Jungvögel am Boden nicht mitnehmen
NABU Hessen warnt: Falsche Tierliebe schadet dem Vogelnachwuchs
Symbolbild: Pixabay
29.05.2023 / REGION -
Im Mai nimmt die Brutsaison an Fahrt auf. Die ersten Vogelkinder sind schon unterwegs und bald werden noch weitere Jungvögel die schützenden Nester in Hecken oder Nistkasten verlassen. Den NABU erreichen im Frühjahr viele Anfragen von besorgten Tierfreunden, die scheinbar verlassene Jungvögel entdecken.
"Unser Rat lautet eigentlich immer: Erst beobachten, dann eingreifen. Die unerfahrenen und im Fliegen noch ungeübten Vogeljungen wirken auf den ersten Blick oft hilflos. Sie aufzunehmen, ist jedoch meist falsch verstandene Tierliebe", sagt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen. Der Biologe rät: "Lassen Sie die halbflüggen, befiederten Jungvögel, so genannte Ästlinge, erstmal sitzen. Sollte nach 20 Minuten kein Elternvogel auftauchen, liegt es vielleicht daran, dass wir zu dicht dran sind und sie sich nicht zu ihren Jungen trauen. Also lieber noch etwas Abstand nehmen und weiter abwarten." Tatsächliche Hilfe benötigen befiederte Jungvögel nur, wenn nach mehreren Stunden immer noch keine Altvögel in seiner Nähe zu sehen sind.
Damit keine Tiere aus der Natur versehentlich entnommen werden, die topfit sind, stellt der stellvertretende Landesvorsitzende Bernd Petri klar: "Das herzzerreißende Rufen von scheinbar verlassenen Jungvögeln in Gärten und im Wald sind keine Hilfe- sondern Bettelrufe. So halten die Vogeljungen Kontakt zu ihren Eltern. Sie halten sich in der näheren Umgebung ihres verlassenen Nests auf und werden dort weiter von den Altvögeln gefüttert." Greift der Mensch in dieser sensiblen Phase ein, unterbricht er die Bindung zwischen Alt- und Jungvogel. Nur wenn Jungvögel an gefährlichen Orten wie Straßen und Gehwegen sitzen oder akut von Katzen bedroht sind, sollte man sie vorsichtig aufheben und ins nächste Gebüsch setzen. Anders als bei Rehkitzen nehmen Vogeleltern ihre Jungen wieder an, wenn diese von einem Menschen berührt wurden.
Verstoß gegen das Naturschutzgesetz
"Wer helfend eingreifen will oder muss, sollte sich immer bewusst sein, dass Jungvögel Wildtiere sind, denen nur in einem Notfall geholfen werden darf. Ansonsten wäre dies ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz", erläutert der Vogelexperte Petri. Denn laut Bundesnaturschutzgesetz dürfen Jungvögel nur vorübergehend und nur dann aufgenommen werden, wenn sie verletzt oder krank, und somit tatsächlich hilflos sind. Petri weist darauf hin, dass Jungvögel, die mit nach Hause genommen werden, selbst bei fachgerechter Pflege deutlich schlechtere Überlebenschancen haben als in der Natur.