Wenige Ärzte für Millionen Patienten

Effizienter OP-Einsatz in Ghana statt Urlaub: Urologe Prof. Tilman Kälble

Prof. Tilman Kälble mit einem sichtlich dankbaren Patienten in Ghana
Fotos: privat

31.07.2023 / FULDA - Mediziner haben definitiv einen anstrengenden Beruf, das wird niemand bestreiten. Und jeder würde einem seit Jahrzehnten beruflich hoch engagierten Chefarzt seinen langen Erholungsurlaub von Herzen gönnen. Doch Prof. Dr. med. Tilman Kälble, Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Klinikum Fulda, hat anders entschieden: statt ein paar Wochen richtig auszuspannen, hat er einen Teil seiner Ferien an einem OP-Tisch in West-Afrika verbracht und zusammen mit einem Kollegen mehr als 60 Patienten operiert.


Wir treffen Prof. Kälble an seinem Schreibtisch im Klinikum - sein gewohnter Alltag hat ihn wieder. Doch als er uns die Bilder seines Einsatzes am kleinen katholischen Krankenhaus in Battor in Ghana zeigt, strahlt er. Natürlich sei das kein Urlaub gewesen, sondern im Gegenteil sehr anstrengend. Aber die Erfahrung, den Patienten effektiv helfen zu können und ihnen mit seinem Können wieder zu einem schmerz- und beschwerdefreien Leben verholfen zu haben, sei unglaublich bereichernd gewesen. In Ghana gebe es gerade mal zwei Handvoll Urologen für insgesamt 28 Millionen Einwohner und Menschen müssten an kleinen urologischen Problemen sterben oder litten ein Leben lang Schmerzen, weil sie keine medizinische Hilfe bekommen oder sich diese nicht leisten könnten. "Für mich als Urologe ist es erschütternd zu sehen, an was für banalen urologischen Erkrankungen an der Blase oder Prostata viele dort zugrunde gehen", sagt der 64-Jährige.

Kälbles selbstloser Einsatz in Battor kam durch seinen engen Kontakt zur Hilfsorganisation 'Ärzte für Afrika' zustande, die dort seit Jahren freiwillige Einsätze deutscher Urologen organisiert. In Ghana ist der Verein in sechs Krankenhäusern tätig. Das Krankenhaus, in dem Prof. Kälble tätig war, wurde von Dominikanerinnen aus Speyer gegründet. Mit seinem Kollegen, dem ehemaligen Chefarzt der Bad Sodener Main-Taunus-Klinik Dr. Wolfgang Kramer, und einer Fachärztin aus Nürnberg waren sie mitsamt OP-Equipment angereist und standen täglich von acht Uhr morgens am Operationstisch. Ihm sei dabei vor allem seine langjährige Praxis und Erfahrung zugutegekommen, berichtet Kälble.

Blasenstein - groß wie eine Orange

"Eine Patientin hatte zum Beispiel einen steinharten Bauch, vermeintlich ein inoperabler Tumor. Der stellte sich dann zum Glück aber als Blasenstein, groß wie eine Orange heraus, den wir restlos entfernen konnten." Wie unglaublich dankbar sich die erfolgreich behandelten Patienten gezeigt hätten, hat den Fuldaer Mediziner nachhaltig beeindruckt. "Hier bei uns ist den meisten Menschen gar nicht mehr bewusst, welch privilegierte medizinische Versorgung ihnen hier tagtäglich und rund um die Uhr zur Verfügung steht. Stattdessen wird manchmal das Essen im Krankenhaus bemängelt", konstatiert er. "Die Patienten, die in Battor im Freiluft-Wartezimmer geduldig ausharrten, würden darüber nur den Kopf schütteln."

Er sei nach seiner Rückkehr aus Ghana auch gefragt worden, ob sein Einsatz nicht 'einem Tropfen auf dem heißen Stein' gleiche. Prof. Kälble sieht das nicht so. "Im Gegenteil - ich werbe allseits dafür, dass es noch mehr an solchem Engagement gibt." Und seine Berichte hätten immerhin schon bewirkt, dass der Verein vermehrt Spenden für medizinische Geräte generiert habe. Er hat seinen nächsten Einsatz am OP-Tisch in Ghana jedenfalls schon für das kommende Frühjahr fest eingeplant. (ci)+++

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