Propaganda versus Wirklichkeit
Florian von Rosenberg stellte auf Point Alpha sein neues Sachbuch vor
Fotos: Johannes Schneider
01.05.2023 / RASDORF (RHÖN) -
Glückliche Säuglinge und Kleinkinder prägten die Berichterstattung in den Medien der DDR über die Krippen: gemeinsam spielen, singen und fröhlich sein. Diese schönen Bilder der Kindheit verblassen, sobald man einen Blick hinter die staatliche Propaganda wirft und die Akten des zuständigen Ministeriums für Gesundheitswesen in die Hand nimmt.
Dr. Florian von Rosenberg hat diese Bestände ausgewertet und die Ergebnisse in seinem Sachbuch "Die beschädigte Kindheit – Das Krippensystem der DDR und seine Folgen" zusammengefasst. Zur Buchvorstellung kamen zahlreiche Gäste in das Haus auf der Grenze.
89 Prozent der Krippenkinder im ersten Lebensjahr krank
Die frühe Kindheit verstaatlicht
Auch eine Expertin mahnte in Ostberlin, dass "die sprachlichen und geistigen Fähigkeiten der Familienkinder signifikant über denen der Tageskrippenkinder" lagen. Diese und andere alarmierende Diagnosen sowie kritische Stimmen durften aber nicht in die politische Diskussion in der DDR einfließen. Auch Kinderärzte und Psychologen, die vor den Gefahren warnten, oder skeptische Eltern wurden abgewürgt und zu einer linientreuen Haltung genötigt.Kritik an die diktatorischen Vorhaben
"Die Lektüre polarisiert", gestand der Autor im Anschluss an die Lesung in der angeregten, kritischen Diskussion mit den rund 100 Besuchern im Haus auf der Grenze ein. "Es ist aber nicht die Abrechnung eines Westdeutschen mit dem Bildungssystem der DDR." An den Pranger stelle er vielmehr die strukturellen Probleme durch die diktatorischen Vorgaben und keinesfalls die engagierten Mitarbeiter im Gesundheitswesen, die Mediziner, Erzieher oder Eltern. Zahlreiche Wortmeldungen berichteten von den positiven Erfahrungen und der guten Betreuung in den entsprechenden Einrichtungen im Geisaer Amt und in der Rhön. "Es hat auch Schönes und Glück in den Krippen gegeben, aber das ist nicht Thema des Buches", ordnete von Rosenberg die Ergebnisse ein, die sich auf Aktenmaterial der DDR-Gesundheitsbehörden stützen.Zu Beginn hatte Philipp Metzler, den Referenten und die Besucher im Forum begrüßt und kompakt in das Thema eingeleitet. Der Studienleiter der Point Alpha Stiftung zeigte sich erfreut über die große Resonanz und bedankte sich bei der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen für die Kooperation. (pm) +++