Der Stadtpfarrer bei O|N
Impulse von Stefan Buß: "Mach den Raum deines Zeltes weit!" - Jes. 54,2
Archivfoto: O|N/Hendrik Urbin
29.03.2023 / FULDA -
"Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda!" "Gott zeltet" so las ich vor kurzem und war erst überrascht. Doch tatsächlich ist auch in der Bibel vom Zelten Gottes die Rede und das schon ganz früh in der Bibel. Allerdings steckt da natürlich etwas ganz anderes dahinter als eine Urlaubsbeschäftigung. Die Bibel nutzt dieses Bild des Zeltens, um die Besonderheit Gottes hervorzuheben: Das Zelt Gottes steht den fest gemauerten Palästen der antiken Könige gegenüber. Gott verschanzt sich nicht hinter hohen Mauern, sondern stellt sich die staubigen, harten Herausforderungen des Alltags, so wie die Beduinen und Nomaden in ihren Zelten, so wie die Boten Gottes im Alten Testament.
Abraham und Sara z.B. Es kommt einem aber auch Mose und sein Volk in den Sinn. Wie sie mit ihren Zelten unterwegs sind, durch die Wüste ins Gelobte Land. Auf ihrer Reise haben sie die Gebote von Gott erhalten und sie tragen sie in der Bundelade mit sich. Eines Tages befiehlt Gott: "Sie sollen mir ein Heiligtum machen! Dann werde ich in ihrer Mitte wohnen." (2.Mose 25,8). Mose erhält genaue Anweisungen zum Bau und: es wird ein Zelt. Wenn sie sich lagern, dann wird ein Zelt mit Vorzelt errichtet und ins Innerste des Zeltes, ins Heilige, da wird die Bundeslade gestellt. Das Zelt also ein Gottes Raum mitten unter den Menschen. Die Israeliten haben es vor Augen: dass Gott mitten unter ihnen und uns wohnt - oder anders übersetzt- zeltet, das schafft dann allererst die Möglichkeit, ihm zu begegnen. Gott selbst schafft einen Raum, in dem die Menschen ihm begegnen können, in dem wir aber auch einander begegnen. Augustinus spricht von der Kirche als dem Zelt Gottes auf Erden.
"Gott, der in einer solchen geheimnisvollen Erhabenheit wohnt, hat auch ein Zelt auf der Erde. Sein Zelt ist seine wandernde Kirche auf Erden; hier muss man ihn suchen, denn in diesem Zelt ist auch der Weg zu finden, der ins Vaterhaus führt." (PL 36,469) Zahlreiche Kirchen versuchen genau diese Aussage auch baulich umzusetzen und ihre schrägen Dächer verkünden mitten zwischen den Häusern der Stadt oder am Rande der Autobahn: Seht hier, die Hütte das Zelt Gottes mitten unter den Menschen. Und für dieses "Kirchenzelt" hat Jesaja einen Tipp: "Mach den Raum deines Zeltes weit! Spann deine Zelttücher aus, ohne zu sparen. Mach die Stricke lang und Pflöcke fest." (Jes 54,2) Mach den Raum deines Zeltes weit, denn es sind viel mehr Gotteskinder als du erwartest. Nimm dir die Weite des Himmelzeltes, das Gott über uns gesetzt hat, zum Maß. Gott, der Schöpfer der Welt und der Schöpfer jedes einzelnen Menschen hat seine Zeltplane weit gespannt. Tu es ihm nach. Sei nicht kleinlich oder kleinkariert, sondern mach deine Räume weit und spann das, was dir geschenkt ist aus, ohne zu sparen.