Jubiläumsfeier am Sonntag
"Mieter sollen bei uns alt werden können": 75 Jahre Siedlungswerk Fulda
Fotos: Marius Auth
27.08.2022 / FULDA -
In den Nachkriegsjahren war die Wohnsituation für viele Menschen in Fulda katastrophal. Die Bereitstellung von Wohnraum war für die Kommunen allein nicht zu bewältigen. 1947 fanden sich deshalb katholische Männer zusammen und gründeten das Siedlungswerk Fulda. 75 Jahre später werden 1.267 Wohnungen verwaltet - 1.800 Mitglieder haben eins gemeinsam: Jeder hat eine Wohnung, jeder hat eine Stimme.
Denn das Siedlungswerk Fulda wurde als Selbsthilfe-Baugenossenschaft gegründet. Die Gründer setzten darauf, dass die späteren Siedler sich bei der Realisierung der Bauvorhaben durch Eigenleistung einbringen. "Jeder, der eine Wohnung bekommt, wird Mitglied - und jeder Genosse hat eine Stimme. Ein sehr demokratisches Prinzip, das uns auch weiterhin von der Konkurrenz auf dem Markt unterscheidet: Mitbestimmung und Sicherheit, Dauerwohnrecht - die Mieter sollen bei uns alt werden können", erklärt Frank Nieburg, seit 1999 Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Siedlungswerks Fulda.
Rettungsanker für Heimatvertriebene
Rund 2.000 Baugenossenschaften mit mehr als zwei Millionen Wohnungen und drei Millionen Mitgliedern existieren in Deutschland. Statt Miete wird eine Nutzungsgebühr bezahlt, Anteile an der Genossenschaft gibt es dazu. In Fulda war das Siedlungswerk nach dem Zweiten Weltkrieg Rettungsanker für Heimatvertriebene: 1948 wurde unter Mitwirkung der früheren Hessischen Heimstätte vom Land Hessen das Grundstück "Mühlacker" auf der Künzeller Höhe erworben. In den folgenden Jahren wurden, überwiegend für Heimatvertriebene, 105 Eigenheime errichtet.Neue Herausforderungen
Aktuelle Herausforderungen sind vor allem die erheblichen Steigerungen der Baukosten sowie die anzustrebende Klimaneutralität bis 2045: "Von unseren 1.300 Wohnungen sind die meisten etwas älter. Der Großteil ist inzwischen wärmegedämmt und mit neuen Heizungen versehen. Keine Nutzung von fossilem Gas, fossiler Kohle und fossilem Öl - das wird gerade bei Gas schwierig: Etliche unserer Häuser sind aus den 1950er-Jahren, für die gibt es keine Lösung", so Nieburg."Wir mussten uns immer an Neuerungen anpassen über die Jahrzehnte. Ursprünglich waren wir ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen, inzwischen sind wir voll steuerpflichtig. Den Bestand auf CO2-Freiheit umzustellen ist mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen. Aber: Unsere Mieten liegen regelmäßig deutlich unter den Durchschnittsmieten. Gewinnmaximierung auf Kosten der Mieter ist uns fremd."
Am 28. August findet das Jubiläums-Sommerfest des Siedlungswerks Fulda auf dem Gemüsemarkt in Fulda statt. (mau) +++