Vier Männer und zwei Frauen

Weitere Anklage im "Chatgruppen-Verfahren"

Es geht weiter im sogenannten Chatgruppen-Verfahren gegen hessischen Polizeibeamte.
Foto: O|N - Archiv / Hendrik Urbin

30.03.2023 / FRANKFURT AM MAIN - Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat in dem gegen Polizeibeamte des Landes Hessen und weitere Personen geführten Ermittlungskomplex "Chatgruppen" eine weitere Anklage gegen vier Männer und zwei Frauen aus Ludwigshafen, Frankfurt und Darmstadt zur Großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main erhoben, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilt.



Bei den Angeschuldigten im Alter von 31 bis 37 Jahren handelt es sich um eine weibliche und vier männliche Polizeibeamte, die zuletzt im 1. Polizeirevier in Frankfurt am Main Dienst versahen, und die Lebensgefährtin eines der Polizisten. Die Beamten – vier von ihnen waren zuletzt im Dienstrang eines Polizeioberkommissars, einer als Polizeikommissar tätig – sind derzeit von ihren Dienstgeschäften befreit.

Ihnen werden das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung, Beschimpfung von religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnissen und Besitz sowie Verbreitung pornographischer Schriften zur Last gelegt. Den Ermittlungen zufolge waren die Angeschuldigten Teilnehmer einer im Oktober 2014 gegründeten WhatsApp-Chatgruppe namens "Itiotentreff". Diese soll in erster Linie das Teilen von rechtsextremistischen, rassistischen, antisemitischen und menschenverachtenden Inhalten in Form von Bild- und Videosequenzen zum Gegenstand gehabt haben. Darüber hinaus sollen die Angeschuldigten in unterschiedlichen Konstellationen auch in weiteren Chatgruppen (mit jeweils zwischen fünf bis 28 Teilnehmern) aktiv gewesen sein.

Insgesamt 102 Fälle

Im Einzelnen wird ihnen vorgeworfen, im Zeitraum Oktober 2014 bis Oktober 2018 in insgesamt 102 Fällen überwiegend Inhalte mit Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuzen und weiteren nationalsozialistischen Symbolen sowie Verharmlosungen des Holocausts in die verschiedenen Chatgruppen eingestellt und Minderheiten, insbesondere Menschen mit Behinderungen, mit Migrationshintergrund, mit dunkler Hautfarbe, Homosexuelle sowie Juden und Muslime, verächtlich gemacht und verleumdet zu haben. Ferner sollen die Angeschuldigten Lichtbilder bzw. Videos mit pornographischen und gewaltverherrlichenden Inhalten übersandt haben. Sämtliche dieser Inhalte sollen sie zuvor aus sozialen Netzwerken heruntergeladen oder von Dritten zugeschickt bekommen haben. Bei der Einstellung soll ihnen bewusst gewesen sein, dass diese strafrechtlich relevanten Inhalte regelmäßig auch chatgruppenfremden
Personen zur Verfügung gestellt wurden.

Die Ermittlungen waren im August 2018 eingeleitet worden, nachdem einer Frankfurter Rechtsanwältin ein anonymes, mit dem Kürzel "NSU 2.0" unterschriebenes Drohschreiben per Fax übersandt worden war. Die in der Folge durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass kurz vor Versendung des besagten Drohfaxes von einem Dienstrechner aus dem 1. Polizeirevier in Frankfurt am Main die Einwohnermeldeamtsdaten der geschädigten Anwältin abgerufen worden waren und zum Abfragezeitpunkt eine dort Dienst versehene Polizeioberkommissarin, eine der hier Angeschuldigten, mit ihren Zugangsdaten eingeloggt war. Weitere Ermittlungen führten zur verfahrensgegenständlichen Chatgruppe "Itiotentreff" und schließlich zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens.
Das Landgericht wird nunmehr über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. (pm) +++

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