Treffsichere Schwestern Lea und Maja Ruppel

Hessenliga, Bundesliga, Nationalmannschaft

Maja und Lea Ruppel
Fotos: Goa

09.11.2022 / HERBSTEIN - Zwei Schwestern mischen derzeit mit dem Luftgewehr die Schießsportszene im Vogelsbergkreis und auf höheren Ebenen auf: die 19-jährige Lea Ruppel und ihre erst 15-jährige Schwester Maja aus Herbstein.



Das Kalenderjahr 2022 wird Lea Ruppel sicher so schnell nicht vergessen, soviel stand Ende Oktober bereits fest. Seit einem guten Jahr absolviert sie ein Bachelor-Studium als Polizei-Kommissar-Anwärterin bei der Hessischen Polizei, und sportlich geht bei ihr gerade die Post ab. Aus dem hessischen Landeskader schaffte es die Schützin in die Nationalmannschaft.

Zu Beginn der neuen Saison wechselte sie vom Herbsteiner Ortsteil Lanzenhain als einziger Neuzugang zum Bundesligisten Petersberg - und mit diesem Team steht sie nach vier Wettkämpfen völlig überraschend als einziges verlustpunktfreies Team mit 8:0 Punkten auf Platz 1 der Bundesliga Staffel Nord. Einem mitreißenden Doppelheimwettkampf zum Saisonbeginn in der Kreissporthalle Petersberg folgte kürzlich ein Doppelwettkampfwochenende in Niedersachsen, dessen Siege gegen sehr starke Gegner mit zwei herausragenden Vereinsrekorden gekrönt wurden. "Das war unfassbar, wir hätten ja mit allem gerechnet, aber uns nach dem Vereinsrekord vom Samstag dann am Sonntag ausgerechnet gegen den Deutschen Meister der letzten drei Jahre, Kevelaer, nochmal zu steigern und damit verdient zu gewinnen, das hat alle unsere Vorstellungen gesprengt. Wir waren alle, auch die etwa 15 mitgereisten Fans, außer Rand und Band. Im Team sind auch einige Freudentränen geflossen!", schwärmt Lea auch eine Woche später noch. Diese gegenwärtige Phase dürfte emotional wohl ähnlich aufregend sein wie die Teilnahme an der Junioren-WM in Peru 2021, bei der sie mit dem Team knapp an Bronze vorbeischrammte.

Wichtig ist in Petersberg aber auch das Drumherum: "Wir haben eine super Stimmung im Team und verstehen uns auch im erweiterten Kader blendend. Es macht einfach einen Riesenspaß, und das ist ja gerade bei Auswärtsdoppelwettkämpfen, wo man viel Zeit miteinander verbringt, besonders wichtig." Auf die Frage nach ihren nächsten Zielen muss sie nicht lange überlegen: "Unser Traum wäre nach diesem tollen Saisonbeginn, dass wir uns für das Bundesligafinale Anfang Februar qualifizieren, wo die vier besten Mannschaften der beiden Staffeln antreten werden. Und eine Qualifikation würde ich mir persönlich auch mit dem Luftgewehr für die EM in Tallinn im März wünschen."

Wie es begann...

Papa Jürgen hat früher selbst mal in Herbstein geschossen und ist auch heute noch Mitglied im Schützenverein. Als er 2013 zum Weihnachtsschießen ging, war Lea dabei - von ihren Freundinnen aus Lanzenhain hatte sie bereits vom Sportschießen gehört. Als dann im Sommer 2014 ein Schnuppertag angeboten wurde, funkte es auch bei Lea.

Leas nächste Ziele

Zum Ende des Kalenderjahres steht auch dienstlich noch ein Highlight für Lea an: "Auf das erste Praktikum als Polizeibeamtin im Wechselschichtdienst freue ich mich nach der Theorie im ersten Semester und dem jetzt laufenden polizeilichen Grundlagentraining schon sehr!" Ausgesprochen positiv beschreibt sie die Rahmenbedingungen in der Sportfördergruppe. "Auf unsere Lehrgänge im Bundes- und Landeskader sowie die Meisterschaftstermine wird viel Rücksicht genommen, und wir haben auch innerhalb der Studiengruppe einen fast schon familiären Zusammenhalt und unterstützen uns gegenseitig, wenn jemand abwesenheitsbedingt Stoff verpasst hat. So können Leistungssport und Studium optimal miteinander kombiniert werden."

