Der Stadtpfarrer bei O|N

Impulse von Stefan Buß: Die Fankurve

Der Stadtpfarrer bei O|N.
Archivfoto: O|N/Hendrik Urbin

26.07.2023 / FULDA - "Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda!" Wer so ein richtiger Fußballfan ist und dessen Herz ganz für seinen Verein schlägt, der lässt es sich nicht nehmen immer wieder auch das Stadion zu besuchen und vor allem in der Fankurve des eigenen Vereins das Spiel zu erleben. Hier brodelt das Fußballleben. Hier sind die Fans Phase für Phase des Spiels mit Leib und Seele dabei. Mit all den Emotionen, den Hochgefühlen, den Torerlebnissen, aber auch den Enttäuschungen und Niederlagen.



Das Fußballstadion ist für viele auch der Ort, an denen sie ohne die üblichen gesellschaftlichen Vorbehalte Gefühle gemeinsam zum Ausdruck bringen. Da ist es egal, wer du bist und was du hast. Du bist Fan des gleichen Vereins. Hier herrscht eine Solidarität, die sich ansonsten in der Welt kaum wiederfindet. Im Evangelium heißt es einmal an einer Stelle: "Da wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz" (Lk. 12,34). Ich denke, das trifft für die echten Fußballfans allemal zu. Fußball hat auch mit Religion vieles gemeinsam.

Der Fußballfan pflegt seine Rituale. Er feiert den Sieg, er hebt den Pokal empor. Er jubelt mit seinem Fansschal. Manchmal frage ich mich, wenn wir uns in den Stadien Gottes umschauen, in unseren Kirchen, wie ist es da eigentlich um diese Begeisterung der Fans bestellt. Kommt die Stimmung nur noch bei großen Eventgottesdiensten auf dem Domplatz oder gar auf dem Weltjugendtag zum Vorschein. In so manchem Sonntagsgottesdienst sind Freudengesänge, selbst in den Fankurven, manchmal recht dünn. Da steckt nichts an, da reißt nichts mit. Ein Gemeinschaftsgefühl, das zusammenschweißt und trägt, kommt nicht immer auf. Der Satz des Evangeliums "denn euer Schatz ist da, ist auch euer Herz", ist zu einer Anfrage geworden. Ist das Herz der Gläubigen, die sich zum Gottesdienst versammeln, wirklich auch Ausdruck und Feier, dass Schatzes, den sie in sich tragen? Dieses Vertrauen auf Gott? Wir sind auch manchmal in der Gefahr, so in das übliche Lamento unserer Zeit einzustimmen. "Ja, früher war alles anders, da war ja auch alles besser. Da waren die Kirchen doch voller und der Glaube lebendiger." Doch die Wirklichkeit unsere Tage gab es auch schon zu anderen Zeiten. Menschen, die sich anfänglich für die Sache Jesu und Reich Gottes begeisterten, beginnen zu zweifeln. Da werden die besonderen Trostworte Jesu auch zu einer neuen Wirklichkeit: "Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben" (Lk. 12, 32), wie es im Evangelium heißt. Das spricht Jesus den Christen auch heute zu und ermutigt dadurch positiv in die Zukunft zu sehen.

Es geht also nicht darum, zu jammern über das, was nicht mehr so ist wie früher, sondern aus der Zusage Gottes auch heute zu leben und den Alltag und das Glaubensleben zu gestalten. Das Reich Gottes ist immer noch im Werden, auch heute noch. Und das eröffnet eine neue Perspektive. Christ sein heißt, offen sein für das, was noch von Gott herkommen wird. Wenn Fußballfans ins Stadion gehen, dann tun sie das nicht in der Erwartung, dass ihr Verein verliert. Sie hoffen immer auf den Sieg, selbst wenn die Chancen noch so schlecht stehen. Und diese Hoffnung geben Sie nicht auf, auch wenn der Verein einmal aus der Liga absteigt. Selbst dann bleibt die Hoffnung, dass ein Aufstieg irgendwann wieder gelingen mag. Wenn Kirche, Gemeinschaft der Christen, sich versammelt, dürfen sie auch aus diesem Geist heraus leben und handeln, dass Gott durch Jesus sein Reich und damit auch die Kirche heute zur Vollendung führt. Im Jahr 2013 wurde in Fulda das Musical Adolph Kolping gespielt. Es schließt mit dem Schlusschor: "Setzt dich ein, damit unsere Welt menschlicher werden!" Das soll auch Motivation heute sein. "Gibt der Welt ein menschliches Gesicht, damit es hier und heute durch dich und mich menschlicher wird!" (Stefan Buß) +++

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