21. Mittelhessisches Rettungsdienstsymposium
Veränderungen und Versorgungslücken: Probleme im Rettungsdienst im Fokus
Symbolbild: O|N
08.02.2023 / REGION VB -
Zum 21. Mal veranstaltete der gemeinsame Qualitätszirkel Notfallmedizin der Landkreise Gießen, Marburg-Biedenkopf und Vogelsbergkreis das Mittelhessische Rettungsdienstsymposium. Die Onlineveranstaltung war in drei Themenblöcke unterteilt und enthielt Vorträge zu wichtigen Themen und aktuellen Problemen im Rettungsdienst. Das Angebot wurde gut angenommen – über 200 Interessierte haben an der überregionalen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen, die online durchgeführt wurde.
Dr. Andreas Jerrentrup (Marburg) eröffnete das Symposium mit einem Vortrag über die flächendeckende Einführung von Ultraschall (Sonographie) im Rettungsdienst Mittelhessen. Bei einer entsprechenden Schulung des Personals kann eine Sonographie auch von nicht ärztlichem Personal durchgeführt werden. Die Sonographie bereits im Rettungsdienst und nicht erst im Krankenhaus bildet eine wichtige diagnostische Ergänzung, die auch therapieentscheidend sein kann.
Große Herausforderungen im Rettungsdienst
Eine der größten Herausforderungen im Rettungsdienst ist die Behandlung des traumatischen Kreislaufstillstandes, also eines Kreislaufstillstandes, der durch Verletzungen verursacht wurde – Carl Christian Hahn (Gießen) referierte daher über "Clamshell Thorakotomie" (Öffnung des Brustkorbes). Diese Maßnahme hat das Ziel, eine interne Herzdruckmassage durchführen zu können und die Herzbeuteltamponade zu entlasten. In der Praxis könnte diese Prozedur rettungsdienstbereichsweit oder in Form von speziell geschultem Team, das bei Bedarf nachalarmiert wird, umgesetzt werden. Veränderungen im Einsatzgeschehen
Den dritten Themenblock zu den aktuellen Problemen im Rettungsdienst leitete Dr. Thomas Plappert (stellv. ÄLRD Fulda) mit seinem Vortrag zur "Präklinischen Akutmedizin im Rettungsdienst" ein. In den vergangenen Jahren gab es eine Veränderung im Einsatzgeschehen. Nicht nur im Landkreis Fulda zeigt sich, dass die Anzahl der Einsätze mit einer niedrigen Komplexität des Krankheitsbildes und einer niedrigen Dringlichkeit (R0 Einsätze) stärker zunehmen als die Notfalleinsätze. t.
"Es gibt eine Versorgungslücke"
In der anschließenden Diskussion mit Susanne Sommer (Hausärztin im Vogelsbergkreis), Dr. Henrik Vollbracht (Referent Rettungsdienst HSMI), Prof. Dr. Alexander Lechleuthner (ÄLRD Köln) und Dr. Erich Wranze-Bielefeld (ÄLRD Vogelsbergkreis) wurden die aktuellen Problemstellungen noch einmal erläutert. "Es gibt eine Versorgungslücke zwischen der Hausärztlichen Versorgung und dem Rettungsdienstsystem", erklärt Lechleuthner. Einige Patienten, deren Krankheitsbild eigentlich nicht vom Rettungsdienst versorgt werden muss, die aber aus verschiedenen Gründen nicht selbst zu einem Hausarzt gehen können, finden im derzeitigen Gesundheitssystem keine Anlaufstelle und wählen dann den Notruf. Für den Rettungsdienst führt die Vielzahl dieser Einsätze oft auch zu einer Nichteinhaltung der Hilfsfristen. Unter den Beteiligten herrschte Einigkeit darüber, dass ein differenziertes System für die Hilfsfristen notwendig ist, das z.B. auch Meldebilder berücksichtigt.Das Fazit der interessanten Diskussion: Probleme können nicht allein im Rettungsdienst gelöst werden. Um Veränderungen herbeizuführen sind eine Vernetzung und enge Absprachen zwischen hausärztlicher Versorgung, ärztlichem Bereitschaftsdienst, Leitstellen und Rettungsdienst sowie Kliniken unabdingbar.
Abschied von Dr. Erich Wranze-Bielefeld
Die Veranstaltung wurde auch genutzt, um sich bei Dr. Erich Wranze-Bielefeld zu bedanken, der sich Ende Januar in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Bereits seit 1988 war Wranze-Bielefeld als Notarzt im Einsatz. Von 1995 bis 2021 war er als Leitender Notarzt im Landkreis Marburg-Biedenkopf tätig. Zudem war er viele Jahre der ÄLRD im Landkreis Marburg-Biedenkopf und im Vogelsbergkreis."Erich Wranze-Bielefeld war dabei immer um eine Entwicklung bemüht, die die rettungsdienstliche Versorgung im Raum Mittelhessen verbessern sollte. Sein Engagement in all den Jahren hat den Rettungsdienst in der Region und auch das Mittelhessische Rettungsdienstsymposium entscheidend vorangebracht. Dafür sind wir ihm sehr dankbar", erklärte Dr. Martin Sassen (ÄLRD des Landkreises Marburg-Biedenkopf) abschließend. (pm) +++