Tierische Besucher
Wenn die Schneckenflüstererinnen ins Rambachhaus kommen
Fotos: „goa“ und privat
05.03.2023 / ALSFELD / GROßENLÜDER - "Tue Gutes und rede darüber!" Sie tut Gutes und in OSTHESSEN|NEWS berichtete sie im Sommer 2022 darüber: Anja Kierblewski arbeitet unter anderem als Fachkraft für Systemische Familien- und Traumatherapie sowie Fachkraft für tiergestützte Interventionen (Tiergestützte Fachkraft und Traumapädagogin).
Im Rahmen dieser Tätigkeit setzt sie zahlreiche kleinere und größere tierische "Co-Therapeuten" zum Wohl vieler Menschen ein. Als ihre angehende Kollegin Nadine Happ aus Großenlüder im Juli 2022 bei OSTHESSEN|NEWS den Bericht über Kierblewskis Arbeit im Alsfelder Rambachhaus las , war dies der Startschuss für ein Miteinander: inzwischen absolviert Nadine bei Anja in der finalen Phase ihrer Ausbildung eine Praxisstation.
Adolf Amthauer gehört zu den Stammgästen. Der 90-Jährige ist der Vorsitzende des Einrichtungsbeirates und bestätigt, wie sehr sich die Besuche von Anja Kierblewski und ihren "Mitarbeitern" zu einem wöchentlichen Höhepunkt entwickelt haben. "Da bin ich immer dabei, egal ob beim Pony die Hufe zu reinigen oder ob die holländischen Haubenhühner hier sind!" Keine Frage, auch die Achatschnecken sind bei ihm auf den Unterarmen und selbst auf der Stirn herzlich willkommen. "Das fühlt sich gut und erfrischend an, wie sie über die Haut kriechen und sich dabei festsaugen!", hört man es wiederholt im Saal.
Manche Schnecke gibt sich eher faul und lässt sich lieber von den fürsorglichen Senioren mit einem frischen Salatblatt füttern. Die Bewohner strahlen jedenfalls um die Wette - die Tierbesuche wollen sie nicht mehr missen.
Nadine Happ ist im Hauptberuf examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und arbeitet seit 15 Jahren in der Psychiatrie, seit einem Jahr in der Verus-Bonifatius-Klinik in Bad Salzschlirf.
O|N als "tiertherapeutische Kontaktbörse"
Die zweifache Mutter: "Durch den O|N-Bericht über Anja Kierblewski wurde ich auf deren Arbeit aufmerksam. Ich kann bei Anja nicht nur die erforderlichen Hospitationsstunden absolvieren, sondern erhielt dort sogar die Möglichkeit, ein eigenes Projekt zu starten: ich durfte den Senioren im Rambachhaus meine Achatschnecken vorstellen und war überrascht, wie offen die Menschen dort waren und sind!"Happ arbeitet noch ehrenamtlich in der Ranger-Ausbildung des Tiergartens Fulda (ehemals Heimattiergarten). "Ich möchte damit mein Wissen über Nutztiere vertiefen, denn viele von ihnen wie zum Beispiel Rinder und Esel bieten ein breites Repertoire für Interventionen. Vielleicht lässt sich diese tolle Art der Therapie bald in den Klinikalltag integrieren. So kann ich insgesamt meine Freude an der Arbeit mit Menschen und meine Tierliebe zur Berufung machen."
Nadine Happ fasst die Möglichkeiten des Therapieangebotes von Anja Kierblewski und ihr selbst sehr treffend zusammen: "Tiere sind mit Sicherheit nicht DAS Allheilmittel, aber sie sind ein "Eisbrecher" in der Kontaktaufnahme zum Klienten. Tiere können Zugänge schaffen, die der Mensch allein nicht erreichen kann!"
Im Rambachhaus jedenfalls ist klar: Adolf Amthauer und viele andere Bewohner freuen sich bereits auf den nächsten Besuch von Anja Kierblewski samt ihrer "tierischen Begleiter" egal welcher Gattung. Das eine oder andere Mal wird Nadine Happ sie auch nach ihrem inzwischen abgeschlossenen Praktikum begleiten. (goa) +++