Aufführung im Schlosstheater

Ballett "Der Nussknacker": Mit dem Prinzen in den Winterwald

Clara und der Nussknacker
Fotos: Privat

24.12.2022 / FULDA - Der ‚Nussknacker‘ ist das Ballett für die Weihnachtszeit, und meistens auch eines der ersten Ballette, das tanzbegeisterte Kinder sehen. Kein Wunder, dass die Ballettschule La Danse sich gerade dieses Stück für ihre Aufführung kurz vor Heiligabend ausgesucht hat. Man kann davor nur den Hut ziehen, denn das ist in jeder Beziehung eine Herausforderung.


Faszinierende Musik, banales Libretto

Gefühlt waren alle Schülerinnen (und Schüler, von denen es aber deutlich weniger gibt), mit von der Partie – und genau das macht eine gute Aufführung einer Ballettschule ja aus. Wenn man das ganze Jahr trainiert und hart arbeitet, dann möchte man auch auf der Bühne stehen und sich seinen Applaus abholen. Ich bin sicher, alle auf der Bühne und im Zuschauerraum kamen auf ihre Kosten. Dieser ‚Nussknacker‘ war genau das Amüsier-Spektakel, als dass er ursprünglich einmal geschrieben wurde.

Drei Ballette hat Tschaikowsky komponiert – das unsterbliche ‚Schwanensee‘, das romantische ‚Dornröschen‘ und das Märchenballett ‚Der Nussknacker‘. Der gilt als das schwächste der drei, was am recht ausdrucksarmen Libretto liegt. Grundlage ist nämlich nicht die fantastische Geschichte E.T.A. Hoffmanns, sondern die eher süßlich-softe Version von Alexandre Dumas – mit der Tschaikowsky wenig anfangen konnte. Bei der Petersburger Uraufführung 1892 hagelte es Kritik. Umso berührender und faszinierender aber ist die Musik, die uns bis heute in ihren Bann zieht. Der Beliebtheit des Balletts hat das Libretto nicht im Weg gestanden.

Ab in den Winterwald und zum Zuckerschloss

So entfaltet sich die Geschichte vom Weihnachtsabend bei den Stahlbaums, zu dem sich viele Gäste einfinden – zu später Stunde auch Drosselmeier, der Pate der Kinder Clara und Fritz. Er schenkt den beiden einen hölzernen Nussknacker. Nun beginnt die stärkste Phase des Balletts mit Claras Traumnacht, in der ein Nussknacker lebendig wird, Zinnsoldaten gegen den Mäusekönig kämpfen und Clara mit dem Nussknacker-Prinzen in den Winterwald fährt und sich vom Schneeflockenwalzer verzaubern lässt.

Für mein Gefühl könnte das Ballett hier enden, denn der zweite Akt ist doch eine arge Nummern-Revue, in dem es weiter zum Zuckerschloss geht, wo Drosselmeier allerlei Köstlichkeiten kredenzt. Es tanzen Schokolade aus Spanien, Kaffee aus Arabien, Tee aus China, Marzipan aus Frankreich, Toffee aus England und Zuckerstangen aus Russland. Aber es tanzen auch Weihnachtsengel, Rohrflöten, Blumen und Marienkäfer, und Mutter Gingers Marionetten. Die tänzerische und dramatische Krönung ist der Grand Pas de deux der Zuckerfee und des Nussknacker-Prinzen.

Aufwendige Inszenierung

Klar, dass eine Tanzschule nicht die Choreographie der Petersburger übernimmt, sie muss vereinfachen. Jan-Andreas Hönscher, der Leiter von La Danse, hat das auf kluge und behutsame Weise hinbekommen, und gleich selbst die männlichen Solistenrollen von Drosselmeier bis Nussknacker-Prinz übernommen. Das war natürlich gut, herausheben aber möchte ich die drei Solistinnen: Laura Pappert in der Rolle der Clara, Saskia Farr als Schneekönigin und Sandra Vogel-Mader als Grand Pas de deux-Ballerina. Sie zeigten Anmut, Technik und Ausdruckskraft – das war wirklich begeisternd. Alle tanzten diese Rollen auch schon in früheren ‚Nussknacker‘-Aufführungen der Tanzschule.

Das Bühnenbild war stimmig, ganz besonders prachtvoll und liebevoll ausgesucht waren die Kostüme – der ‚Nussknacker‘ verlangt viele, und sehr unterschiedliche. Kleine und große Ballerina-Herzen schlugen da höher, im Saal genauso wie auf der Bühne. Der Niedlichkeits-Faktor war in den Szenen mit den jüngeren Kindern naturgemäß besonders hoch, genauso auch der Beifall. Es war herzerwärmend zu sehen, mit wieviel Freude und Begeisterung alle Mitwirkenden bei der Sache waren. Das war ein Abend, der richtig Lust aufs Tanzen machte. Das Publikum feierte Inszenierung und Aufführende mit Beifallsstürmen – jetzt kann Weihnachten kommen! (Jutta Hamberger) +++

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