Applaus
Die Aktiven verstanden es, die Orff’sche Dramaturgie von der beginnenden Anrufung der Schicksalsgöttin "O Fortuna" bis zum hymnenhaften, energetisch hoch aufgeladenen Finale der Akteure umzusetzen. Der Konzertsaal bebte: als Fortuna das Ende markiert, werden wohl im vis-a-vis gelegenen altehrwürdigen Schloss Hallenburg die Ordner in Mareike Wütschers Büro und in der einige hundert Meter entfernten Destillerien die kostbaren Flaschen mit Hochprozentigem gezittert haben – in Orffs Takt, versteht sich. Was dem staunenden Publikum blieb, war ein rauschender Applaus und Standing Ovations.
Dieser Abend dürfte nicht nur quantitativ in die Geschichte der Landesmusikakademie eingegangen sein, die in diesem Jahr selbst als Jubilar unmittelbar vor eigenen Feierlichkeiten anlässlich des 20-jährigen Bestehens steht – am 3.9. beginnend mit einem Erlebnistag. Ein begeistertes Publikum war Zeuge eines grandiosen vorweggenommenen Geburtstagsgeschenkes der Jungen Musik Hessen an die LMAH – oder um es mit Jens Weismantel zu sagen: es war bombastisch! Quod erat demonstrandum…
Kurzentschlossene haben übrigens am Samstag, 26.8. um 19.30 Uhr die Gelegenheit, das gleiche Konzert im HR-Sendesaal in Frankfurt zu erleben. (goa)+++