Osthessens größte Sporttalente
Marie Voth: In DFB-Auswahl angekommen, Wechsel nach Frankfurt steht bevor
Marie Voth in DFB-Trikot
Foto: privat
08.12.2022 / FULDA -
Mag sein, dass Marie Voth ihr Talent in die Wiege gelegt bekam. Schließlich stammt sie aus einer Sportfamilie. Mag aber auch sein - und dafür spricht vieles - dass sich die 15-Jährige selbst ihren Weg freischlägt. Sie kickt nicht nur für die Jungs der U15 der SG Barockstadt in der Hessenliga, gehört nicht nur den B-Juniorinnen des Hessenliga-Spitzenteams Gläserzell/Pilgerzell an - Marie darf sich auch DFB- Nationalspielerin nennen. Folgerichtig kündigt sich der Wechsel ins Internat des Bundesligisten Eintracht Frankfurt an.
Wenn Marie Voth dies liest, hat sie soeben ihren vierten DFB-Lehrgang hinter sich. Friederike Kromp, die auch die U20 kürzlich bei der WM in Indien coachte, fungierte als Trainerin. Im Dezember vergangenen Jahres war Marie mit der U15 in Belgien unterwegs, im Frühsommer 2022 in Ungarn. Hinzu kam ein Lehrgang mit der U16, zwei Länderspiel-Einsätze gegen Norwegen inbegriffen. Doch die 15-Jährige, die intelligent, bodenständig und irgendwie schon so wirkt, als stände sie mit beiden Beinen im Leben, sagt nur: "Ich bin stolz auf mich. Ich hoffe, dass ich es bis zur U21 schaffe. Es ist nur ein kleiner Schritt bis zum großen Ziel."
Als Achtjährige beginnt ihre Sport-Leidenschaft
Als Achtjährige begann sie, ihre Sport-Leidenschaft zu entdecken. Bei einem TAG-Test in Klasse zwei schälte sich ihr Talent heraus - und sie stand vor der Wahl: Fußball oder Schwimmen? Zunächst machte sie beides parallel. Marie schwamm drei Jahre bei den Wasserfreunden, kennt heute noch viele der sich mehr oder weniger auflösenden Leistungsgruppe - und eng war sie mit Malin Bednarek. Doch Marie kickte auch. Und wie. Langsam, aber allmählich entwickelte sich die Hingabe zum Fußball. "Sie kann nicht ohne Ball. In der Pause hat sie mit den Jungs gekickt. Da wusste ich: Fußball ist es", sagt ihre Mutter Irina voller Stolz.
"Mein Nachbar hat mich hier immer abgeholt", erzählt Marie. Hier, das ist Sickels. Und dort fing sie auch im Verein an, erste Trainer waren Rick Biertümpel und Horst Müller. Nächste Station war der RSV Margretenhaun. Dem schloss sich die SG Barockstadt an, wo sie sich seit vier Jahren engagiert.
"Wenn ich mit Jungs spiele, lerne ich Dynamik und Körpereinsatz"
Für Mädchen ist es vorteilhaft, mit Jungs zu kicken. Das sieht auch Marie so. "Wenn ich länger mit Jungs spiele", bemerkt sie, "kann ich Dynamik und Körpereinsatz lernen." Das könnte sie bis zum Ende der B-Jugend. Doch da tut sich noch ein anderes Fenster auf. Marie Voth steht im Team der B-Juniorinnen der MSG Gläserzell/Pilgerzell. Die spielen in der Hessenliga und sind gegenwärtig Zweite - am Sonntag steht das Spitzenspiel gegen Wetzlar an (11 Uhr, in Gläserzell). Sascha Auel, Nachwuchstrainer auch auf regionaler Auswahlebene, holte sie hierher.
Eine Einschätzung aber gebührt dem aktuellen MSG-Coach Lukas Romeis. "Auch wenn Marie ab und zu unterwegs ist: Sie ist immer motiviert." Eine Begebenheit fällt dem Dietershaner auf Anhieb ein. "Im Spiel gegen Dorteweil sagte sie in der Pause, es stand 2:2, zu mir: Stell mich in den Sturm. Wir gewannen 3:2. Marie schoss das Siegtor." Romeis ist noch etwas wichtig. "Wir sind froh, dass sich die Mädchen, die häufig im Einsatz sind, Pausen nehmen." Müßig fast zu erwähnen, dass Marie Voth sämtliche Auswahlteams durchlief. Im Fuldaer DFB-Stützpunkt ist sie, gehört der Regional- und Hessenauswahl an - und seit geraumer Zeit dem DFB-Kader.
Sehr gute Schülerin, verantwortlich und zielstrebig
Doch die Entwicklung der Persönlichkeit ist mindestens ebenso wichtig wie der Sport. Marie gilt als sehr gute Schülerin, sie besucht die Freiherr-vom-Stein-Schule. "Sie ist hilfsbereit und fühlt sich verantwortlich", bekommt die Mutter fast strahlende Augen. Und die 15-Jährige scheint schon jetzt zu wissen, was sie will. "Erst Abitur machen. Und ich interessiere mich für Sportpsychologie und -physiologie. Wie das Gehirn funktioniert. Und dadurch der Körper. Wie die Charaktereigenschaften sind."
Was sie verbessern muss, weiß sie auch. "Auf dem Spielfeld könnte ich lauter werden." Und sich ein Beispiel an Jim Assel nehmen, dem Kapitän von Barockstadts U15. "Dabei bin ich zwar etwas zurückhaltend, aber eigentlich eine aktive Person. Bin ich im Freundeskreis, bin ich eher offen oder extrovertiert." Marie Voth ist nicht nur technisch stark und sprüht vor Ehrgeiz, sie besitzt eine gute Spiel-Orientierung und ist flexibel einsetzbar. Marie sieht sich als Allrounderin: Bei den Jungs spielt sie rechts hinten, bei den Mädchen im Sturm oder auf der Sechser-Position, in der Hessenauswahl rechts oder links auf den Flügeln - und im DFB-Team auf der Sechs.
Im neuen Jahr: Trainingslager in Spanien, Turnier in Portugal
Viele Medaillen und Plaketten schmücken ihr Zimmer. Beim Fuldaer Mini-Marathon machte sie fünfmal erfolgreich mit, auch Ballett erlernte sie. Wichtige Grundlagen. Doch erreicht hat die 15-Jährige noch nichts. "Nächstes Jahr habe ich vor, ins Internat zu gehen. Im Januar sagen die Bescheid". Die, das ist Eintracht Frankfurt. In die U17 oder die zweite Frauen-Mannschaft will sie. "Dass ich wechsele, ist sicher." Schließlich stehen im neuen Jahr verheißungsvolle Aufgaben an. Dort, wo andere Urlaub machen: für den Januar ist ein Trainingslager in Spanien geplant, im Februar ein Turnier in Portugal. Und eines scheint sicher: Marie Voth schlägt sich ihren Weg frei. (wk)
Zur Person
MARIE VOTH hat vier Geschwister: Julia (31), Alexandra (20), Michael (11) und Aydan (7). Ihre Eltern stammen aus Sibirien, Mutter Irina aus Tscheljabinsk, Vater Alexej aus Omsk. In den 1990er-Jahren siedelten sie nach Deutschland über. Maries Eltern waren einst sehr gute Skilangläufer in Russland, ihr Opa Wjatscheslaw bestritt zehn Marathonläufe. Marie wächst zweisprachig auf, russisch und deutsch. Englisch hat sie natürlich in petto, Spanisch möchte sie schnellstmöglich lernen. +++