"Bin halt Fußballer durch und durch"

Schiri Felix Berger (27) holt die Kumpels - Joshua und der fehlende Stutzen

Schiedsrichterkollegen und dicke Kumpels: Joshua Herbert, Felix Berger und Markus Bengelsdorff (von links)
Foto: Henry Mohr

06.12.2022 / GIEßEN - "Ich bin halt Fußballer durch und durch", sagt Schiedsrichter Felix Berger (27) über sich selbst. Am Samstag sollte er das Hessenligaspiel zwischen dem FC Gießen und dem SV Neuhof pfeifen. Wie für das hessische Oberhaus üblich im Gespann. Doch seine beiden Assistenten stecken im Stau und informieren Berger kurz vor dem geplanten Anpfiff, dass sie nicht pünktlich ankommen.



Die Herausforderung: Auf dem A-Platz im Waldstadion gibt es kein Flutlicht. Der Anpfiff war für 14 Uhr geplant, viel Verzögerung war wegen der Dunkelheit nicht möglich. Was tun? Abwarten und Tee trinken ist nicht die Sache von Felix Berger. Er wollte das Spiel unbedingt durchziehen. Er weiß, was alles im Umfeld dranhängt. Für die Spieler, für die Vereine und die Fans.

"Zur Not hätte ich das Spiel auch allein getrillert"

"Zur Not hätte ich das Spiel auch allein getrillert und mir vorher das okay vom Alex (Bär) und Daniyel (Cimen) geholt", sagt der junge Mann. Übrigens: Felix Berger kennt die Namen aller Spieler und Verantwortlichen. Das gehört zu seiner Vorbereitung, wie er vor einiger Zeit in einem Interview der Werra-Rundschau verraten hat. Beruflich ist Berger Inhaber von Autoteile B. Schmitt in Bebra und während der Woche entsprechend eingespannt.

Fußball ist seine zweite große Leidenschaft. Er pfeift für den TSV Herleshausen und hat eine vorbildliche Einstellung: "Ich möchte möglichst 22 Freunde auf dem Platz. Das gelingt mir meistens", sagt Berger. Seine freundliche und kommunikative Art bringt ihm Respekt und Anerkennung. Und so ist eine kurzfristige Absage des Spiels in Gießen keine Option. Ihm kam eine Idee. "Ich wusste, dass Joshua in Gießen ist. Zusammen mit Markus war er bei der Weihnachtsfeier einer Versicherung. Joshua ist auch mein Versicherungsberater", sagt Berger im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Die drei Schiedsrichter kennen sich aus gemeinsamen Zeiten in der Fußball-Regionalliga, sind gute Kumpels.

Ein Anruf bei Markus Bengelsdorff (TSV Eintracht Stadtallendorf) und Joshua Herbert (Gotthards), rein ins Auto und die beiden Jungs abgeholt. Sie haben sofort zugesagt, schnell die passenden Klamotten zusammengepackt. Mit zehn Minuten Verspätung pfeifen sie die Hessenligapartie an. "Wir haben im 2008er-Trikot gepfiffen. Markus hatte für Joshua ein Ersatztrikot parat", sagt Berger. Und sie hatten Spaß dabei. "Joshua ist mit einem Stutzen gelaufen, weil das Gummi in dem anderen Stutzen nicht mehr drin war", sagt Berger. Egal, auch die Zuschauer hatten dabei ihre Freude.

Eine überragende Leistung: Chapeau

Unter den Zuschauern war auch Kreisfußballwart Henry Mohr. Er postete am Montag einen Beitrag auf seiner Facebook-Seite. "Heute mit Horst Hilgardt im Gießener Waldstadion zu Besuch. Der FC Gießen siegte hoch überlegen gegen den SV Neuhof mit 6:1. Mit zehnminütiger Verspätung konnte das hochrangige Gespann dann das Spiel beginnen und das mit einer überragenden Leistung leiten. Chapeau!", schreibt Mohr. Ein Schiedsrichtergespann mit dreifacher Regionalligaerfahrung gab es auch in der Hessenliga bislang eher nicht.

Felix Berger freute sich nach der Partie übrigens auch über die Begegnung mit Pascal Nagel. Der ehemalige Keeper vom SV Neuhof spielt mittlerweile beim ESV Weiterode und Berger pfiff vor wenigen Wochen die Kreisoberliga-Partie von Weiterode und der SG Niederaula/Kerspenhausen. "Er ist auch Torwarttrainer in Neuhof. Es ist schön, wenn man sich sieht und miteinander bei einem Getränk unterhält", sagt Berger. "Das liebe ich am Fußball", sagt Felix Berger. Es sind die Geschichten voller Herz, Leidenschaft und Miteinander, die den echten Fußball in Wahrheit zur schönsten Nebensache machen. (Hans-Hubertus Braune) +++

Das Waldstadion in Gießen

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