Bertram Lenz kommentiert den Protesttag
Erst wenn Apotheken zu sind, wissen die Menschen, was ihnen fehlt
Foto: Maximilian Traut
14.06.2023 / REGION -
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie einst mein Opa davon sprach, dass es in seiner Jugend fünf Honoratioren gegeben habe, die im Dorf/Stadt wegen ihres sozialen Status hoch angesehen waren: Bürgermeister, Lehrer, Arzt, Pfarrer - und Apotheker. Die Zeiten haben sich geändert, heute gibt es dieses Denken nicht mehr. Gleichwohl gelten diese Personengruppen unbewusst noch immer als privilegiert und haben mit Vorurteilen zu kämpfen. Beispielsweise, dass Lehrer eigentlich immer nur Ferien hätten.
Und so dürfte mancher auch mit Unverständnis darauf reagiert haben, dass Apotheker am Mittwoch zum bundesweiten Protest aufgerufen hatten.
"Denen geht es doch gut. Die verdienen genug, müssen sich keine Gedanken machen und jammern auf hohem Niveau": Diese Sätze werden des Öfteren zu hören gewesen sein, wenn Kunden heute vor verschlossener Apotheke standen - obgleich im Vorfeld organisatorisch alles dafür getan worden war, mit Notdiensten die Grundversorgung zu gewährleisten. Auch in unserer osthessischen Region war - so über OSTHESSEN|NEWS - ausreichend darüber informiert worden.
Doch ähnlich wie etwa bei den Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen gilt auch hier: Zunächst heftig beklatscht und dann schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen.
Probleme haben sich angesammelt
Gleichwohl bleibt sehr fraglich, ob die Berliner Politik - die in erster Linie Adressat des Mittwochsstreiks ist - sich von den Demos beeindrucken lässt und irgendwelche Zugeständnisse machen wird. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Wünschen der Apothekerverbände nach höheren Honoraren jedenfalls bereits eine Absage erteilt: "In der Pandemie haben Apotheken viel geleistet, aber auch sehr gut verdient", sagte Lauterbach am Sonntag.