Beim Corona-Pflegebonus gehen viele leer aus
Sabrina Berg und Patric Mostert: "Da reicht auch kein Danke oder Applaus"
Fotos: Maria Franco
08.11.2022 / FULDA -
Arbeiten an vorderster Front: Sabrina Berg (41) und Patric Mostert (44) sind beide im medizinischen Bereich tätig. In der Pandemie haben auch sie vollen Einsatz für die Gesundheit der Patienten gezeigt - und sind an ihre Grenzen gekommen. Jetzt gibt es den großen Motivationsdämpfer. Unmut herrscht derzeit in der Belegschaft aufgrund der vom Bund auf den Weg gebrachten Verteilung des Corona-Pflegebonus. "Es ist einfach unfair. Viele Beschäftigte sind leer ausgegangen. Wir sind der Meinung: Wenn, dann sollten alle ein Stück vom Kuchen bekommen."
Anspruch haben Pflegefachkräfte, "die im Jahr 2021 für mindestens 185 Tage in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen in dem Krankenhaus beschäftigt gewesen sind". Und: "Pflegefachkräfte, die als Intensivpflegefachkräfte im Jahr 2021 für mindestens drei Monate in der Intensivpflege tätig waren, erhalten eine um den Faktor 1,5 erhöhte Prämie."
Ausgeschlossen sind davon jedoch unter anderem: Pflegekräfte in der Psychiatrie, Notaufnahme oder im OP. Aber auch Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, Medizinische Fachangestellte oder Hebammen erhalten keine Förderung.
Kritik an politischen Entscheidungen: "Ungerechte Verteilung"
Wunsch nach mehr Anerkennung
Die Mehrbelastung durch Corona hinterlässt nach wie vor ihre Spuren. Auch psychisch oftmals eine Herausforderung. "Wir arbeiten in Vollzeit, geben seit zwei Jahren alles. Die Energiereserven sind am Limit", konstatiert Berg. Der hohe Krankenstand erschwere die Situation. Ein Teufelskreis. Die Entscheidung der Bundesregierung in Bezug auf die Prämien-Verteilung sorgt für großes Unverständnis. "Ich bin wirklich froh, diesen Job zu haben, aber die Bedingungen und die geringe Wertschätzung machen es uns allen wirklich schwer. Die Stimmung ist aktuell sehr bedrückt - nicht nur bei uns in der Klinik. Es braucht einen Motivationsschub, dieser bleibt jedoch aus", ergänzt Mostert.Kliniken sind die Hände gebunden
Priv.-Doz. Dr. med. Thomas P. Menzel, Vorstandssprecher des Klinikums, erklärt auf O|N-Nachfrage: "Wir freuen uns für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege, die die Bonuszahlung erhalten haben. Wir bedauern es sehr, dass alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - sowohl in der Pflege als auch in allen anderen Bereichen des Klinikums Fulda - leer ausgehen und können deren Unmut sehr gut nachvollziehen."Klare Vorgaben des Pflegebonusgesetzes
An den Gegebenheiten sei dennoch nichts zu ändern. "Die Verteilung der Gelder erfolgt nach den Vorgaben des Pflegebonusgesetzes, das am 28. Juni 2022 vom Bundestag verabschiedet worden ist." Konkret bedeutet dies: "Die Verteilung der Bonuszahlung - wer bekommt was und wie viel - ist im Gesetz im Detail geregelt. Dem Arbeitgeber ist dabei keinerlei Ermessen eingeräumt worden; das heißt, weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat haben darauf irgendeinen Einfluss nehmen können."Von den insgesamt circa 3.000 Mitarbeitenden im Haus haben laut dem Klinikum-Chef etwa 940 einen Bonus erhalten.
Online-Petition zieht Kreise
Fest steht: Nicht nur in Osthessen sorgt die Verteilung der Prämien-Gelder für Aufregung. Deutschlandweit sind die Gemüter in genau dieser Branche erhitzt. Auf change.org ist bereits eine große Online-Petition ins Leben gerufen worden. Der Titel: "Keine Spaltung der Pflege - Faire Verteilung der Corona-Prämie". Inzwischen haben 133.083 Menschen (Stand: 07. November, 07:31 Uhr) für eine entsprechende Gesetzesänderung unterschrieben. "Wir alle arbeiten im Bereich Pflege. Wir unterscheiden nicht untereinander, sondern arbeiten Hand in Hand – für unsere Patienten!", stellt die Initiatorin der Aktion heraus. (Maria Franco) +++