Alex Traber von den Fulda Saints

American Football: "Das ist so, als wäre man vor einen Lkw gelaufen"

Alex Traber
Fotos: privat

21.07.2023 / HOFBIEBER - In Mahlerts ist die Welt noch in Ordnung. Hier wohnt die Familie Traber. Das sind: Katharina (3), Amelie (7), Alex und Manuela. Nichts, aber auch gar nichts stört sie in ihrer Idylle. Mit einer gehörigen Portion Stolz blicken sie auf ihr mit viel Eigenleistung erweitertes Wohnhaus. Schmuck liegt die Anlage da, die Wohlfühl-Charakter vermittelt. Auch OSTHESSEN|NEWS ist angetan. Mittendrin: Alex Traber. Er ist American-Football-Spieler der Fulda Saints, die am Samstag im Heimspiel gegen die Wetzlarer Wölfe die Chance haben, die Teilnahme an den Play Offs um den Aufstieg in die Regionalliga (15 Uhr, Agricolastraße Johannesberg) zu sichern. 



Wo Alex Traber draufsteht, ist auch Alex Traber drin. Bodenständig, ehrlich, unverfälscht, geradeaus, verlässlich, ein Familienmensch. Ein Typ, bei dem man weiß, woran man ist. Alex sagt seine Meinung. Jedem, der es wissen will. Ein Kämpfer-Typ, der weiß, woher er kommt. Einer, der das Verhältnis von Geben und Nehmen ganz gut beherrscht. Und beherzigt. Ein Arbeiter, dem nie irgendetwas in den Schoß gefallen ist. Der, wenn es denn sein müsste, auch ein Scheunentor durchbrechen würde. Deshalb passt seine Stellenbeschreibung im Team der Saints ganz gut: Runningback.

Zwei Typen des Runningbacks gibt es im American Football, in erster Linie bezeichnet die Position den für das Laufspiel verantwortlichen Spieler. Alex Traber erklärt es so: "Beim Pass bin ich der entscheidende Faktor. Wenn einer durchkommt, muss ich den wegnehmen. Ich bin der absolute Nothaken. Oder Notanker." Seine Sprache ist bildhaft, Vergleiche sind nicht selten. Dadurch bringt er Dinge oft auf den Punkt - ohne in irgendeiner Weise zu verletzen. Traber fühlt sich wohl. In seinem Zuhause - und natürlich im American Football. "Dort kann sich keiner verstecken", bemerkt er. Als wäre diese Aussage ein Symbolbild für seine Person. Er könne viel einstecken, aber natürlich auch viel austeilen.

Sich heraus- und nach oben zu kämpfen, das ist Alex Traber

Er zückt sein Handy und zeigt ein Foto, das voll zutrifft auf ihn und in sein Herz dringt. Es zeigt ihn im Gewühl. Im Getümmel. Mittendrin in einer der vielen Kampfszenen dieser Sportart. "Wenn ich da so drin liege und drin hänge, ist es für mich eine gewisse Stärke." Heißt: Es ist eine Aussage, die seine Auffassung, sein Tun und Handeln nicht besser beschreiben könnte. "Ich muss arbeiten. Mich durchkämpfen", lautet einer seiner Leitsätze. Auch oder gerade wenn man zunächst einen Niederschlag oder am Boden liegt, bevor es weitergeht. Wie im Sport, so im Leben. Beim Aus- und Anbau seines Wohnhauses war das nicht anders. "Ich habe halt die Meter und das Grobe gemacht. Mein Schwiegervater Berthold das Feine."

Wie er zum American Football kam, ist schnell erzählt. "Ich war zunächst der leidenschaftliche Fußballer", erinnert er sich, "aber nicht so der Techniker. Ich hab' immer einem auf dem Fuß gestanden. Und der hat dann kein Tor geschossen". Traber kickte bei Frischauf. Doch plötzlich wollte er nicht mehr. "Wenn einer ein paar Euro gekriegt hat und der dann gespielt hat, das war nichts mehr für mich." Er machte mal ein dreiviertel Jahr nichts. Bis ihn ein Kumpel mit zum American Football nahm. Ins Schwimmbad. "Das wäre auch was für mich", spürte er. Binnen vier Wochen hatte er sich eine Ausrüstung zugelegt. "Da war ich 20. Und seitdem bin ich dabei."

