Schauspieler Phillip Henry Brehl

"Die Menschen sind hungrig auf Theater und Kultur", sagt er im O|N-Gespräch

Phillip Henry Brehl spielt Edmund, den intriganten Sohn des Grafen von Gloucester, in "König Lear" bei den Bad Hersfelder Festspielen 2023.
Fotos: Christopher Göbel

28.07.2023 / BAD HERSFELD - Phillip Henry Brehl scheint in diesem Jahr auf Shakespeare abonniert zu sein. Zwischen der Titelrolle in "Hamlet" am Tiroler Landestheater in Innsbruck zu Jahresbeginn und Demetrius in "Ein Sommernachtstraum" am Pfalztheater Kaiserslautern im Herbst steht er als Edmund in "König Lear" auf der Bad Hersfelder Festspielbühne. O|N traf den 33-jährigen Schauspieler zum Gespräch.



"Das Böse hat einen besonderen Reiz", sagt Brehl. Edmund, einer der Söhne von Graf Gloucester in "König Lear", ist das personifizierte Böse, der Ober-Intrigant. "Es ist eine tragende Rolle und bringt den entscheidenden Wendepunkt", sagt der sympathische Schauspieler. Wer das Stück in der Bad Hersfelder Stiftsruine gesehen hat, weiß, dass Philipp Henry Brehl fast ununterbrochen auf der Bühne ist - sitzend, laufend, liegend - und am Ende sterbend.

Der 33-Jährige ist zum ersten Mal bei den Bad Hersfelder Festspielen. "Ich habe in der Regie von Max Simonischek gespielt, dem Sohn von Charlotte Schwab", erzählt er. Er habe die Schauspielerin des "König Lear" damals zwar nicht persönlich kennengelernt, aber "die Theaterwelt ist klein", sagt er. Von den Schauspielkolleginnen und -kollegen in der Festspielstadt kannte er zuvor niemanden: "Es ist ein großartiges Team", sagt er aber. "Nach den Aufführungen setzen wir uns oft noch zusammen, um runterzukommen", so der Schauspieler. Auch sonst treffe man sich zum Kaffeetrinken, Grillen oder Schwimmen, wenn keine Proben oder Aufführungen auf dem Programm stehen. "So sind enge Freundschaften entstanden", freut sich der 33-Jährige.

Aufbauend auf ein Regie-Grundgerüst

Gemeinsam mit Regisseurin Tina Lanik hat das Ensemble die Inszenierung erarbeitet. "Sie gibt das Grundgerüst vor und lässt uns dann sehr frei unsere Rollen gestalten", erzählt Brehl. Es sei eine "große Freude, mit einem Team von Profis zu spielen". Zur Vorbereitung auf die eigene Rolle hat sich der Schauspieler auch mit dem englischen Shakespeare-Text auseinandergesetzt. "Manchmal ist es im Original besser zu verstehen, was gemeint ist", sagt Brehl, der neben seiner Bühnenarbeit Kulturwissenschaft und Literatur studierte. 

"Jeder hat eine dunkle Seite und irgendwie Freude an der Zerstörung", so Brehl über seine Rolle. Edmund sei eine etwas außenstehende Figur, die aber alle Fäden in der Hand halte. "Edmund ist wie eine dunkle Instanz, die das Schauspiel auf charmante Art entblättert." Das gebe ihm eine große Freiheit, seine Rolle zu interpretieren. Beim Theaterspielen stelle sich nie eine Routine ein. "Jede Vorstellung ist anders", sagt Brehl. Seien es Vögel, Fledermäuse oder Enten, die in der Stiftsruine als unfreiwillige "Statisten" auftauchen, oder auch die Reaktionen des Publikums. "Dennoch hat jeder Abend eine Stringenz und alle sind sehr konzentriert bei der Sache", sagt der Schauspieler. 

Während seiner Zeit auf der Festspielbühne pendelt Phillip Henry Brehl zwischen Bad Hersfeld, Proben in Kaiserslautern, Besuchen bei seiner Partnerin, die bei den Festspielen in Bad Vilbel als Eliza Doolittle in "My fair Lady" auf der Bühne steht, und der gemeinsamen Wohnung in Innsbruck hin und her. "Unsere Wohnung ist unser Rückzugsort, den wir bei unseren Berufen brauchen", so Brehl. Auch seine Familie geben ihm Rückhalt. Dadurch habe er bisher nicht viel Zeit gehabt, die Stadt Bad Hersfeld näher kennenzulernen. Da er aber vier Jahre im thüringischen Meiningen gelebt hat, "kenne ich das Kleinstadt-Feeling", sagt er schmunzelnd. Es freue ihn, dass die Bad Hersfelder "hungrig auf Theater und Kultur" seien. "Was wir machen, scheint die Leute zu bewegen."

Nach einer Lieblingsrolle gefragt, antwortet der 33-Jährige zunächst ausweichend: "Es muss einfach passen." Dann aber kommt ein Nachsatz: "Richard III möchte ich unbedingt einmal spielen." Wieder ein Bühnen-Bösewicht. Aber auch eine "gelungene Komödie" kann Brehl sich vorstellen, "mit gutem, intelligenten Humor". Und er hat weitere Pläne: "Derzeit arbeite ich daran, auch für das Fernsehen zu drehen", erzählt er.

Theaterfan seit seiner Kindheit

Das Theater kennt Phillip Henry Brehl bereits seit seiner Kindheit. Die Mutter, Kulturkritikerin, nahm ihn jeden Sonntag mit ins Theater. "Ich habe Freude daran, in andere Charaktere zu schlüpfen." Bereits in der Schule habe er Hauptrollen in Theaterstücken übernommen. "Danach kam bei mir der Wunsch auf, das professionell zu lernen". Das tat der gebürtige Neusser an der "Folkwang Universität der Künste" in Essen.

Wenn der Schauspieler Freizeit hat, dann liebt er Klettern, Wandern und Skilaufen. In Innsbruck gibt es dafür mit den Alpen beste Voraussetzungen, "aber ich war auch schon in der Rhön unterwegs", so Brehl. Außerdem liest er gerne und beschäftigt sich abends mit Theatertheorie, während er tagsüber praktisch auf den Bühnen unterwegs ist.

"Die Bad Hersfelder Festspiele, die Atmosphäre hier und auch das Ensemble haben einen großen Reiz", sagt Brehl, der sich vorstellen könnte, wieder zum Sommertheater in die Festspielstadt zurückzukehren. Bis zum 26. August ist er noch auf der Bühne in der Stiftsruine zu erleben. Dann fällt der letzte Vorhang für den von Publikum und Kritik sehr gut aufgenommen "König Lear". (Christopher Göbel) +++

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