Hessen entgegen dem Bundestrend

Geldautomatensprengung in Osthessen zurückgegangen

Die Geldautomatensprengung bei der VR-Bank in Bebra im November.
Archivfotos: O|N/Luisa Diegel / Henrik Schmitt

07.12.2022 / REGION - Erst vor knapp vier Wochen kam es in Bebra (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) wieder zu einer Geldautomatensprengung. Das Ausmaß durch die Tat beim VR-Bankverein war immens. Für mehrere Tage musste die Bank geschlossen werden und benötigt nun größere Renovierungsarbeiten. Doch wie haben sich die Taten in Osthessen in diesem Jahr allgemein entwickelt? OSTHESSEN|NEWS hat beim Hessischen Innenministerium nachgehakt.



"Von den Geldautomatensprengungen sind alle sieben hessischen Polizeipräsidien (PP) betroffen, wobei die meisten Fälle im Zuständigkeitsbereich des PP Nordhessen (acht), des PP Mittelhessen (sieben) und des PP Westhessen (sechs) registriert wurden. Im PP Osthessen wurden bis dato fünf (Vergleichszeitraum 2021: sechs) Taten begangen. Dadurch, dass der Aktionsradius der Täter zumeist überregional ist, wird regelmäßig auch ein Zusammenhang mit Taten, die in anderen Bundesländer begangen wurden, geprüft", erklärt das Innenministerium auf O|N-Anfrage.

Die erste Automatensprengung in Osthessen war im Februar bei einer SB-Fillale der Sparkasse in Bebra. Danach folgten drei Taten im Vogelsbergkreis - zunächst im März, wo es zu einer Sprengung im Schwalmtaler Ortsteil Brauerschwend kam, wenige Tage später folgte im Homberger Ortsteil Ober-Ofleiden eine Sprengung. Die letzte Tat im Vogelsberg gab es dann im Oktober in einem Homberger Rewe-Markt. Im November gab es dann erneut eine Sprengung in Bebra - dort war die Filiale des VR-Bankvereins betroffen.

Zumeist agieren die Täter laut dem Innenministerium mit hochmotorisierten Fahrzeugen, dabei komme es ihnen vordergründig darauf an, von den Autobahnen aus schnell erreichbare Tatorte anzufahren und nach der Tat schnell zu flüchten. Ein lokaler oder regionaler Schwerpunkt der Tatbegehungen innerhalb von Hessen lässt sich nicht ableiten. 

Große Gefahr durch Sprengungen gegeben

Dabei hinterlassen die Täter oftmals an den Tatorten eine große Verwüstung: "Inzwischen nutzen die Täter in rund 80 Prozent der Geldautomatensprengungen feste Explosivstoffe in unterschiedlicher Zusammensetzung. Dies birgt insbesondere dann eine hohe Gefahr, wenn sich die gesprengten Geldautomaten in einem sogenannten Mischgebäude (kombiniertes Wohn- und Geschäftshaus) beziehungsweise in der Nähe von Wohnhäusern befinden. Oft ist es nur vom Zufall abhängig, dass bei diesen Sprengungen keine unbeteiligten Passanten oder Anwohner verletzt oder gar getötet werden", so das Innenministerium weiter.

Bundesweit verzeichnete das Bundeskriminalamt 414 Geldautomatensprengungen im Jahr 2020 und 392 Taten im Jahr 2021. Dies sind die höchsten Fallzahlen seit Aufnahme dieses Deliktes in die Polizeilichen Kriminalstatistik im Jahre 2005. Dieser Trend setzt sich in großen Teilen der Bundesrepublik auch im Jahr 2022 fort. In Hessen gab es im laufenden Jahr bisher 36 Fälle von Automatensprengungen (Vorjahreszeitraum: 48 Fälle). Dies bedeutet aktuell einen Rückgang von rund ein Viertel der Sprengungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Diebstahlsumme ist um rund 50 Prozent gesunken und liegt im laufenden Kalenderjahr 2022 bei rund 1,2 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum: 2,4 Millionen). Hinzu kommet allerdings ein Anstieg bei den Sachschäden auf mehr als 4,3 Millionen Euro.

50 Tatverdächtige bisher ermittelt und 20 rechtskräftig verurteilt

Bereits seit 2019 gibt es in Hessen eine eigens zur Bekämpfung von Geldautomatensprengungen eingerichtete Ermittlungsgruppe. Durch intensive Ermittlungen ist es seither dem Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) gelungen, insgesamt mehr als 50 Tatverdächtige zu ermitteln. 20 Personen konnten bislang rechtskräftig verurteilt werden. Nach dem Anstieg von Sprengungen in Hessen wurden die Bemühungen durch die Gründung der Besonderen Aufbauorganisation (BAO Effectus) im Hessischen Landeskriminalamt intensiviert.

"In der Gesamtheit der Betrachtung aller vorhandenen Präventionsmittel ist beispielsweise der Nachtverschluss eines von sieben möglichen Präventionsmitteln, die innerhalb eines Arbeitskreises 'Gemeinsam zum Schutz von Geldausgabeautomaten' erarbeitet und einvernehmlich als gut und sinnvoll befunden wurden", bilanziert das Innenministerium. Durch einen klugen Maßnahmen-Mix samt passgenauer Kombinationen der verschiedenen Präventionsmittel kann das Risiko von Geldautomatensprengungen erheblich gesenkt werden. Hierzu stehen die Sicherheitsbehörden mit den Kreditinstituten in diesem Arbeitskreis in einem regelmäßigen Austausch.

"Die gemeinsame Anstrengung von Politik, Polizei und Bankenwirtschaft in Hessen zeigt einen effektiven und vor allen Dingen effizienten Weg auf, um wirkungsvolle allgemein- und insbesondere individualpräventive Maßnahmen zu ergreifen. Durch individuelle Risikoanalysen und die Erarbeitung passgenauer Maßnahmenkonzepte sind wir davon überzeugt, einen wesentlichen positiven Einfluss auf die Fallzahlenentwicklung in Hessen zu nehmen", heißt es abschließend vom Innenministerium. (Kevin Kunze)+++

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