Traber ist 48 - und spielt seine 28. Saison. "Respekt für die Power"

1995 begann alles für ihn. Man muss wissen: Fulda besitzt ein stattliches Stück Football-Kultur - an die Fulda Falcons, ein High-School-Team aus der Kaserne, erinnern sich heute nur noch wenige. Die Fulda Bulls waren Trabers erste Station. "Wir hatten Schwierigkeiten mit der Namensfindung. Eigentlich wollten wir Black Devils heißen", blickt er zurück. Die Bulls bestanden fünf Jahre - ehe sie sich in Fulda Iron Horse umbenennen mussten. Auch da hielt es Traber fünf Jahre lang aus. Bis die Fulda Saints ins Spiel kamen - 2007 war das. Auch ein einjähriges Gastspiel bei den Frankfurt Universe steht in seiner Vita. Einst spielten die in der Kreisliga, sind aber bis in die 1. Bundesliga durchmarschiert.

Heute ist Traber 48 - und in seiner sage und schreibe 28. Saison in diesem Sport. Selbstbewusstsein und Realität stehen dicht beieinander, wenn er sagt: "Da gibt's keinen mehr, der das spielt auf dieser Position." Jüngere Kollegen hätten bemerkt, "Respekt für die Power, die du da an den Tag legst." Solange zu spielen, dazu auf diesem Niveau - wie geht das? "Ich weiß es selbst nicht. Ich mag es halt, mich behaupten zu können." Vor fünf Jahren wollte er schon mal aufhören - "doch seit drei Jahren habe ich wieder richtig Bock. Was wir wichtig ist: das Team. Wir haben im Moment einen richtig guten Teamgeist."

Viele und komplexe Episoden. Sie könnten ein Buch füllen

Traber trägt die Nummer 22. Warum? "Mein großes Idol war damals Emile Smith. Auch dem klebte die Zahl an. Smith galt in der 1990er-Jahren als toller Runningback der Dallas Cowboys - und als Inbegriff für die Läufe, die diese Position begleiten. Ob Alter, Durchhaltevermögen und Zähigkeit, Position oder einfach nur Mensch - Traber bietet viele und komplexe Episoden an. Sie hätten das Zeug dazu, ein Buch zu füllen. 

Kein Wunder, dass er großen Wert auf die Fitness legt. Traber vermittelt das Gefühl und hat das Bewusstsein, dass er das braucht. Nebenbei geht er ins Studio High Five in Fulda, zu Hause helfen ihm Hantelbank mit Freihanteln und Gewichten. Abgesehen davon, dass ihm die in seinem Sport gut zu Gesicht steht, sagt er: "Für mich ist das wie ein Runterkommen. Ein Ausgleich." 

Ein Glaubensbekenntnis: Im American Football zählen keine blauen Flecken

Nahtlos fast gibt er noch etwas preis. Es basiert auf Erlebtem - klingt aber wie ein Glaubensbekenntnis. "Ich geb' im Sport immer 100 Prozent." Das überrascht nicht bei seiner Persönlichkeit. Traber präzisiert: "American Football ist kein Sport, den man halbherzig macht. Es ist kein Sport für nebenher." Dann holt er aus. Und wieder sitzt ein Sprachbild. "Das ist so, als wäre man vor einen LKW gelaufen. Das muss man mögen. Bei uns zählen keine blauen Flecken." Wo Alex Traber draufsteht, ist Alex Traber drin. Hier ist die Welt noch in Ordnung. In Mahlerts sowieso. (wk) 


Im zweiten Teil der Geschichte am Samstag lesen Sie, welche Anziehungskraft American Football ausübt, seine Wahrnehmung in Osthessen ist - und Sie erfahren Neues über den Menschen Alex Traber +++

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