50 neue Flüchtlinge pro Woche

Landkreis-Chef spricht Klartext: "Wir fordern kommunale Flüchtlingsgrenze!"

Der Fuldaer Landrat Bernd Woide fordert eine gerechte Verteilung von Geflüchteten in der EU.
Fotos: Hendrik Urbin

03.12.2022 / REGION FD - Ob Wohnraum, Ehrenamtler oder Solidarität - die Kapazitäten im Landkreis Fulda sind erschöpft. Rund 4.000 Flüchtlinge sind in der Region bereits gemeldet. Tendenz steigend. Die Lage sei aber bereits jetzt nicht mehr stemmbar. Wo führt das noch hin?



Landrat Bernd Woide und Heiko Stolz (Bürgermeister von Neuhof und Vorsitzender der Bürgermeisterkreisversammlung), sprechen im OSTHESSEN|NEWS-Interview Klartext: "Wir stehen mit dem Rücken an der Wand. Der Bund muss jetzt handeln." 

Pro Woche werden dem Landkreis Fulda etwa 50 bis 60 Personen zugewiesen. "Davon kommen circa zehn aus der Ukraine. Die anderen lebten zuvor hauptsächlich in Syrien, Afghanistan, der Türkei und dem Irak", erklärt der Landkreis-Chef. "Dabei sind bereits jetzt 4.152 Flüchtlinge (Stand 30. November 2022) im Landkreis Fulda gemeldet." Das sei umgerechnet eine kleinere Kommune "on top, für die alles organisiert werden muss: Lebensunterhalt, Wohnraum, ärztliche Versorgung, Kinderbetreuung, Schule, soziale Betreuung, Integration in Vereinen." 

"Das schönste Gesetz ist nichts wert, wenn man es nicht vernünftig vollziehen kann"

"Eine völlige Überlastung des Systems", so beschreiben die beiden Kommunalpolitiker die derzeitige Situation. Sie fühlen sich vom Bund und auch der EU im Stich gelassen. Derzeit werden die Flüchtlinge an die Länder weitergereicht, dann an die Landkreise und dann an die Kommunen, "und bekanntlich beißen die Letzten die Hunde. Wir wissen nicht mehr weiter, wir finden keine freien Unterkünfte mehr", gibt Stolz offen zu. "Wir fordern eine gerechte Verteilung der Menschen in Europa."

Bürgerhäuser bald belegt?

Zurzeit werden die Geflüchteten in den 26 Gemeinschaftsunterkünften im Landkreis Fulda untergebracht, doch die sind zu 92 Prozent belegt. "Ukrainer werden anteilig in den Städten und Gemeinden des Landkreises untergebracht." Woide und Bürgermeister Stolz betonen: "Wir wollen auf keinen Fall die öffentlichen Liegenschaften wie Bürgerhäuser und Turnhallen belegen", denn das würde den Ausfall von Vereinssport, Seniorennachmittagen, der beliebten Fastnacht und vieles mehr bedeuten. "Deswegen muss der Bund jetzt handeln." 

"Wir fordern und mahnen an!"

Die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine sei eine humanitäre Aufgabe. "Das wissen unsere Bürger und sie bringen sich auch ein. Aber das alles hat Grenzen." Die Botschaft nach Berlin: "Die Menschen hier haben selbst Existenzängste, deswegen dürfen wir sie nicht überfordern. Man muss sie bei den aktuellen Problemen abholen." (Nina Bastian) +++

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