Osthessens größte Sporttalente

Triathletin Antonia Seemann: Mit Münster auf dem Weg in die Bundesliga

Jung, ambitioniert und mit Münster auf dem Sprung in die Bundesliga: Tri-Force-Athletin Antonia Seemann
Fotos: Carina Jirsch

21.06.2023 / FULDA - Sie kennen Antonia Seemann noch nicht? Dann wird es höchste Zeit. Die 19-Jährige gilt als die vielversprechendste junge Triathletin Osthessens. Sie ist als erfolgreiche Leichtathletin des TV Flieden bekannt, geht aber auch seit zwei Jahren für Tri-Force Fulda an den Start. Auch dort heimste sie einige Spitzenplatzierungen ein - kein Wunder, dass der ehrgeizigen jungen Athletin die Welt hierzulande zu klein wurde. Parallel ist Antonia im Teamwettbewerb für den Regionalligisten Münster im Einsatz. OSTHESSEN|NEWS hat sich mit ihr beim Training in der Johannisau getroffen. 

Sie ist erst neunzehn, doch die Erfolge der jungen Athletin sprechen für sich. 2020 erst tauchte Antonia Seemann in den Triathlon ein. Schnell gelang ihr der Sprung in den Landeskader. Seitdem gehörte sie immer zu den Top2 der hessischen Triathlon-Liga - auch in der Regionalliga, in der sie jetzt für Münster an den Start geht, ist sie ganz vorn in den Top5 dabei in der Spitze.

Der Reiz des Triathlons ist für Antonia Seemann unbestritten. "Dass es nicht nur eine Sportart gibt", sagt sie ohne Umschweife, "nicht nur drei. Eigentlich sind es vier". Vier? Sie meint das Verhalten und den Umgang in den Wechselzonen. "Das muss man schon üben. Sonst nehmen einem die Konkurrenten eine Minute ab". Und das müsse ja nicht sein. Lasse man sich auf Triathlon ein, "dann macht man jeden Tag etwas anderes. Man macht Wechsel- oder Koppeltraining." Unter Letzterem versteht man, dass man zwei Sportarten direkt hintereinander trainiert. Extrem vielseitig halt.

Wechsel nach Münster ist nachvollziehbar

So richtig sei sie erst im vergangenen Jahr eingestiegen. "Im vorletzten habe ich eher reingeschnuppert. Dann bin ich in den Kader aufgestiegen, bin für Tri-Force in der Hessenliga gestartet und habe DTU-Cups bestritten auf nationaler Ebene." DTU ist die Deutsche Triathlon-Union. Und seit diesem Jahr geht sie für den VfL Münster in der Regionalliga ins Rennen. Dort befinde sie sich schon in anderer Umgebung, in der dritthöchsten Liga in der Mannschaftswertung. "Ich bin auf keinen Fall unzufrieden in Fulda. Aber Fulda hat halt nur eine Hessenliga-Mannschaft."

Vom Leistungsniveau her habe das nicht so gepasst. Am Ende des letzten Liga-Wettkampfs der vergangenen Saison habe sie "fast eine Minute Abstand" auf die Zweite gehabt. Sie meint Vorsprung. Natürlich möchte sich die junge Athletin verbessern. "Ich hatte schon vorher Bezug zum Verein in Münster und kannte den Trainer Andreas Kropp. Das Team ist Erster der Damen-Regionalliga, und das Ziel ist es, in die Zweite Bundesliga aufzusteigen." Im vergangenen Jahr war Antonia in den Osterferien mit im Trainingslager auf Mallorca. 

In ihrer stärksten Disziplin Laufen stehen oft Intervalle auf dem Programm

Die 19-Jährige bestreitet ein straffes Trainingspensum. An jedem Tag trainiert sie, pro Woche gibt es gerade mal einen Ruhetag. Jener, an dem sich OSTHESSEN|NEWS mit ihr trifft, verläuft etwas ruhiger. Aus ihrem Wohnort Rommerz kommt sie mit dem Rad rüber, etwa eine halbe Stunde fährt sie. "Laufen" steht an in der Johannisau, "das ist meine beste Disziplin", erklärt sie. Da gebe es verschiedene Trainingsmethoden. Zum Aufwärmen gibt's das Lauf-ABC. Dann Intervalle über 200, 400, 600 und 800 Meter. Am Ende des Jahres sogar manchmal 10 mal 1.000.