Vorbild für die jüngere Schwester

Leas beginnender Erfolgsweg beim Sportschießen motivierte vor fünf Jahren ihre vier Jahre jüngere Schwester Maja, es doch auch mal mit dem Luftgewehr zu probieren. Es hat funktioniert: inzwischen ist sie, 15 Jahre jung, mit der ersten Mannschaft des SV Lanzenhain in der Hessenliga angekommen. "Wir sind eine ganz junge Truppe", sagt sie. "Die älteste ist 20". In den bisherigen vier Wettkämpfen gab es zwei Siege und zwei Niederlagen. Majas Einzelergebnisse: 385, 384, 387 und 392 bei einem Einsatz in der Zweiten.

Maja strebt als Saisonziel ein gutes Abschneiden beim Hessenliga-Finale an. "Da wollen wir gerne vorne mit dabei sein, das wäre schon klasse! Und im Hessenkader möchte ich mich weiter etablieren." Neben dem leistungsorientierten Schießen pflegt Maja ein weiteres Hobby: Sie tanzt in der Jugendballettgruppe der Fastnachtsvereinigung Herbstein. Das physisch anspruchsvolle Training kommt natürlich auch dem Schießen zugute.

Warum Sportschießen?

Einig sind sich die beiden Schwestern bei der Frage, was denn für sie so attraktiv am Sportschießen sei. "Körperbeherrschung und die mentale Herausforderung, sich auch unter größter Anspannung im Griff zu haben. Gerade bei einem Finale oder einem Stechen, wo dann jeder einzelne Schuss im direkten Vergleich mit dem Gegner entscheidet, ist das schon absolut außergewöhnlich." Aspekte, die Lea auch als Polizeibeamtin gut wird gebrauchen können.

Maja lässt sich bei der Frage nach einer möglichen beruflichen Orientierung übrigens noch nicht in die Karten schauen. "Das hat ja noch etwas Zeit." Einen Dank richten die beiden treffsicheren jungen Frauen an ihre Eltern Silke und Jürgen, die ja für Maja auch noch die Fahrdienste übernehmen. "Sie sind immer für uns da, das ist echt toll!"

Das sagen die Petersberger Schützen über die "Neue"

OSTHESSEN|NEWS hat bei Michael Döllinger, dem Sportlichen Leiter des Bundesligisten, zu den bisherigen Eindrücken zu Lea nachgefragt.

"Leas Zusage, Teil unseres Bundesliga-Teams zu werden, wurde bei uns in der Mannschaft mit großer Begeisterung aufgenommen. Die meisten unserer Schützinnen und Schützen kannten sie bereits aus dem hessischen Schüler- und Landeskader und wussten, dass sie sowohl menschlich als auch sportlich eine ideale Ergänzung für uns werden kann. Natürlich haben wir gehofft, dass sie ihre bekannt starke Leistung auch bei uns umsetzen kann, aber diese Art von Wettkampf bringt mit dem ungewohnten Modus, dem hochklassigen Feld, dem jubelnden Publikum noch einmal ganz neue Herausforderungen mit sich. Diese hat Lea allerdings hervorragend gemeistert und sich schon nach vier Wettkämpfen mit einem Schnitt von 395,25 im oberen Feld der 1. Bundesliga Nord platziert. In den wenigen Wettkämpfen wurde sie schon mit allen möglichen Situationen konfrontiert - schneller, deutlicher Vorsprung vor ihrem Gegner, über 40 Schuss knappe, sehr hochklassige Wettkämpfe (z.B. gegen Dennis Welsch 397:398) und sogar ein Stechen musste sie schon durchstehen. All diese Situationen hat sie mit Bravour gemeistert und wir glauben, dass mit steigender Bundesliga-Praxis hier noch einige sehr positive Erlebnisse auf uns warten. Mit ihrer ruhigen und entspannten Art hat sie sich wie erwartet perfekt in das Team integriert, so dass sie für die Mannschaft im Grunde schon nicht mehr "die Neue" ist und eigentlich auch nie war. Wir freuen uns auf alles, was die Mannschaft mit ihr noch erreichen kann." (goa)+++

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