Vom Souvenirshop zum Eis.de-Lieferanten

Rhöwa: Am Fuße der Wasserkuppe steht Osthessens letzte Kerzenfabrik

Einst Giganten wie Eika und Gies ihre Heimat in der Region. Geblieben ist einzig die Kerzenfabrik Rhöwa aus Gersfeld, geführt durch Matthias Mattern.
Fotos: Carina Jirsch

27.11.2022 / GERSFELD (RHÖN) - Viel ist nicht mehr geblieben vom einstigen Leuchtturm der Kerzenindustrie - fort sind die meisten Produzenten aus Osthessen. Einzig die Kerzenfabrik Rhöwa aus Gersfeld besteht fort, geführt von Matthias Mattern. 


Und dabei hatten einst Giganten wie Eika und Gies ihre Heimat in der Region. Eika, einer der größten Kerzenhersteller Europas, schloss jedoch 2015 seine Tore. Grund: Insolvenz. Gies Kerzen verlagerte bereits Ende der 80er Jahre nach mehreren Fusionen und Übernahmen die Produktion in die Metropolregion Hamburg, schloss das Werk in Fulda.

"Im Vergleich hierzu sind wir natürlich klein, aber das ist vielleicht unser Glück", sagt Mattern. Bei ihm läuft die gesamte Produktion auch heute noch von Hand. "Wir sind ein Spezialbetrieb, wenn man es so möchte." Besondere Formen oder auch Duftkerzen lassen sich bis heute noch nur in Handarbeit herstellen, diese Nische bedient Rhöwa. 

Rhönschaf, Radom und gelbe Tonne - Matterns Kreationen könnten kaum vielfältiger sein

Gelernt hat Mattern den Job von seinem Vater. Die Familie betrieb damals einen Souvenirshop an der Wasserkuppe, in dem nach und nach auch immer mehr eigenproduzierte Kerzen feilgeboten wurden. "Vor jetzt mehr als 30 Jahren habe ich mich dann losgelöst und die Fabrik in Gersfeld aufgebaut", sagt Mattern.

Heute beliefert er Kunden in ganz Deutschland, selbst in Österreich sitzen einige seiner Abnehmer. "Vor einigen Jahren konnten wir dann den Erotikgiganten Eis als Partner gewinnen". Für ihn produziert Mattern Massagekerzen, vor einiger Zeit gehörten auch noch SM-Kerzen zum Repertoire.

"Besonders stolz bin ich aber auf unsere eigenen Kreationen, wie etwa das Rhönschaf, das Radom oder eben die Gelbe Tonne", sagt Mattern. Als skurrilstes Produkt hebt der erfahrene Handwerker seine blutende Kerze hervor. Von außen schwarz, färbt das beim Brennen herablaufende Wachs die Kerze nach und nach rot. Ein echter Hingucker. 

Hochsaison: Zur Weihnachtszeit ist der Werksladen in Gersfeld gut besucht

Auch der an die Fabrik angeschlossene Werksladen brummt. Im Weihnachtsgeschäft geben sich Kunden die Klinke geradezu in die Hand. Ständig geht die Eingangsklingel während des Interviews. "Die Weihnachtszeit ist für uns Hauptsaison", sagt Mattern. "Viele kaufen bei uns Deko für die eigene Wohnung oder Geschenke für die anderer."

Seit Kurzem hat er auch Besichtigungen im Angebot, Gruppen ab zehn Personen lässt er am Herstellungsprozess teilhaben und sich auch selbst beim Gießen einer Kerze versuchen. "Manchmal sind es Busreisen, Kindergruppen oder Familien, die sich mal anschauen möchten, wie das funktioniert", sagt Mattern. 

Kerzen Made in Osthessen. Vielleicht der "Geheimtipp" zu Weihnachten? Mattern ist jedenfalls zufrieden, sein Geschäft läuft und erweckt Interesse aus nah und fern. (Moritz Bindewald) +++

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