"Beleidigende Formulierung"
Landgericht Fulda erlässt einstweilige Verfügung gegen BILD
Symbolbild: PPOH
10.01.2023 / FULDA -
Der Fall hatte bundesweit für Entsetzen und entsprechend breite Berichterstattung gesorgt: Ein 47-jähriger ehemaliger Lehrer und Schulleiter soll in fast hundert Fällen in Osthessen Kinder und Jugendliche missbraucht, seine Opfer gefilmt und die Videos im Darknet verbreitet haben. Die Polizei war dem Mann durch einen Hinweis amerikanischer Ermittler auf die Spur gekommen. Bei einer anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden Dateien mit kinderpornografischem Inhalt sichergestellt. Ab Februar muss sich der Mann jetzt vor dem Landgericht Fulda dafür verantworten.
Die Bad Hersfelder Rechtsanwaltskanzlei Kreissl, Morbach und Partner, die den Beschuldigten anwaltlich vertritt, wehrt sich jetzt mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Berichterstattung der Bild-Zeitung über diesen Fall ihres Mandanten. In der Pressemitteilung der Kanzlei dazu heißt es im Wortlaut:
"Der wegen mehrfachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagte ehemalige Lehrer und Schulleiter hat über seine Verteidigerin, die Rechtsanwältin Lisa Vogeler aus der Kanzlei Kreissl, Morbach und Partner in Bad Hersfeld eine einstweilige Verfügung gegen "BILD" beantragt, die das Landgericht Fulda jetzt erlassen hat. "BILD" hatte den Angeklagten als "Ekel-Schulleiter" bezeichnet, der "99 Kinder und Jugendliche missbraucht habe". Das ist wahrheitswidrig. Die Bezeichnung als "Ekel-Schulleiter" erfüllt den Tatbestand der Beleidigung und ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung, auch von der Pressefreiheit, nicht gedeckt. Handelt "BILD" der einstweiligen Verfügung zuwider, steht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro im Raum. Co-Verteidiger Kreissl hierzu: Wieder einmal verstößt dieses Blatt gegen ethische Standards. "Ekel ist eine Emotion". Einen Menschen als "Ekel-Schulleiter" zu bezeichnen, stellt hingegen eine ganz gezielte Beleidigung dar, die sich niemand — auch nicht unser Mandant — gefallen lassen muss". Welche strafrechtliche Schuld er auf sich genommen hat, stellt das Gericht im Verfahren fest, so Rechtsanwältin Vogeler."
Auf OSTHESSEN|NEWS-Anfrage teilte die Pressestelle der Bild-Zeitung am Montag dazu Folgendes mit: "Nach Zustellung der Unterlassungsverfügung und Einsicht in die Antragsschrift werden wir die Einlegung von Rechtsmitteln prüfen. Einen Widerspruch behalten wir uns grundsätzlich vor."
Fotos: O|N-Archiv Jonas Wenzel