"Unsere Ausstattung beeindruckt"
Klinikum-Vorstände im O|N-Gespräch über KI, Budget und Generationenwechsel
Fotos: Hendrik Urbin
21.04.2023 / FULDA -
"Im Jahr 2022 ist es uns wirtschaftlich nicht gut gegangen. Wir werden rote Zahlen schreiben", resümiert Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Menzel, Vorstandssprecher und medizinisch Verantwortlicher am Klinikum Fulda, das vergangene Geschäftsjahr. Zwar liegen die finalen Zahlen des osthessischen Krankenhauses für Maximalversorgung noch nicht vor, man könne jedoch bereits sagen, dass sich das Minus im einstelligen Millionenbereich bewegen werde. Das kleine Plus: Voraussichtlich falle der Abschluss immerhin besser aus als 2021.
Im großen OSTHESSEN|NEWS-Interview sprechen Menzel und sein Vorstandskollege Burkhard Bingel über die finanzielle Lage des Klinikums Fulda, den anstehenden Generationenwechsel, aber auch über geplante Investitionen und Innovationen.
"Das System ist mittlerweile nicht mehr einfach in wenigen Sätzen zu erklären", sagt Menzel mit Bezug auf die Gründe für das Defizit. Viele Faktoren haben demnach hier Einfluss gehabt. Das Jahr 2022 war geprägt durch Inflation und Ukrainekonflikt, wie Burkhard Bingel erläutert, aber auch fehlende Budgetvereinbarungen aus der Vergangenheit, die Umstellung und Neusortierung der Krankenhausfinanzierung und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie hätten dazu beigetragen, dass Kliniken deutschlandweit vor ganz neuen - vor allem finanziellen - Herausforderungen stünden.
Darüber hinaus fehle es an Liquidität. Gelder der Krankenkassen stünden aufgrund noch offener Budgetverhandlungen aus. "Wir reden hier von mehr als 15 Millionen Euro", so Bingel. Für Preiserhöhungen wurden den Krankenhäusern im Jahr 2020 gerade einmal zweieinhalb Prozent zugestanden, was bei einer gleichzeitigen Inflation von acht bis neun Prozent nicht zu einer Verbesserung der Lage beitrug. Das Problem sei die strenge Regulierung. "Wir haben schlichtweg nicht die Möglichkeiten wie andere Unternehmen, die ihre Preise selbst festlegen können." Das würden Kliniken deutschlandweit nun einmal mehr schmerzlich spüren, so Bingel.
Botschaft an die Politik: "Wir brauchen schnelle Hilfe."
Doch es gibt auch positive Nachrichten aus Fuldas größtem Krankenhaus. Mit Unterstützung durch Stadt und Landkreis sei der Maximalversorger noch vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen. Fördermittel, die nun auch nach der Krise fließen, können für notwendige Investitionen genutzt werden. Diese seien wichtig für die gute Versorgung der Patientinnen und Patienten, aber auch, um für hochkarätige Fachkräfte ein ansprechendes Umfeld bieten zu können. 14 Millionen Euro pauschaler, nicht projektbezogener Fördermittel erhält das Klinikum dafür jährlich vom Land Hessen, rund 2,5 Millionen fließen im Jahr 2023 aus dem KHZG-Programm (Krankenhauszukunftsgesetz), den Rest muss das Unternehmen selbst verdienen.
Dieser Rest dürfte im aktuellen Jahr etwa 1,5 Millionen Euro betragen, denn geplant sind Investitionen in Höhe von etwa 18 Millionen Euro. Diese sollen neben Neustrukturierungen von Radiologie, Herzkatheterlaboren, Hämatologie/Onkologie und Psychiatrie vor allem in den Umbau der Geburtenstation fließen. "Wir werden im Klinikum bald über eine der modernsten Geburtenstationen in ganz Hessen verfügen", sagt Menzel. Gut, denn hier besteht klarer Bedarf: Im Vergleich zu den rund 1.200 Geburten noch vor 10 Jahren, kommen im Klinikum Fulda mittlerweile fast 2.000 Kinder pro Jahr zur Welt.
Aber nicht nur in neues Leben investiert das Klinikum im Jahr 2023, auch neue Technik bildet einen großen Posten im Investitionsplan. Mit dem "Da Vinci" verfügt das Krankenhaus seit September 2022 über einen OP-Roboter der neuesten Generation. Auch in anderen Bereichen wird künftig zunehmend auf Künstliche Intelligenz und modernste IT gesetzt. Dies diene dazu, Abläufe zu verbessern, Wartezeiten verringern und die Effizienz steigern. "Wir gehen davon aus, dass wir jedes Jahr zwischen 25 und 30 Millionen Euro in eine hochwertige Patientenversorgung investieren sollten", so Menzel.
Dieses Geld sei jedoch nicht nur für das Klinikum und seine Patienten selbst gut angelegt, glaubt er. "Wir sehen es auch an den Bewerbungen für unsere Chefarzt-Stellen - unsere Ausstattung beeindruckt." Die Investitionen steigern die Attraktivität des Standorts Fulda, nicht nur für medizinisches Fachpersonal, denn eine gute wohnortnahe medizinische Versorgung ist ein wichtiger Faktor.
Campus-Projekt zieht neue Chefärzte an
Auch das Campus-Projekt, welches in Kooperation mit der Hochschule Fulda und der Philipps-Universität Marburg im Herbst in die nächste Phase eintrete, machen laut Menzel Eindruck. Potenzielle Chefärzte kämen auch deshalb nach Fulda, weil sie hier weiter Forschung und Lehre betreiben können. Zudem werde voraussichtlich noch in diesem Jahr ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin in Fulda besetzt sowie schon bald eine weitere Professur. Damit gebe es seit 1805 erstmals wieder einen Lehrstuhl für Medizin in der Domstadt.
Ein Stück Normalität im Klinikalltag: Neuigkeiten zu Nachbesetzungen der Ladenzeile
Letztlich steht auch noch die außermedizinische Patientenversorgung auf der To-Do-Liste der Klinikvorstände und auch da geht es voran. Nach dem Weggang des Friseursalons "Haarkunst" Ende letzten Jahres, gebe es bereits einen Nachmieter und auch für den 'Kiosk Parzeller', der zum 31. März schließt, gibt es bereits Bewerber, die derzeit ihre Konzepte vorstellen. " Der Service-Gedanke steht für uns im Vordergrund", sagt Menzel. Die Ladenzeile bringe urbanen Flair in den Krankenhausalltag und mache den Zugang zum Klinikum leichter - sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter. (Sabrina Ilona Teufel-Hesse) +++