"Der Staat war auf dem rechten Auge blind"
Walter Lübckes Sohn: "Tod meines Vaters wäre zu verhindern gewesen"
picture alliance/dpaUli Deck
04.02.2023 / REGION -
Nachdem vor mehr als drei Jahren der damalige Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke von einem Rechtsextremisten auf der Terrasse seines Hauses in Istha bei Wolfhagen erschossen wurde, meldet sich jetzt erstmals sein Sohn öffentlich zu Wort. Christoph Lübcke gibt in einem Interview mit dem Nachrichtenportal t-online den Sicherheitsbehörden eine Mitschuld an der Ermordung seines Vaters. Diese hätten die massive Internet-Hetze wegen der Haltung seines Vaters in der Flüchtlingsfrage nicht ernst genug genommen.
Wenn man dieser Gefahr eher begegnet wäre, hätte der gewaltsamen Tod seines Vaters verhindert werden können, zeigt sich sein Sohn in dem Gespräch überzeugt. Dem Rechtsextremismus hätte damals genauso viel Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen, wie etwa dem islamistischen Terror. "Aber der Staat war auf dem rechten Auge blind", sagt der Lübckes Sohn aus der Rückschau. Sein Vater habe sich nach den massiven Angriffen aus dem Internet sehr allein gefühlt und mangelnde Unterstützung beklagt. Auch seine eigene Partei habe ihm nicht geholfen.
Rechte Hetze im Internet gegen Walter Lübcke zu wenig geahndet
Christoph Lübcke prangert insbesondere an, dass die massive Internet-Hetze nicht ausreichend strafrechtlich verfolgt wurde. Er erklärt dazu: "Wenn jemand angegriffen wird, dann muss man gemeinsam Flagge dagegen zeigen – gerade, wenn der Angriff aus dem rechten Lager oder aus anderen gefährlichen Spektren kommt. Das gilt für die Politik, aber auch für jeden Einzelnen. Wann immer wir sehen, dass jemand in Chats oder an Stammtischen verbal Grenzen überschreitet, sollten wir eingreifen und sagen: 'Das geht zu weit.' Meine Familie und ich wünschten, mein Vater hätte diese Unterstützung gehabt."
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