Mythen, Sagen und Legenden

Es war einmal: Die Sage von der "Weißen Dame" bei Schloss Ludwigseck

Es war einmal: Die Sage von der "Weißen Dame" bei Schloss Ludwigseck
Fotos: Gerhard Manns

06.08.2023 / LUDWIGSAU - Vor langer, langer Zeit soll, so der Sage nach, eine wunderschöne Hofdame in einem Schloss bei Ludwigseck gewohnt haben, die sehr stolz darauf war, kostbaren Schmuck zu besitzen. Die funkelnden Edelsteine waren herrlich anzusehen und blitzten in der Sonne heller als alle anderen. Eines Tages konnte die schöne Hofdame das Geschmeide jedoch nicht mehr auffinden.



Sie suchte sehr lange danach und zeterte sehr laut, doch es nützte nichts: Der Schmuck blieb verschwunden. Sie beschuldigte eine ihrer Zofen, ihn gestohlen zu haben, doch das Mädchen beteuerte immer wieder seine Unschuld, und auch unter Folter war nicht aus ihr herauszubekommen, wo sie ihr vermeintliches Diebesgut versteckt haben könnte.

Nicht die Zofe, sondern Elstern waren die Diebe

Die Zofe wurde in den tiefsten, dunkelsten Kerker geworfen und zum Tode verurteilt, denn die Hofdame nahm ihr den vermeintlichen Diebstahl übel. So sehr das arme Mädchen auch flehte und die Schuld von sich wies, es nützte nichts. Sie wurde zum Henker geführt und hingerichtet. Viele Jahre später entdeckte man ein helles Funkeln in der Krone eines Baumes, in der Nähe des Schlosses. Man ging dem Funkeln auf den Grund und fand, im Nest einer Elster versteckt, den vor langer Zeit verschollenen Schmuck der Hofdame.
Seit jener Zeit, so erzählte man sich, spukte es in der Umgebung des Schlosses Ludwigseck. Die "Weiße Dame", der Geist der unschuldig hingerichteten Zofe, treibt seit her sein Unwesen, und immer, wenn der Nebel die umliegenden Berge bedeckte, zeigte sich die in einem weißen Gewand gehüllte Frau, die den Kopf unter dem Arm trug, am Wegesrand.

Grenzstein entpuppte sich als "Weiße Dame"

In der Nähe von Schloss Ludwigseck steht auch ein hoher Grenzstein am Straßenrand, der meistens grau und trist aussieht, aber hin und wieder weiß gestrichen wird. Vor ewig langer Zeit reiste ein Kaufmann durch dieses Gebiet und passierte dabei den Grenzstein. Als der Kaufmann in dunkler Nacht, nach reichlichem Alkoholgenuss in einem Wirtshaus und leicht torkelnd den Rückweg antrat, hingen dichte Nebelschwaden trüb und schaurig über den Bergen. Auf halbem Wege meinte er, etwas zwischen den weißen Schleiern erkannt zu haben und tatsächlich, der Mann erschrak fürchterlich und war auf einen Schlag vollkommen nüchtern. Er sah die Gestalt einer Frau im weißen Gewand, die vor ihm am Wegesrand stand, mit dem Kopf unter dem Arm. Der Mann machte voller Angst kehrt und rannte kreischend und so schnell ihn seine Beine tragen konnten ins nächste Dorf zum Wirtshaus und berichtete panisch von seiner grauenvollen Begegnung mit der kopflosen "Weißen Dame".

Die Männer hörten ihm zu, tranken sich Mut an und alle riefen, man werde diesem "Weißen Weibsbild" schon Manieren beibringen. Sie suchten nach Fackeln, Mistgabeln und trampelten durch den Nebel. Wieder verschleierten die nassen und blassen Dunstschwaden den Blick. Der ängstliche Dorftrottel streckte bereits zitternd den Zeigefinger in Richtung Wegesrand aus und tatsächlich, die mutigen Geisterjäger standen einer kopflosen Gestalt gegenüber. Die meisten von ihnen flohen vor der schaurigen und Gestalt, doch einige unerschrockene näherten sich ihr. Sie streckten ihre Mistgabeln nach dem Geist aus und schlugen gegen den Grenzstein, der am Tag zuvor geweißelt worden war. Deshalb hatten ihn die total betrunkenen Männer als eine "Weiße Dame" wahrgenommen.

Der Kopf war eine Wassermelone

Als ein Mann danach bei trübem Wetter und in dunkler Nacht, an dem weißen Grenzstein vorbeifuhr, erblickte er im Graben daneben, oh Graus, den "Kopf der Weißen Dame". Am nächsten Morgen passierte er wieder diese Stelle und da erwies sich seine Angst aber als unbegründet, denn bei Licht betrachtet, entpuppte sich das "Schaurige Haupt" als eine Wassermelone! Wegen dieser Sage wird der Grenzstein an der Kreuzung der Landstraßen L3254/L3253, bis heute als die "Weiße Dame" bezeichnet. (Gerhard Manns) +++

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