Opposition lehnt Haushalt ab

"Arroganz der Macht": Hitzige Debatte über geplante Zukunfts-Investitionen

Über zweieinhalb Stunden diskutierte die Vogelsberger Kreiskoalition aus CDU und SPD mit der Opposition beim Kreistag am Dienstag über den Haushaltsentwurf.
Symbolbild: O|N / Luisa Heinz

02.02.2023 / REGION VB - Über zweieinhalb Stunden diskutierte die Vogelsberger Kreiskoalition aus CDU und SPD mit der Opposition beim Kreistag am Dienstag über den Haushaltsentwurf, den Vize-Landrat Dr. Jens Mischak im Dezember einbrachte. Die Debatte war hitzig, die Opposition kritisierte viele Punkte. Gegenvorschläge über Änderungen von Investitionen wurden von CDU und SPD abgelehnt.



Doch von vorne: Bei der Kreistagssitzung im Dezember 2022 hatte Mischak den Vogelsberger Haushalt 2023 unter dem Motto "Krise und kein Ende?" gestellt. Der Krieg in Europa lasse davon ausgehen, dass die daraus resultierenden Belastungen und Verwerfungen zu einem schlechteren Jahresergebnis führen werden. Finanzielle Rahmenbedingungen würden sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen, dennoch werde man wichtige Investitionen für die Zukunft des Vogelsbergkreises nicht aus den Augen verlieren - dazu gehören unter anderem die Themenbereiche Schule und Bildung, Digitalisierung oder Gesundheit. Auch in Sachen erneuerbare Energien wolle der Kreis nachrüsten: Für den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf kreiseigenen Liegenschaften sollen eine Million Euro fließen. 

Stephan Paule (CDU) und Matthias Weitzel (SPD) hofften auf breite Zustimmung der Fraktionen für den Haushalt - besonders hoben sie bei ihrer Rede den Ausbau von Photovoltaikanlagen hervor, hier "wird ein deutliches Zeichen gesetzt". Kritik gab es vonseiten der Koalition an die Bundes- und Landesregierung, "wir könnten besser arbeiten, wenn andere Ebenen besser arbeiten würden".

Große Koalition in der Kritik

Beanstandungen am Haushaltsentwurf gab es vor allem vonseiten der FDP-Fraktion. "Das ist der politische Wille der Koalition, den Haushalt durchzubringen. Es sind Ihre Schwerpunkte, nicht unsere", so Mario Döweling. Im Entwurf seien Punkte festgelegt worden, die vonseiten der Oppositionsfraktionen bereits in den vergangenen Jahren über Anträge vorgeschlagen - und dann von CDU und SPD abgelehnt wurden. "Beispiel Photovoltaik. Das beißt sich mit den Aussagen, die Sie in der Vergangenheit getätigt haben." Für die SPD sei der Haushalt 2023 kein zukunftsfähiges, zustimmendes Programm. 

Ähnlich sieht das die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen - auch wenn Udo Ornik erst einmal mit einem Seitenhieb gegen die FDP startete: "Ihre Fraktion hat doch keinen einzigen Vorschlag gemacht. Was soll das Getöne, wenn der alternative Entwurf von Ihnen eigentlich fehlt?"

Doch auch die Grünen kritisieren das Verhalten der Großen Koalition. "Für uns ist es enttäuschend, dass wir in den Beratungen nicht gerungen oder über Themen diskutiert haben. Alle Fraktionen, die Anträge gestellt haben, wurden von CDU und SPD niedergestimmt. Das halte ich nicht für sinnvoll und professionell - darauf kann man nicht die Zukunft aufbauen, wenn wir so miteinander umgehen." Für ihn habe die Opposition genau die Aufgabe, Dinge der Koalition infrage zu stellen und Antworten zu geben, bessere Lösungen zu finden. "Das tun wir hier nicht." Zustimmung gab es von der Fraktion für den Ausbau von Photovoltaikanlagen, auch wenn dies noch lange nicht ausreichend sei. "Sie brüsten sich damit, eine kleine Balkonanlage aufzubauen."

Verhalten der Koalition sei "Macht der Arroganz"

Wenig Kritik gab es vonseiten der AfD: "Wir wollen und können nicht viel kritisieren, die Angaben werden von Bund und Länder gemacht - und die Kreise und Kommunen können es ausbaden", so Gerhard Bärsch. 

Gegenwind gab es dann wieder von den Vogelsberger Linken: "Es gab weder von CDU noch SPD eine Aussage zu den Änderungsanträgen der anderen Fraktionen, aber nun erwarten sie unsere Zustimmung. Das ist eine Arroganz der Macht, wie ich finde", so Dietmar Schnell. Dennoch seien viele Punkte im Entwurf für die Fraktion Schritte in die richtige Richtung. "Die Frage ist nur, warum die Vogelsberger so lange darauf warten mussten?" Auch Schnell spricht an, dass Themen, die nun im Entwurf festgelegt wurden, immer wieder im Kreistag vonseiten der Linken oder anderen Fraktionen gefordert wurden. "Wir sind aber stets an der Koalition gescheitert."

Für Lars Wicke von den Freien Wählern wisse man, dass man an vielen Stellschrauben nicht drehen könne, da sie aufgegeben wurden. "Konzentrieren wir uns auf das, was wir ändern können: Personalkosten, Krankenhaus, Baumaßnahmen." In Sachen Personalkosten macht Wicke einen Vergleich zu den beiden hessischen Landkreisen - Odenwald und Werra-Meißner-Kreis -, die ähnliche Einwohnerzahlen wie der Vogelsberg aufweisen. In der Vulkanregion seien im Vergleich jedoch 150 Stellen mehr besetzt, zudem berechne der Vogelsbergkreis die höchste Kreisumlage in Hessen. "Andere Landkreise können sparsamer - so mein Eindruck", so Wicke, Bürgermeister von Grebenau.

"Maß und Mitte, was für 2023 wichtig ist"

"Die Kreisumlage ist zu hoch? Sie muss noch höher werden", so Landrat Manfred Görig aufgebracht von den einzelnen Reden. "Denn die ganzen geforderten Dinge müssen auch finanziert werden. Die Haupteinnahme ist nun einmal die Kreisumlage - davon wird beispielsweise auch das Kreiskrankenhaus finanziert. Wo fahren die Grebenauer denn hin, wenn sie ins Krankenhaus müssen?"

Auch Vize-Landrat Mischak verteidigt den eingebrachten Entwurf - unter anderem am Beispiel der Photovoltaikanlagen: "Wir können nicht so tun, als hätte 2022 nicht weltweit alles verändert, was Energiebedarf und Prioritäten angeht. Deshalb haben wir uns durchgerungen, diesen Antrag zu stellen. Der Haushalt ist das Maß und die Mitte für das, was für uns 2023 wichtig ist."

Nach hitzigen Debatten wurde der Haushalt mit seinen Änderungen schlussendlich durch die Koalition aus CDU und SPD verabschiedet, die Opposition stimmte dagegen. (lu) +++

Vize-Landrat Dr. Jens Mischak bringt den Haushalt bei der Kreistagssitzung im Dezember 2022 ein.
Fotos: Luisa Heinz
Landrat Manfred Görig.

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