Schloss Fasanerie wird "Haus des Vergnügens"

Neue Freuden bei Sonderausstellung "Lustschloss Fasanerie"

Sonderausstellung "Lustschloss Fasanerie"
Fotos: Carina Jirsch

24.06.2023 / EICHENZELL - Auch wenn manch einer beim ersten Hören auf den Gedanken kommt: "Der Titel hat eigentlich gar nichts Anstößiges", erklärt Museumsdirektor und Kurator Dr. Markus Miller bei der Vorstellung der neuen Sonderausstellung "Lustschloss Fasanerie – Baukunst und Leben in der Sommerresidenz" in Hessens schönstem Barockschloss. Liebe, Leidenschaft und Intimität werden nicht zu sehen sein - Lust macht sie dennoch, die Schau, die die Besucher nun bis einschließlich 15. Oktober 2023 erkunden können.



Grund dafür ist unter anderem eine ganz besondere Neuerung: Erstmals ist nicht nur das ehemalige Badehaus mit Exponaten bestückt worden und lädt zum Staunen ein, sondern auch Bereiche des Hauptbaus selbst, die bisher für Museumsgäste verschlossen waren, werden in den kommenden Wochen erstmals für diese zugänglich sein. Von der Porzellansammlung aus erreichen sie über einen unscheinbaren Treppenaufgang einen der Orte, an dem zu Zeiten von Fürstbischöfen und Kurfürsten das Leben der einfachen Angestellten stattgefunden hat. Abseits von repräsentativen Sälen und prunkvollen Gemächern lebten dort Dienstboten, Garderobenjungfern und Zofen.

Im zweiten Geschoss, ganz versteckt vom Rest des Museums, zeigt die Ausstellung ihre Schlafgemächer, bestückt mit Originalmobiliar, alltäglichem Gebrauchsporzellan der Schlossbewohner oder Kuriositäten wie einer mobilen Damentoilette, die man auf den ersten Blick nicht unbedingt als solche erkennt.

Der Rote Saal im Wandel der Zeiten

Ebenfalls zugänglich ist der "Rote Saal", in dem Besucher wieder mehr vom gewohnt fürstlichen Fasanerie-Flair erleben. Der Raum wurde für die Ausstellung umgestaltet und zeigt zum einen, weshalb er seinen Namen trägt, zum anderen präsentiert er sich als herrschaftliches Zimmer im Wandel der Zeiten. Freigelegte Tapeten – teils bis zu vier Schichten übereinander – zeigen, wie sich die Gestaltung von fürstbischöflicher bis zu kurfürstlicher Zeit veränderte. Möbel der unterschiedlichen Phasen geben weiteren Aufschluss darüber, wie es dort jeweils ausgesehen haben muss.

Badehaus zeigt Schloss als "Maison de Plaisir"

Vor allem im Badehaus wird aber deutlich, warum Schloss Fasanerie einst, wie so viele Residenzen um das 18. Jahrhundert, die Bezeichnung "Lustschloss" trug: Gemeint ist damit eine "Maison de Plaisir", zu Deutsch "Haus der Freude" und damit ein Ort, an dem unter anderem Fürsten ihre Freizeit verbrachten. Abseits vom großen Hofzeremoniell wurde hier gejagt, gespielt und sich vergnügt. So kommt es auch, dass Schloss Fasanerie und vergleichbare Bauten natürlich mit großem Ehrgeiz von ihren Bauherren und späteren Bewohnern gestaltet und umgestaltet wurden. Wie das geschah, zeigen in den Ausstellungsräumen im Badehaus zahlreiche Zeichnungen und Entwürfe, Pläne und Ansichten des Barockschlosses im Wandel der Zeiten.

Dabei gibt es zwei Schwerpunkte der Ausstellung: die bischöfliche Zeit, als das Schloss ursprünglich als "Adolphshof", ein bescheidenes Landschloss, entstand und unter Fürstbischof Amand von Buseck und Hofbaumeister Andreas Gallasini zur repräsentativen Residenz ausgebaut wurde. Skizzen, die der Fürstbischof persönlich einst für seinen Architekten anfertigte, werden den Besuchern in der Ausstellung gezeigt. Außerdem die kurfürstliche Zeit als zweiter Schwerpunkt, als spätere Hausherren wie Wilhelm II. die Gestaltung des Schlosses sowie des Parks den jeweiligen Moden ihrer Zeit anpassen lassen. 

Schlosskirche, Spiegelkabinett und Gemäldesammlung

Besucher entdecken in diesem Rahmen die Geschichte und einzelne Elemente der ehemaligen Schlosskapelle. Anhand von Exponaten aus dem eigenen sowie Leihgaben aus Fremdbeständen wird die frühere Schlosskirche, die es heute nicht mehr gibt, vorgestellt. Einblicke in die Gemäldeausstattung von Schloss Fasanerie zeigen die Kunstvorlieben der Besitzer. Neben dem französischen Königspaar sind auf den Arbeiten im Auftrag von Amand von Buseck und Co. auch detailreiche Jagdszenen oder Teile des prächtigen Spiegelkabinetts zu sehen. Auffällig hierbei: vor allem die offensichtliche Leidenschaft für Arbeiten nach dem Vorbild niederländischer Maler. Die Gemälde, überwiegend Depotstücke, die selbst Fasanerie-Liebhaber bisher noch nicht live gesehen haben dürften, wurden allesamt für die Ausstellung restauriert und herausgeputzt.

"Wir wollten zeigen, was es alles in Schloss Fasanerie gegeben hat", erklärt Museumsdirektor Dr. Markus Miller die Intention der Ausstellung. Daher erfahren Interessierte nicht nur mehr über den erwarteten Prunk, sondern auch über das frühere "Gasthaus zum Hessischen Löwen", das sich bis 1971 auf dem Gelände befand und danach als Wohnhaus genutzt wurde, lernen, warum das Dach des Schlosses bis heute goldene Ananas zieren und wie diese trotz Wind und Wetters ihr bemerkenswertes Aussehen behalten und wandeln auf den Spuren der Oranier während ihrer vierjährigen Zeit im Schloss. 

Am Freitag wurde die Ausstellung zunächst im feierlichen Rahmen mit einem Empfang des Hausherren Landgraf Donatus von Hessen eröffnet. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Floria Landgräfin von Hessen, Rainer Prinz von Hessen und Museumsdirektor Dr. Markus Miller begrüßte er rund 130 Gäste. Für alle anderen Besucher ist sie ab 24. Juni 2023 bis einschließlich 15. Oktober 2023 täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 7,50 Euro bzw. 6,50 (ermäßigt)/ 4,50 Euro (Schüler). Die Ausstellung ist barrierefrei zugänglich. (Sabrina Ilona Teufel-Hesse) +++

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