Sagen, Mythen und Legenden
Das Naturdenkmal Kathuser Seeloch und die drei verschwundenen Jungfrauen
Fotos: O|N-Archiv / Gerhard Manns / Karlheinz Otto
31.07.2023 / BAD HERSFELD -
Der Bad Hersfelder Stadtteil Kathus im Kreis Hersfeld-Rotenburg, liegt am Westrand der vor 250 Millionen Jahren entstandenen Werra-Steinsalz-Lagerstätten in der Kathus-Sorgaer Subrosionssenke (Salzauslaugungssenke), die einen Durchmesser von rund 2,5 Kilometern hat. Am nordöstlichen Rande dieser Senke liegt das flächenhafte Naturdenkmal Kathuser Seeloch, ein etwa kreisrunder Einbruch im Buntsandsteingebirge mit einem Durchmesser von ca. 80 Metern.
Entstehung
Da das Seeloch im Schnittpunkt zweier tektonischer Bruchlinien liegt, kann Wasser von der Erdoberfläche durch das 500 Meter mächtige Deckgebirge (vorwiegend Buntsandstein) bis zum Zechsteinsalz vordringen und das Salz auslaugen, wodurch in der Tiefe Hohlräume entstehen. Bei Erweiterung der Hohlräume bricht das Deckgebirge kaminartig nach, bis an der Erdoberfläche ein trichterförmiger Einbruch, ein sog. Erdfall, sichtbar wird. – Dass die Entwicklung des Seelochs noch nicht abgeschlossen ist, verdeutlicht der erneute Einbruch vom 13./14. Februar 1969: Der Wasserspiegel sank um 4 bis 5 Meter ab, und der Trichter vergrößerte sich so sehr, dass das am Rande des Seelochs stehende Schützenhaus zerstört wurde und teilweise im See verschwand. – Da in den letzten Jahren der Wasserspiegel wieder gestiegen ist, konnten zwei Taucher bis in sechzehn Meter Tiefe vordringen. An den Steilufern kam es erneut zu Nachbrüchen.Vegetation
Die Wasseranalyse ergab erhöhte Natrium- und Chlorwerte, was auf eine teilweise Vermischung mit Salzlösungen in größeren Tiefen schließen lässt. Trotzdem konnten unter den Wasserpflanzen keine Salzpflanzen festgestellt werden. An größeren Wasserpflanzen findet man : Südlicher Wasserschlauch, Schwimmendes Laichkraut und Fieber- oder Bitterklee. Auf einer lang gestreckten schwimmenden Insel, die ihre Lage immer wieder ändert, wachsen u. a. Moorbirken, Ohrweide, Schnabelseggenried, breitblättriger Rohrkolben und schwimmender Fieberkleerasen.Privateigentum
Naturdenkmal
Der Kreisbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege reagierte positiv auf den Leserbrief. Bei einer Besichtigung vor Ort kam man mit dem Magistrat der Stadt Bad Hersfeld, dem Forstamt und dem Besitzer überein, das Kathuser Seeloch als "flächenhaftes Naturdenkmal" auszuweisen. Nach der Beseitigung des Mülls und Bauschutts durch die Stadt und der Errichtung von Bänken durch den Heimat- und Verkehrsverein Kathus wurde eine große Informationstafel aufgestellt. Die Einweihung fand am 29. Juli 1975 in Anwesenheit zahlreicher Behördenvertreter und Einwohner statt. Bürgermeister Werner Hessemer dankte besonders dem Eigentümer Ernst Bauer, weil er seinen Besitz der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt hat.1987 musste die stark verwitterte Informationstafel ersetzt werden. Dank neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse konnte der Autor den alten Text ergänzen. Die neue Tafel wurde am 1. August 1987 durch Bürgermeister Hartmut H. Boehmer eingeweiht. – Das Kathuser Seeloch - einer der wenigen natürlichen Seen in Hessen - ist ein beliebtes Ausflugsziel. Auf der Wiese neben dem Seeloch richtete der Gesangverein Kathus mehrmals sein "Seelochfest" aus. – Im Rahmen der Arbeit der Bürgerinitiative "Rettet den Seulingswald" e. V. fand hier 1989 ein thematischer Gottesdienst mit Pfarrer Christoph Biskamp statt. Und die gute Platzierung von Kathus beim Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" wurde 1976 am Seeloch gebührend gefeiert.
Zwillingsbruder
Der Erdfall "Kathuser Seeloch" hat einen unsichtbaren "Zwillingsbruder": Im Frühjahr 1993 waren beim Bau der MIDAL-Ferngasleitung bei Kathus tiefe Aufschlüsse entstanden, die gute Einblicke in Aufbau und Lagerungsverhältnisse des Untergrunds ermöglichten. Ein bislang unbekannter Erdfall, der mit dem Kathuser Seeloch wohl in unmittelbarer Verbindung stehen dürfte, wurde von der Gasleitungstrasse rund 200 Meter südwestlich vom Seeloch angeschnitten. Sein Durchmesser von 80 Metern ist dem des Seelochs vergleichbar. Der 1993 entdeckte Erdfall deutet sich an der Erdoberfläche aber nur als schwach ausgeprägte Geländedepression an. Es ergaben sich aber keine Hinweise auf jüngere Aktivitäten an dieser Subrosionsform, die infolge weitgehender Materialgleichheit von Füllung und Randgestein bei einer geophysikalischen Vermessung der Gasleitungstrasse offenbar nicht aufgespürt worden war.Sage eins: Wie das Seeloch entstanden ist
Ganz anders als die Wissenschaft beschreibt eine Sage die Entstehung des Kathuser Seelochs: In uralten Zeiten stand hier ein prachtvolles Schloss. Es wurde von bösen und gewalttätigen Riesen bewohnt. Ihre ausgelassenen Feste und Zechgelage währten oft bis zum frühen Morgen. Als wieder einmal eine große Feier war, tat sich nachts plötzlich die Erde auf und verschluckte das Schloss mit seinen reichen Schätzen und lärmenden Gästen. Zugleich öffnete der Himmel seine Schleusen und füllte den Abgrund mit Wasser.Sage zwei: Tiefenmessung
Sage drei: Die drei Jungfrauen
Eine dritte Sage berichtet von den drei schönen, geheimnisvollen Jungfrauen, die sich oft auf der Kathuser Kirmes zeigten, um Mitternacht aber wieder verschwunden waren. Als sie wieder einmal erschienen, beschloss ein Bursche, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Er nahm die Handschuhe der einen Jungfrau an sich. Sie bat ihn mit ängstlicher Stimme, ihr die Handschuhe wieder zu geben. Der Bursche sagte nur: "Vor Eurer Haustür sollt Ihr sie wiederhaben." Auf einmal hörte man das Horn des Nachtwächters, der die zwölfte Stunde blies, und den Schlag der Hersfelder Kirchturmuhr. Da stürzten die drei Jungfrauen aus dem Saal hinaus, der Bursche hinter ihnen her. Er verfolgte sie bis zum Seeloch hinauf. Hier sprangen die Mädchen ins Wasser und ließen drei Blutstropfen zurück. Die Jungfrauen wurden nie wieder gesehen. (Quellen und Autor: Karlheinz Otto: Kathus – 650 Jahre und mehr. Wissenschaftlicher Verlag Trier 2009, 644 Seiten) +++