K.N-Reporter in Kyiv & Lemberg
(Teil 3): Bilder der Zerstörung, Soldatengräber & eine Katze der Hoffnung
Fotos: privat
13.01.2023 / KYIV / MKK -
Wie ist das Leben aktuell in der ukrainischen Hauptstadt Kyiv*? Wie kommt man dort hin, da der Luftraum gesperrt ist? Und was sind die Gedanken der Menschen? Ein KINZIG.NEWS-Reporter wollte es genauer wissen - und machte sich auf die Reise. Tobias Bayer besuchte das Land zum Jahreswechsel und hat Tagebuch geführt. Exklusive Einblicke in eine neuntägige Reise, die intensiver kaum hätte sein können. Heute: Teil 3.
Mittwoch, 04. Januar 2023 - Die Zerstörung in Kyiv
Der letzte Tag in Kyiv. Was wäre er ohne Luftalarm? Halb elf, Ortszeit: Ein Telegram-Chat meldet mir den Luftalarm in der Hauptstadt. Start russischer Kampfjets und Abfangjäger in Weißrussland. Bis um elf muss ich aus dem Hotelzimmer sein. Also schnell die restlichen Sachen gepackt. Keine fünf Minuten später bin ich im Foyer des Hotels, gehe in meinen schon so vertrauten Luftschutzraum, warte und führe Telefonate für KINZIG.NEWS. Irgendwie ist es schon normal geworden. Mein Kollege ist fast mehr besorgt als ich, als ich ihm erzähle, dass ich gerade Mobile Office aus dem Luftschutzraum mache.Ich laufe durch die Stadt, schaue mir bombardierte und zerstörte Gebäude an. Vieles wird schnell wieder aufgebaut. Ich stehe vor einem beschädigten Haus, die Bauarbeiten sind in vollem Gange. Eine junge Frau aus Kyiv erzählt mir: "In der Wohnung ganz oben in dem Haus hat eine Familie gelebt. Ukrainischer Mann, russische Frau, Kinder. Vor einigen Monaten wurde die Wohnung durch einen russischen Raketen-Angriff zerstört. Der Mann starb. Ob die russische Frau darüber wohl glücklich ist?" Schweigen.
Donnerstag, 05. Januar 2023 - Soldatengräber, Kuchen & Generatoren in Lemberg
Ankunft früh am Morgen, nach der Fahrt mit dem Nachtzug. Die Straßen sind dunkel. Viele Lichter sind aus. Es wird Strom gespart. Frühstück bei McDonalds in der Innenstadt. Plötzlich gehen ALLE Lichter aus, auch im Restaurant. Strom komplett ausgefallen oder abgestellt, um Energienetze zu entlasten. Viele Geschäfte schalten Generatoren an. Es wird laut auf der Straße, man hört kaum sein eigenes Wort. Die Luft in der Stadt wird schlechter. Da wird einem erst so richtig der Sinn von Elektrofahrzeugen in der Innenstadt bewusst.Freitag & Samstag: Heimreise & Innehalten
Am Donnerstagabend Zug-Fahrt ins polnische Przemyśl (ca. 13 Euro, 1. Klasse, 2. ausgebucht). Grenzbeamte kontrollieren vor allem Männer im kriegsfähigen Alter: Haben sie einen ukrainischen Pass, dürfen sie das Land in der Regel nicht verlassen. Bei mir läuft alles entspannt. Deutschem Pass sei Dank. Ich bin wieder in der EU - sicher, gesund und müde.Mit dem Bus geht es am späten Donnerstagabend vom Grenzbahnhof Przemyśl weiter in die polnische Hauptstadt Warschau, knapp acht Stunden lang dauert die Fahrt. Von dort aus weiter mit der polnischen Eisenbahn nach Berlin (sechs Stunden) und schließlich vom Berliner Hauptbahnhof aus nach Hanau (knapp vier Stunden). Endlich wieder im MKK - nach 27 Stunden reiner Fahrzeit. Für mich geht es in den kommenden Wochen um die anstehende Landratswahl, um Spesenabrechnungen, entspannte Fernsehabende und unbesorgte Nächte, in denen ich durchschlafen kann. Auf eine gute Weise unaufgeregt.
*Warum Kyiv und nicht Kiew? Wir haben uns bewusst für die englische Schreibweise der Hauptstadt der Ukraine entschieden. Grund: Das hierzulande so geläufige deutsche "Kiew" ist eine Übersetzung des russischen Namens der Stadt, das englische "Kyiv" entspricht einer Übersetzung aus dem Ukrainischen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei KINZIG.NEWS.