Persönliche Gedanken zur "Profanisierung"
Was wird aus "St. Ulrich" - eine Kirche, die mir von klein auf vertraut ist?
Foto: Lenz
29.07.2023 / HÜNFELD -
Ein Text aus eigener Betroffenheit heraus - anders lässt sich für mich ein Artikel über die "St. Ulrich"-Kirche im Hünfelder Nordend wahrscheinlich gar nicht schreiben. Das Gebäude, dessen Anblick mir von frühester Kindheit an vertraut ist, soll verkauft werden. Bei Gotteshäusern nennt sich solch ein Vorgang "Profanisierung", also "Entweihung". Zusammenkünfte der - zugegeben - immer kleiner werdenden Schar derer, die sich zur Heiligen Messe treffen, sollen künftig nur noch in der überschaubaren Krypta stattfinden.
Als die Kirche einst proppevoll war
Es mag sich romantisch-verklärt anhören, aber der Blick von meinem Elternhaus hin zu "St. Ulrich" und seinem markanten Glockenturm haben meine Kindheit und Jugend geprägt. Zumal meine Oma und meine Mutter gemeinsam mit anderen Frauen jeden Samstag die Kirche putzten. Zum Lohn gab's vom Pfarrer zu Ostern und Weihnachten eine Schachtel Pralinen.
Die Krypta von "St. Ulrich" soll in ihrer Funktion als Gebetsraum erhalten bleiben. "Kirchliches Leben kann hier weiterhin stattfinden. Die Kirchengemeinde bleibt präsent. Nur eben auf eine andere Weise", hatte der Hünfelder Stadtpfarrer Dr. Michael Müller gegenüber der Presse betont. Voraussetzung für all das ist freilich, dass ein Investor gefunden und man mit dem Denkmalschutz einig wird.
Das sagt das Bistum Fulda
"Die Aufgabe von Kirchen wird von den Gremien der Pfarrei und des Bistums beraten und entschieden. Hier erfolgt im Vorfeld ein intensiver Austausch, da es eine weitreichende Entscheidung ist, die auch mit vielen Emotionen verbunden ist. Eine Kirche stellt immer ein Zeichen für die Gegenwart Gottes in unserer Welt dar und hat damit einen hohen kulturellen Wert. Nicht zuletzt sind Kirchen oft Baudenkmäler. Dabei handelt es sich in der Regel um Kirchbauten, die in katholischen Diasporagebieten von Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurden". Betont Bistumssprecher Matthias Reger auf O|N-Nachfrage."Nach einer Profanierung darf das Kirchengebäude keinem unwürdigen Gebrauch zugeführt werden, dies wird entsprechend vertraglich gesichert. Sollte es zu einem Abriss kommen, soll an dem Ort eine Gedenktafel an das Kirchengebäude erinnern. Auch für die Kirche St. Ulrich in Hünfeld gilt, dass ihre künftige Nutzung dem Kirchencharakter folgt und ihm nicht widerspricht".
Das sagt die Stadt Hünfeld
Das Hünfelder Ost- und Nordend sei - wie erwähnt - in die Förderkulisse des Stadtumbauprogramms "Sozialer Zusammenhalt" aufgenommen worden. Deshalb bestand die Chance, für eine künftige Nutzung der "St. Ulrich"-Kirche eine Projektstudie zu finanzieren, um Möglichkeiten aufzuzeigen, wie das Gotteshaus in verträglicher und angemessener Form in der Zukunft genutzt werden könnte. "Die Ergebnisse dieser Studie liegen jetzt vor und wurden der Öffentlichkeit vorgestellt. Die weiteren Entscheidungen liegen nun in den Händen des Bistums und der kirchlichen Gremien. Die städtischen Beschlusskörperschaften werden erst dann wieder gefordert sein, wenn es gilt, die Absichten der Kirche und möglicher Investoren planungsrechtlich zu begleiten. Dazu werden wir mit der Kirche im Gespräch bleiben".
Kein Glockengeläut mehr?!
Fazit: Ich gestehe zu, dass ich mich dem Thema mit einem gehörigen Stück Sentimentalität angenähert habe. Und auch wenn ich die Argumente sachlich nachvollziehen kann - so richtig vermag ich mir eine "Profanisierung" der "St. Ulrich"-Kirche ebenso wenig vorzustellen wie ein Umbau/Umnutzung als Azubiwohnheim. Selbst die Glocken, die morgens um 7 und abends um 19 Uhr läuten (und bisweilen auch um 12 Uhr Mittags), werde ich vermissen. Aber nur ein bisschen ... (Bertram Lenz) +++