Debatte um Windräder im Forst

Untersuchungen bestätigen: "Gieseler Wald ist Biodiversitätsschwerpunkt"

Im vergangenen Sommer entnahm der Naturschützer bei einem gemeinsamen Ausflug mit O|N mehrere Proben
Archivfotos: O|N/Lea Hohmann

18.11.2022 / GROßENLÜDER - Bereits vor einigen Monaten begleiteten wir Lothar Herzig bei einem kleinen Ausflug durch den Gieseler Wald (O|N berichtete). Der Naturschützer beschäftigt sich seit Jahren mit der Beheimatung diverser Fledermausarten. Schon im Juni dieses Jahres konstatierte er, dass das Gebiet nicht nur Standort zahlreicher heimischer Laub- und Nadelbäume, sondern auch Heimat seltener Fledermausarten sei.


In dem rund 250 Hektar großen Gebiet zwischen Kleinlüder und Oberrode soll in den kommenden Jahren ein Windpark entstehen. Laut dem Naturschützer ist das Gebiet Heimat zahlreicher Arten, die als unbedingt schützenswert klassifiziert seien. Jetzt liegen gesicherte Ergebnisse, der im Juni entnommenen Kotproben vor. 

Die Universität Trier unter der Leitung von Prof. Dr. Veith bestätigte kürzlich anhand genetischer Untersuchungen, dass auf der betroffenen Fläche die Fledermausarten Bechsteinfledermaus und Fransenfledermaus vorkommen. Zudem zeichneten die als Fledermausspezialisten bekannten Brüder Lothar und Gerold Herzig im betroffenen Waldgebiet einige Nächte hindurch Fledermauslaute auf und konnten durch deren Analysen die Anwesenheit weiterer gesetzlich streng geschützter Fledermausarten ermitteln.

Über sieben Fledermausarten nachgewiesen

Somit wurden allein während der Fortpflanzungszeit 2022 im betroffenen Waldgebiet sechs verschiedene Fledermausarten nachgewiesen. Unter anderem besitzt beispielsweise die Fransenfledermaus eine seit vielen Jahren ansässige Wochenstube als regional bedeutsames Vorkommen mit derzeit ca. 20 Tieren. "Hierbei handelt es sich um die einzige bekannte Wochenstube dieser Art im Kreis Fulda, deren Fortpflanzungsgebiet durch die Errichtung der geplanten Windenergieanlagen aufgrund von Quartier- und Lebensraumverlusten massiv bedroht würde", betont Herzig im Gespräch mit O|N

"Der Gieseler Wald ist ohne Frage ein Biodiversitätsschwerpunkt. Hier leben zahlreiche Tierarten, von denen einige stark bedroht sind. In diesem Gebiet Windenergieanlagen zu errichten, würde den Wald zerstören", so der Naturschützer. Zudem müsse man bedenken, dass es sich bei den Untersuchungen lediglich um Stichproben handle. "Würde hier noch weiter untersucht werden, würde man sicherlich auf mindestens 3-4 weitere Arten stoßen", ist sich Herzig sicher.

Heimat zahlreicher bedrohter Arten

Seit einigen Jahren sind im Gebiet auch regelmäßig Tiere der europaweit geschützten Urwaldart "Bechsteinfledermaus" anwesend. Das Vorkommen dieser bedeutenden Fledermausart im Gebiet deute auf den Teillebensraum einer bisher noch unbekannten Kolonie im näheren Umfeld hin. "Wir tragen für die Bechsteinfledermaus eine besondere Verantwortung, da die Art europaweit stark bedroht ist und nur in Mitteleuropa vorkommt."

"In den vergangenen 40 Jahren wurden lediglich zwei Fortpflanzungsquartiere dieser Art im gesamten Kreisgebiet Fuldas bekannt. Der Status dieser europaweit geschützten Art im betroffenen Gebiet sollte dringend geklärt werden", fordert der Naturschützer. Auch das Vorkommen des "Großen Abendseglers", welcher als eine hochgradig durch Rotorblätter gefährdete langstreckenziehende Art bezeichnet wird, wurde im Gieseler Forst nachgewiesen. Ähnlich verhält es sich mit der im Gebiet nachgewiesenenZwergfledermaus. Die Art gehört ebenso wie der Abendsegler zu den schlag gefährdeten Fledermäusen.

"Müssen auf Problematik aufmerksam machen"

Zu den nachgewiesenen Arten gehören außerdem die Rauhhautfledermaus sowie die Bartfledermaus. Während einer Detektorbegehung im Jahr 2015 konnte ergänzend bereits die Langohrfledermaus beobachtet werden. Die Anzahl von insgesamt sieben Fledermausarten entspricht somit der Artendiversität der beiden Waldschutzgebiete Schönbuche und Himmelsberg. "Hinweise auf Fledermaus- und Vogelvorkommen in dem Gebiet wurden bereits veröffentlicht und liegen dem hessischen Regierungspräsidium bereits seit dem 15. Mai 2015 vor", betont Herzig, der der Meinung ist, dass im Themenfeld Fledermäuse und Windkraft im Wald noch immer erheblicher Forschungsbedarf besteht. Der NABU sowie die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz sind aus artenschutzrechtlichen Gründen gegen die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald.

"Fläche würde letztlich komplett zerstört"

Die Ergebnisse möchte Herzig nun zeitnah dem Regierungspräsidium vorstellen. "Wir müssen darauf aufmerksam machen, welche Problematik besteht, wenn man auf dieser Fläche Windenergieanlagen errichtet." Dabei stellt laut dem Experten auch der Eingriff in die Bodenstruktur bei Errichtung der Fundamente für die Anlagen eine immense Belastung dar. "Auf diese Weise wird auch in den Lebensraum zahlreicher Arten eingegriffen, die so nach und nach ihr Habitat verlieren", meint der Naturschützer, der fundierte Aussagen und Untersuchungen erwartet, um diesen Eingriff zu verhindern. "Wir wissen aktuell auch nicht, wie andere Lebewesen, zum Beispiel Vögel, Amphibien oder auch Pilze, auf diesen Eingriff reagieren. Hinzu kommt die Bodenverdichtung durch die schweren Maschinen." Zudem würde das Errichten der Windenergieanlagen den Wald öffnen und ihn so anfälliger für Windwurf machen. "So wird die Fläche letztlich komplett zerstört", so Herzig.

Das Ende des Gieseler Waldes?

"Den Folgewirkungen dieses Eingriffs wird leider noch immer zu wenig Beachtung geschenkt. Das Errichten von Windenergieanlagen im Gieseler Forst würde das Ende dieses Waldes bedeuten", resümiert Herzig abschließend. (Lea Hohmann) +++





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