Der Stadtpfarrer bei O|N

Impulse von Stefan Buß: Die Rufsäule

Stadtpfarrer Stefan Buß.
Archivfoto: O|N/Hendrik Urbin

22.04.2023 / FULDA - Man sieht sich kaum im schnellen Vorüberfahren, aber sie sind da, die gelben Notrufsäulen. In gleichmäßigen Abständen überragen sie wie riesengroße Zeigefinger die Leitplanken der Autobahn. Und manchmal stehen Menschen davor rufen ihre Anliegen hinein, warten auf Antwort, hoffen auf Hilfe.



In vielen Alltagssituationen könnte man solche Rufsäulen gebrauchen, denn Tag für Tag gibt es Grund genug, sich auszusprechen, sich anderen mitzuteilen, sein Herz auszuschütten, wie man so schön sagt. Um in diesem Bild zu bleiben: unser Lebensweg ist zwar keine Schnellstraße und es steht auch nicht an jeder Kreuzung unseres Alltags ein Notruftelefon, aber wir können selbst Rufsäule sein, überall und jederzeit im Glaubens- und Lebensdialog mit Gott stehen. "Der Herr ist allen nahe, die ihn anrufen, allen, die ihn aufrichtig rufen", so heißt es in den Psalmen (Ps. 145,18) im alten Gebetbuch des Volkes Israel und der Christenheit. Rufsäule sein - das Bild lässt sich ausmalen zu der überraschenden Möglichkeit, den Alltag "ins Gebet zu nehmen", unser Leben, unsere Fragen, Freude und Dank, Enttäuschung und Leid, Gelingen und Versagen.

"Das große Rufen nach Gott muss anheben und darf nicht mehr nachlassen", so hat es Alfred Delp, der Jesuitenpater (1907 – 45) in "Angesichts des Todes" geschrieben, bevor er unter den Nationalsozialisten 1945 hingerichtet wurde. Rufsäule sein - das meint mehr, als große Worte machen, es ist vielmehr Ant-Wort, was Martin Buber (jüd. Philosoph, 1878 – 1965) so erklärt: "Gott redet zum Menschen durch die Dinge und Wesen, die Er ihm in den Weg schickt. Und der Mensch antwortet darauf durch die Art und Weise, wie er mit den Dingen umgeht." Rufsäule sein - wir brauchen sie manchmal selber in unserem Leben, wenn wir in bedrängten Situationen stehen. Wir können aber auch selber zur Rufsäule werden, die andere wahrnimmt in den Notsituationen ihres Lebens. Und wie man das lernt und lebt, das kann man von Jesus Christus lernen und die Heilige Schrift gibt uns Zeugnis davon. (Stefan Buß) +++

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