Um das Pferd von hinten aufzuzäumen: vom Laufen zum Radfahren. "Das mag ich auch gern", betont Antonia, "auch das Schwimmen ist ganz nett". Nicht zuletzt wegen der guten Beziehung zu Alice Kremser, die von den Wasserfreunden zu den Triathleten stieß. Oder wegen ihres Bruders Adam. Nur eins gibt sie zu bedenken: "Mir liegt das Gekloppe am Anfang des Massenstarts im Freiwasser nicht so". 

"Freizeit? Versuche das so zu planen, dass ich vor Wettkämpfen nicht so rumtanze"

Ist da noch Platz für Freizeitaktivitäten, bei Jugendlichen ihres Alters gemeinhin hoch im Kurs? "Ich treffe mich schon noch mit Freunden. Und versuche das so zu planen, dass ich vor Wettkämpfen nicht so rumtanze. Abseits des Sportes muss man auch ein bisschen Spaß haben." Klingt gesund.

Der Aufstieg in die Zweite Bundesliga ist ihr Ziel. "Das wäre sehr cool, wenn das klappt." Am 13. August steht die Deutsche Meisterschaft der Juniorinnen in Goch an - über die Sprintdistanz. "Ich hoffe, dass das Schwimmen gut läuft. Läuft das, läuft auch der Wettkampf", spürt sie, "weil ich 'ne richtig gute Radfahrerin und Läuferin bin". Hat sie dies bewältigt, steht die Deutsche Meisterschaft der Frauen in Viernheim an - über die olympische Distanz. Das sind 1.000 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und zehn Kilometer Laufen.

Spricht man im Triathlon über Ziele, darf das Zauberwort Ironman auf Hawaii nicht fehlen. "Das wäre schon gut, ist aber noch weit weg, weil ich noch so jung bin. Man soll das nicht so früh machen. Langfristig wäre es schon nice - aber nicht in den nächsten fünf Jahren." 

Trainer Tobias Schmitt: Manchmal muss ich versuchen, sie zu bremsen

Bleibt die Einordnung des Trainers. "Vom Training her bin ich sehr zufrieden", sagt Tobias Schmitt. Und er urteilt: "Ich schätze vor allem ihren Willen. Manchmal muss ich versuchen, sie zu bremsen. Antonia ist eine, die immer wieder was machen will. Sie kann ihre Füße nicht stillhalten. Das Training mit ihr macht Spaß." Auch den Schritt nach Münster bewertet er positiv. "In der Regionalliga ist das Format anders als in der Hessenliga. Antonia ist ja mehr oder weniger in der Vorstufe zur Bundesliga."

Nicht nur Schmitt ist davon überzeugt, dass sie in der Regionalliga - oder demnächst in der Zweiten Liga - eher Erfahrungen sammeln könne. Natürlich sei es schade, dass sie nicht mehr nur für Tri-Force starte. "Sie ist ja noch im Verein und macht hier ihr Training", stellt er klar. Und er findet menschlich eine hübsche Liste an Etiketten. Demnach sei Antonia lustig, ehrgeizig, habe hohe Ziele und sei fleißig. 

Zur Person

ANTONIA SEEMANN (19) kommt aus Neuhof-Rommerz und macht an der Freiherr-vom-Stein-Schule ihr Abitur. Die schriftlichen Prüfungen in ihren Leistungsfächern Englisch und Mathematik hat sie absolviert - die mündlichen in Deutsch und Sport stehen in dieser Woche an. Ab Oktober nimmt sie ihr duales Studium im Wirtschaftsingenieurwesen auf: Die Praxis gibt's in Kleinostheim, die Theorie in Heidelberg. Ziel ist nach drei Jahren der Bachelor. Im sechzehnjährigen Adam - auch er geht für Tri-Force an den Start - hat Antonia einen Bruder. Auch ihre Eltern sind sportlich: Papa Peter ist ebenfalls Mitglied bei Tri-Force, Mama Eva walkt gerne und betreibt Yoga.

Einst startete Antonia als Leichtathletin für den TV Flieden. Sie begann als Mehrkämpferin - war Hessische Vize-Meisterin und nahm somit an Deutschen Meisterschaften teil. Ihre bevorzugten Strecken: 5.000 Meter, 3.000 Meter, 1.500 Meter - als 13-Jährige ging sie auch über 800 Meter ins Rennen. Ihren letzten Wettkampf für den TVF bestritt sie vor drei Wochen in Bad Homburg. (wk) +++

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