Ein Zeichen für den Naturschutz

Neue Teichanlage bietet nachhaltigen Lebensraum für Bewohner des Waldes

Das neu gestaltete Gebiet soll in Zukuft die Artenvielfalt des Waldes fördern
Fotos: Lea Hohmann

04.12.2022 / SCHLÜCHTERN - Der Klimawandel ist in Deutschland angekommen - das macht sich auch in den osthessischen Wäldern bemerkbar. Witterungsextreme wie lange Dürreperioden, Stürme oder auch in deren Folge verschiedene Borkenkäfer stellen den Forst aktuell vor große Herausforderungen. Der Klimawandel bedroht den uns vertrauten Wald als Lebensraum - und somit auch die gesamte Artenvielfalt. Im Forstamt Schlüchtern hat Förster Siegfried Walz in seinem Revier Weichersbach mit der Unterstützung mehrerer Mitarbeiter, eine neue Teichanlage angelegt, die zahlreichen Arten in Zukunft ein nachhaltiges Habitat bieten wird und das Wasser im Bestand halten soll.


Erst in diesem Jahr hat HessenForst eine neue Naturschutzleitlinie für den hessischen Staatswald in Kraft gesetzt, bei der auch das Thema Wasserrückhalt im Wald eine zentrale Rolle spielt. Mit dem neu gestalteten Gebiet des Forstamtes Schlüchtern stellt Walz bereits jetzt die Weichen für die Zukunft. Der Aspekt des Naturschutzes ist in den vergangenen Jahren im Forst immer mehr in den Vordergrund gerückt. Im etwa 2.500 Hektar großen FloraFaunaHabitat-Gebiet "Nickus-Hoherdin" entsteht auf einer Fläche von circa ein bis zwei Hektar in Zukunft eine neues naturnahes Areal, das der natürlichen Entwicklung überlassen wird.

"Ziel ist es, die Fläche sinnvoll zu nutzen. Die Holzerzeugung wird hier zukünftig in den Hintergrund treten. Im Gebiet sind die vor sechzig Jahren hier angepflanzten Fichten nicht mehr standortgerecht. Im Nachbarbestand sind auch bereits viele Buchen abgestorben", erklärt Walz. Generell mache sich der Klimawandel im Forst in den vergangenen Jahren vermehrt bemerkbar. "Wir müssen von Jahr zu Jahr mehr zufällige Nutzungen durchführen. Geplante Entnahmen von erntereifen Bäumen treten mehr und mehr in den Hintergrund", so der Revierleiter.

Niederschlag im Bestand halten

Bereits vor einigen Jahren hat sich Walz überlegt, die Fläche unterhalb der Günterswiese in der Nähe von Heubach und Oberzell zu renaturieren. "So richtig ins Rollen kam das ganze Projekt jedoch erst im vergangenen Jahr." Vor wenigen Wochen rückte schließlich der Bagger an und legte so den Grundstein für einen neuen, nachhaltigen Lebensraum. "Vor allem in den Sommermonaten können wir den Niederschlag im Bestand halten und mithilfe der Teiche der oft lang anhaltenden Trockenheit entgegenwirken. Der Wald bleibt also trotz hoher Temperaturen feucht und kühl und bietet Rückzugsort und Wasserquelle für die zahlreichen Arten", verdeutlicht Marvin Bender, Funktionsbeauftragter Naturschutz im Forstamt Schlüchtern.

So werden sich in naher Zukunft im neu gestalteten Gebiet nicht nur Amphibien, Libellenarten oder Wildtiere tummeln, sondern vielleicht auch gefährdete Arten, wie der Schwarzstorch oder die Gelbbauchunke, wieder Heimat finden. "So können wir den Lebensraum zahlreicher Tiere nachhaltig schützen und erhalten", so Bender. Auch für den Biber könnte die Fläche in Zukunft von Bedeutung sein. Einige Kilometer entfernt haben sich die Nagetiere bereits selbst ein Habitat gebaut. "Das Bibervorkommen ist gerade in unseren Revieren eine Besonderheit", betont Walz.

Erhalt der biologischen Vielfalt

Die Entscheidung, das Gebiet der Natur zu überlassen, haben die Verantwortlichen freiwillig getroffen. Im Forstamt Schlüchtern ist die Maßnahme ein großes und vor allem bedeutsames Projekt. "Das Thema Naturschutz und vor allem auch der Schutz der Arten liegt uns sehr am Herzen. Es geht nicht immer nur um wirtschaftliche Aspekte, sondern in erster Linie auch um den Erhalt der biologischen Vielfalt", betonen Bender und Walz. Die Gestaltung der Teichanlage steht dabei voll und ganz unter dem Stichwort Renaturierung, also der Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen." Jeder der Teiche ist individuell gestaltet und orientiert sich an naturnahen Formen. So besitzt jedes der Gewässer beispielsweise eine andere Tiefe, sodass man dem Anspruch der verschiedensten Arten an ihren Lebensraum gerecht werden kann", erklärt Walz.

Trend zur naturnahen Waldbewirtschaftung

Und die neue Teichanlage wird definitiv nicht das letzte Projekt im Sinne des Naturschutzes sein: "In den kommenden Jahren sind weitere Renaturierungsmaßnahmen geplant - beispielsweise die Wiederherstellung von Mooren durch Schließen alter Entwässerungsgräben oder durch Freistellen von alten Steinbrüchwänden", meint Bender. Mit der naturnahen Teichanlage macht sich das Forstamt Schlüchtern jedoch bereits jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auf zu neuen Ufern und setzt somit ein klares Zeichen für den Trend hin zur naturnahen Waldbewirtschaftung.

Das Forstamt Schlüchtern erstreckt sich vom hohen Vogelsberg über das Kinzigtal bis hin zum Spessart und an die Ausläufer der Rhön und beherbergt insgesamt 46 Naturschutzgebiete – so viele wie kein anderes in Hessen. Für viele Arten hat das Forstamt Artenpatenschaften übernommen, um diese mit gezielten Maßnahmen zu fördern. (Lea Hohmann) +++

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