"Am Ende ist jeder Einzelne gefragt"
Bei O|N: Landtagspräsidentin Wallmann spürt die Herausforderungen hautnah
Fotos: Hendrik Urbin
05.03.2023 / FULDA -
Astrid Wallmann (43, CDU) liebt ihren Job als Landtagspräsidentin. Seit dem 31. Mai vergangenen Jahres ist sie die neue Chefin im hessischen Parlament, der Herzkammer der Demokratie. Zudem leitet die 43-Jährige auch die Verwaltung. Sie ist damit die erste Frau in diesem Amt. Seit der Landtagswahl im Jahr 2009 ist Wallmann für ihren Wahlkreis Wiesbaden als Abgeordnete im Parlament tätig.
Politik wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Ihr Vater Wilhelm Wallmann war Bürgermeister in der Landeshauptstadt Wiesbaden, ihr Onkel Walter Wallmann Ministerpräsident von Hessen. Ihr Amtsvorgänger im Landtag war der heutige Ministerpräsident Boris Rhein (CDU).
Die Würde des Hauses nach außen wahren
"Man muss ab und an während den Plenarsitzungen dafür sorgen, dass alle zuhören, dass Ruhe herrscht und wir die Würde des Hauses nach außen wahren", sagt Wallmann zu ihren Aufgaben im Landtag. Dazu gehöre es auch, Abgeordnete direkt anzusprechen und ihnen zu erklären, wieso sie angesprochen wurden. Die Disziplin in einem Sechs-Fraktionen-Haus zu wahren, ist sicher nicht einfach - gerade bei den aktuell vielfältigen Herausforderungen.Sie wolle gerne neue Dinge anstoßen. Dazu gehöre zum Beispiel die Installation einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Landtages. Die Elektromobilität sei ein weiteres Thema. Abseits der Bauarbeiten hat die Mutter zweier Töchter konkrete Vorstellungen ihrer Arbeit als Landtagspräsidentin: "Ich möchte, dass der Landtag in ganz Hessen wahrgenommen wird. Deswegen ist es selbstverständlich, dass ich viel in Hessen unterwegs bin", sagt sie.
"Am Ende ist jeder Einzelne gefragt"
Viele Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft sind eng miteinander verknüpft. Die eine richtige Lösung gibt es nicht. "Der Zusammenhalt der Gesellschaft beschäftigt mich", sagt Wallmann und fordert: "Wir müssen uns auf unsere gemeinsamen Werte besinnen und diese Werte vermitteln." Keinerlei Verständnis habe sie, wenn beispielsweise bei Kundgebungen antisemitische Parolen gerufen würden und die Gemeinschaft nicht einschreite. "Wenn wir an dem Punkt sind, dass es keine roten Linien mehr gibt, dann haben wir ein Problem", sagt die Landtagspräsidentin. Sie erwarte mehr Engagement. "Am Ende ist jeder Einzelne gefragt", sagt Wallmann."Ich finde, das soziale Pflichtjahr ist grundsätzlich eine kluge Idee", sagt Wallmann zum diskutierten Vorschlag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Sie habe aber Zweifel, dass die Gesellschaft dies wolle. Es müsse einen gesellschaftlichen Konsens geben, sonst mache dies keinen Sinn.
Gegenstand des Gesprächs war auch die Personalgewinnung im öffentlichen Dienst. Auch hier spiele die Work-Life-Balance eine immer wichtigere Rolle. Auch die Landtagsverwaltung müsse sich den Herausforderungen des Arbeitsmarktes stellen. "Es ist nicht immer einfach, gut qualifiziertes Personal zu finden", sagt Wallmann im O|N-Gespräch.
Familie unterstützt die engagierte Mutter
All die Herausforderungen beschäftigen auch Landtagspräsidentin Astrid Wallmann. Ihren Mut und ihre Freude an ihrem Job lässt sie sich dadurch nicht nehmen. Zumal ihre Familie sie unterstütze. Ihre knapp bemessene Freizeit gelte ihrer Familie. Und wenn zum Beispiel die Töchter mal mit auf einen passenden Termin können, dann sei dies perfekt.Die Landesgartenschau in Fulda ist da vielleicht eine passende Gelegenheit. "Da möchte ich auf jeden Fall dabei sein", sagt die Landtagspräsidentin. Nach knapp zwei Stunden inklusive eines Rundgangs durch die Räumlichkeiten der O|N-Redaktion und dem Medienhaus Medienkontor Fulda muss sie auch schon wieder los. Ihr Büroleiter hat schon vier Mal auf ihrem Mobiltelefon durchgeklingelt.
Mit einem sympathischen Lächeln entschwindet sie. Zurück bleibt die spürbare Begeisterung für ihren neuen Job als erste Präsidentin des Hessischen Landtags in Wiesbaden. (Hans-Hubertus Braune) +++