Klima-Initiative

"Wir wollen beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen"

Thomas Bös, Doris Hoffmann und Gerd Heusel von der Klima-Initiative Bad Hersfeld im O|N-Gespräch.
Fotos: Christopher Göbel / Privat

09.02.2023 / BAD HERSFELD - Die Wurzeln der Klima-Initiative Bad Hersfeld liegen knapp vier Jahre zurück. Wer sich alles in dem Bündnis engagiert und welche Ziele es verfolgt, haben Gründer Gerd Heusel sowie die Mitglieder Doris Hoffmann und Thomas Bös im OSTHESSEN|NEWS-Gespräch erläutert. 



"Kurz nach dem Klimaschutzgesetz der Bundesregierung wurde ich auf die Klimaschutz-Organisation ,German Zero' aufmerksam", erzählt Gerd Heusel. Deren Ziele gefielen ihm und er reiste zu einer "German Zero"-Tagung nach Osnabrück. Zurück in Bad Hersfeld, suchte der pensionierte IT-Spezialist Mitstreiter für den Klimaschutz. Einige lokale Organisationen waren schnell gefunden und auch Einzelpersonen bekundeten Interesse an der Mitarbeit. Inzwischen hat das Bündnis 50 Mitglieder aus zahlreichen Berufsgruppen, von denen rund zehn regelmäßig aktiv sind.

Unter einem Dach zusammenarbeiten

"Das Gute ist, dass unter dem Dach der Klima-Initiative viele Organisationen zusammenarbeiten", so Thomas Bös, der auch Stadtverordneter der Grünen im Bad Hersfelder Stadtparlament ist. Inzwischen gehören unter anderem "Fridays for Future Bad Hersfeld", "Parents for Future Bad Hersfeld", die "Friedensinitiative Hersfeld-Rotenburg", der "ADFC Hersfeld-Rotenburg" und der "BUND-Kreisverband Hersfeld-Rotenburg" dem Bündnis an. 

Das vorrangige Ziel der Aktiven ist es, Bad Hersfeld bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu machen. "Dafür haben wir viele Gespräche mit Politikern geführt", so Heusel. "Wir haben viel diskutiert und auch auf dafür gekämpft", fügt Doris Hoffmann hinzu. Es gebe einen Grundkonsens, dass etwas fürs Klima getan werden müsse, aber wenn es um konkrete Maßnahmen gehe, sei die Gesprächsbereitschaft bei Politik und Stadtverwaltung schon deutlich geringer. "Aber wir haben erreicht, dass das Stadtparlament im Herbst 2020 den Klima-Notstand für Bad Hersfeld beschlossen hat", so Heusel.

Konkrete Maßnahmen sind für die Klimaschützer unter anderem natürlich der Umstieg auf regenerative Energien, weniger Autoverkehr oder gar eine autofreie Innenstadt und bessere Radwege. Aufgrund der Gespräche mit der Politik soll die Stadt Bad Hersfeld einen Klima-Aktionsplan erstellen. "Dafür muss unter anderem ein externes Planungsbüro beauftragt werden", sagt Bös. "Aber bis heute gibt es keine öffentliche Ausschreibung dafür", bemängelt Heusel. Es seien zwar in den städtischen Fachbereichen Vorarbeiten geleistet worden, doch diese seien noch nicht verabschiedet.

"Wir hoffen darauf, mit der neuen Bürgermeisterin Anke Hofmann weiterzukommen als zuvor. Sie hat bereits eine Breitschaft signalisiert", sagt Heusel. Noch in diesem Monat wird die Klima-Initiative ein Gespräch mit Hofmann führen. Der Bad Hersfelder Klimaschutzbeauftragte Michael Mai sei bereits mit der Initiative im Gespräch und habe auch an einigen Veranstaltungen teilgenommen. "Aber eigentlich ist ein Klimaschutzbeauftragter zu wenig. Jeder Fachbereich müsste einen eigenen haben", sagt Hoffmann. 

Bös lobt das Klimaschutz-Management im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Die Initiative hofft beispielsweise darauf, auch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg einen "Runden Tisch Klimaneutralität" zu etablieren, um den gemeinsamen Zielen näherzukommen. 

Die Wege, das Klima zu entlasten, sind vielfältig. "Jeder kann etwas tun", so die Aktiven. Ob es private Photovoltaik-Anlagen sind, die auf Dächern und Balkons installiert werden können, Wasser und Strom sparen, nachhaltig einkaufen oder statt des Autos öfter mal das Rad zu nehmen, könne jeder selbst umsetzen. "Meine Familie hat ganz auf Nachhaltigkeit umgestellt", erzählt Hoffmann, pensionierte Schulleiterin einer Pflegeschule. "Wir müssen es schaffen, die Komplexität des Themas allen Menschen begreiflich zu machen", so Bös, der ehemalige Leiter der Schule für Erwachsene in Bad Hersfeld. "Das Bewusstsein für den Klimaschutz muss da sein."

Enttäuscht sind die Bad Hersfelder Klima-Aktivisten von der jetzigen Bundesregierung. "Es gibt beispielsweise kein Tempolimit im Koalitionsvertrag", sagt Bös. Auch sonst gefällt ihnen nicht alles, was beispielsweise der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck oder die ebenfalls grüne Außenministerin Annalena Baerbock tun. Die Klima-Initiative ist allerdings nicht parteipolitisch motiviert, auch wenn einige Stadtpolitiker sich darin engagieren. "Klimaziele müssen von den Menschen vor Ort umgesetzt werden", sagt Hoffmann.

Solidarität mit "Klima-Klebern"

Zu den sogenannten Klima-Klebern haben Heusel, Bös und Hoffmann eine klare Meinung: "Das ist ziviler Ungehorsam, der wichtig ist" so Bös. Er selbst würde das zwar eher nicht machen, aber auch Heusel sagt: "Das sind mutige Leute. Es ist gut, dass es sie gibt." Die Drei sind sich einig, dass solche Aktionen eine "Form wichtigen Widerstands" seien und dass sie sich nicht davon distanzieren. "Es ist wichtig, dass das Thema Klimaschutz öffentlich diskutiert wird", sagt Bös. Aktionen wie das Festkleben auf der Straße oder sich von Autobahnbrücken abzuseilen, seien sehr öffentlichkeitswirksam.

Die Klima-Initiative Bad Hersfeld betreibt selbst Öffentlichkeitsarbeit über die eigene Website und auf Facebook. "Wir würden uns wünschen, noch mehr Öffentlichkeit zu bekommen", so Heusel. Bisher treffen sich die Mitglieder zweimal im Monat im privaten Raum. In der kommenden Woche will sich die Klima-Initiative als Verein organisieren.

Neben Beratungen zu Wärmepumpen oder privaten PV-Anlagen hat das Bündnis auch schon Klima-Demonstrationen in Bad Hersfeld organisiert. Auch vor der Bürgermeisterwahl haben die Aktiven den drei Kandidaten ihre Wünsche überreicht. Zum jetzigen Stand sagen sie: "Es geht zu langsam voran mit dem Klimaschutz. Aber es gibt vorsichtige erste Schritte in die richtige Richtung. Es kann Vieles besser werden und wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen." Wichtig sei es, ständig im Dialog mit Politik und Bürgerschaft zu bleiben, um die Klimaziele zu erreichen. "Der Klimanotstand für Bad Hersfeld ist ausgerufen. Wir leben in einem Notstand und wir müssen uns umstellen, damit unsere Erde bewohnbar bleibt", sind Heusel, Bös und Hoffmann sich einig. (Christopher Göbel) +++

X