Auf Spurensuche im Land der Vorväter
Ehemalige Fuldaer Juden besuchen Weyhers und Schmalnau
Fotos (3): Michael Imhof
07.08.2022 / EBERSBURG (RHÖN) - Louis Freedberg lebt und arbeitet heute als Journalist in San Francisco, aber die Wurzeln der Familie liegen im Fuldaer Land. Denn Louis Freedberg ist der Enkel von der aus Melsungen stammenden Grete Kupfer, geb. Levy und ihrem Mann Judah Kupfer, der aus Schmalnau stammte.
Beiden gelang die Emigration nach Südafrika. Auch Judah Kupfers Brüder Max und Samuel Kupfer folgten ihm auf die andere Seite des Globus. Ihre nahen Verwandten Regina Grünewald und Erna Esther Freudenthal waren in Schmalnau und Tann verheiratet. Beide wurden von den Nationalsozialisten ermordet.
Das Stammhaus Kupfer in Schmalnau
Die Schmalnauer Führung übernahm sachkundig Frau Füller-Jerwin. Die erste Station waren das Stammhaus Kupfer in der heutigen Schmalnauer Hauptstraße und die Wohnstätten weiterer Verwandter der Kupfers. Die Begegnung mit den steinernen Zeugen ihrer Familiengeschichte war tief berührend. Die Gedenktafel in der Dorfmitte war der richtige Ort, um etwas über die Geschichte des religiösen Zentrums der jüdischen Gemeinde Schmalnau zu erfahren. Die Synagoge war Mitte des 19. Jahrhunderts in der Thalauer Straße errichtet worden. In einem Anbau befanden sich die Mikwe, das Bad für die rituellen Reinigungen, und ein Schulraum für den Religionsunterricht, seit Ende des 19. Jahrhunderts war es eine eigenständige jüdische Elementarschule auch für die allgemeinbildenden Fächer.Betroffen sind die Besucher auch, als sie auf dem Dorfplan von 1900, auf dem alle Schmalnauer Familien und Hausnamen verzeichnet sind, vergeblich nach den Namen der jüdischen Mitbewohner und ihrer Häuser suchten. Für Dr. Unbehauen etwas, dass überprüft werden muss – und möglichst natürlich auch geändert werden soll.
Auf dem jüdischen Friedhof in Weyhers
Da jüdische Grabstätten auf Dauer angelegt sind und nicht aufgelassen werden, reichen die Gräber auf dem Weyherser Friedhof bis 1730 zurück. Wie gut, dass es möglich war, dank der durch Dr. Imhof vorbereiteten Kartierung die Grabsteine der 14 Begräbnisstätten der Vorfahren Kupfer auf dem Weyherser Friedhof zu identifizieren! Diese reichen bis zu den Todesjahren von Meyer Kupfer 1829 und seiner Frau Minkla Kupfer 1839 zurück.Ganz typisch für jüdische Grabsteine sind die wertschätzenden Aussagen über die Verstorbenen. So wird Meyer Kupfer als "rechtschaffener Mann" beschrieben, der sich in der "Ausübung der Gebote" auszeichnete. Er sei "gottesfürchtig" und "von gutem Ruf" gewesen. Seine Frau Minkla wird als "tugendhafte Frau, die Krone ihres Mannes", als "gottesfürchtig und Geachtete" benannt, die "reich an Jahren" verstorben sei. Vor allem die älteren Grabsteine sind kunstvolle Steinmetzarbeiten, mit Rankwerk und Blumengirlanden verziert.
An den Gräbern der Familie Kupfer singt Louis Freedberg das Totengedenken Kaddisch – ein tief bewegender Moment, auch, weil aus Amerika seine Brüder Michael und David per Video zugeschaltet sind. Das Gedicht "We remember you" von Rabbi Kamens und Rabbi Riemer verbindet alle über die Entfernung von Raum und Zeit: "As long as we live, you too shall live, for you are a part of us. We remember you."
Orte jüdischer Vergangenheit in Fulda
Am darauffolgenden Tag führte Michael Imhof Familie Freedberg zu den Orten der jüdischen Vergangenheit und Gegenwart in Fulda. Im jüdischen Kultuszentrum in der Schildeckstraße 13 erfuhren sie viel über das jüdische Leben heute. Besonders beeindruckt sind die Gäste vom Synagogenraum und dessen Ausgestaltung mit den farbigen Fenstern, die jeweils Themen der Thora aufgreifen. In der früheren Judengasse vermittelte Dr. Imhof ihnen anhand großformatiger Fotos einen Eindruck von der früheren Synagoge, dem jüdischen Viertel und dem alten Friedhof in der Rabanusstraße. Es wird wohl nicht der letzte Besuch der Freedbergs in der Region Fulda gewesen sein. (Michael Imhof und Jutta Hamberger) +++