Schäden an Nadel- und Laubbäumen
Exkursion von großem Interesse: Der Zeller Wald im Klimawandel
Foto: BUND Vogelsberg
04.05.2023 / ALSFELD -
Zur Exkursion in den Wald im Jägertal begrüßten Ursula Bernbeck vom BUND Vogelsberg und Revierförster Hermann Wilhelm hocherfreut mehr als dreißig interessierte Wanderer aller Altersstufen.
Forstdienstanwärter Daniel Hoven übernahm die Führung zu verschiedenen Waldbildern und erklärte zunächst, dass die derzeit zu beobachtenden Schäden an Nadel- und Laubbäumen die Sicht des Menschen darstellten. Der Wald wandelt sich einfach. Für den Menschen ist der Wald in seiner jetzigen Form aber wichtig als CO₂-Speicher, für die Holzproduktion, den Wasserhaushalt, den Artenschutz, er dient der Erholung und nicht zuletzt der Temperaturregulierung – letzteres insbesondere in den Städten, betonte Hoven.
Wenn Hitze und Trockenheit die Bäume vorgeschädigt und geschwächt haben, kommen weitere Probleme durch Pilzbefall, Insekten, Misteln oder die Fraßschäden von Rehen oder Mäusen dazu. Die Schadtiere und -pflanzen sind nicht urplötzlich neu auf-getaucht - durch die klimatischen Veränderungen ist hier aber ein Gleichgewicht ins Wanken gekommen.
Ein weiteres Problem sind Neophyten – Tiere oder Pflanzen, die aus anderen Regionen der Erde eingeschleppt worden sind und die keine natürlichen Feinde in der neuen Region haben. Hermann Wilhelm berichtete, dass das seit vielen Jahren anhaltende Erlensterben durch einen Pilz verursacht ist, der ursprünglich zu einem Fisch aus Alaska gehörte.
Forstleute versuchen nun, trockenresistentere Baumarten anzusiedeln - hierzu zählen die Douglasie, Kiefer, Kirsche, Ahorn, Lärche, Hainbuche, und bedingt die Birke. Aber auch das funktioniert nicht problemlos. Hoven demonstrierte auf einer Kahlfläche, wo vor einigen Jahren noch Fichtenbestand angepflanzt war, eine kleine Douglasie, die Fraßstellen durch den großen braunen Rüsselkäfer am Stamm aufwies. Die aus Nordamerika stammende Douglasie ist zwar recht trockenresistent, muss aber erst ihren Platz zwischen den in Europa heimischen "Nützlingen" und "Schädlingen" finden. Gleich daneben ein etwas kleinerer Kirschbaum, der sich selbst ausgesät hatte und deutlich gesünder wirkte.
An dieser Stelle entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, ob man dem Klimawandel durch Anpflanzung von resistenteren Bäumen begegnen solle, oder den Wald sich selber überlassen und verjüngen lassen solle. Sämlinge wachsen sicherer an. Die Forstleute hatten aber Zweifel, ob sich bei den bisherigen Monokulturen schnell genug verschiedene andere Baumarten ansiedeln würden – oder ob man wieder einen Fichtenbestand bekommen würde.
So würden die kahlen Flächen zur Hälfte per Anpflanzungen bearbeitet, die andere Hälfte werde sich selbst zur Naturverjüngung überlassen. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahrzehnten viele der besonders alten Bäume gefällt und verkauft wurden. "Die sind besonders wichtig für die Biodiversität – die Vielfalt des Lebens. Wir haben diese Praxis besonders in den Schutzgebieten immer kritisiert", so BUND-Sprecher und Biologe Wolfgang Dennhöfer, und:
"Die Forstleute müssen jetzt ein gigantisches Experiment mit offenem Ausgang durch-führen – denn ob eine Baumart bei der aktuellen Erderhitzung eine Chance hat, wird man erst in 30 Jahren sehen. Und da macht es einen Riesenunterschied, ob wir auf 1,5 oder 2 oder 3 Grad Erderwärmung zusteuern. Da zählt jedes Zehntel Grad." Die Veranstaltung klang bei einem kleinen Imbiss im Forsthüttchen im Jägertal bei weiteren lebhaften Diskussionen aus. (pm)+++