Erinnerungen einer alten Dame
Die Passion der Steffi Meylich als Statistin der Bad Hersfelder Festspiele
Fotos: Christopher Göbel/Privat
27.07.2022 / BAD HERSFELD -
Viele Jahre wirkte Steffi Meylich, die bald ihren 91. Geburtstag feiern kann, als Statistin bei den Bad Hersfelder Festspielen mit. Sie hat viele Erinnerung an die zahlreichen Sommer, die sie in und um die Stiftsruine verbracht hat. Und an die zahlreichen Begegnungen mit Bühnenstars, Regisseuren und Intendanten.
Mit dem Chorverein, in dem sie seit 40 Jahren singt (O|N berichtete), hatte sie die Möglichkeit, regelmäßig in der Statisterie der Bad Hersfelder Festspiele mitzumachen. "In meinem ersten Stück habe ich einen Pagen gespielt", erinnert sich die 90-Jährige. Welches Stück das war, weiß sie aber nicht mehr. "Wir hatten immer so schöne Kostüme", sagt sie. Vor allem die prachtvollen Kleider gefielen ihr sehr.
Urlaub ging erst nach den Festspielen
"Wir konnten immer erst danach in den Urlaub fahren", erinnert sich Tochter Beate. "Als Kinder waren wir nicht so begeistert, dass die Mama im Sommer kaum zuhause war", sagt sie. "Später fanden wir es dann nicht mehr so schlimm." Sie selbst hat sich einige Festspielstücke angeschaut, wollte aber nie mit auf der Bühne stehen. "Als Statisten haben wir ein bisschen Geld verdient. Das war nicht schlecht für den Urlaub", fügt ihre Mutter hinzu.Mindestens 13 IntendantInnen
In den Musicals durfte der Chorverein bis vor einigen Jahren die Chorpartien übernehmen. "Heute machen das nur noch die Profis", sagt Steffi Meylich ohne Groll. Ihr ist es wichtig, damals dabei gewesen zu sein, mitgemacht und dadurch ihre "tollen Erinnerungen" zu haben. Grob gerechnet könnte sie zwölf Intendanten und eine Intendantin miterlebt oder zumindest kennengelernt haben. Angefangen bei William Dieterle ("Der Amerikaner war ein toller Mann!") über Ulrich Erfurth, Günther Fleckenstein, Hans-Gerd Kübel (Kommissarischer Leiter), Karl Vibach, Jochen Schmidt (Oberspielleiter), Dr. Peter Lotschak, Volker Lechtenbrink, Dr. Ingo Waszerka, Elke Hesse, Holk Freytag und Dr. Dieter Wedel bis zu Joern Hinkel. Bei dessen "Sommernachts-Träumereien" im Totenhof an der Ruine spielte Meylich zum letzten Mal in einer Festspielproduktion mit.Auch Tango tanzen gehörte dazu
In den vielen Jahrzehnten lernte sie viele bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler aus der Nähe kennen. "Wir haben aber nicht oft mit denen zusammengesessen", sagt sie. Neben ihrer Arbeit bei der Bäckerei Gerlach fand sie immer die Zeit, bei den Festspielen mitzumachen. "Ich bin stolz darauf, dass ich so lange auf der Bühne stehen konnte. Wir hatten auch viel Spaß in der Maske und für ein Stück mussten wir sogar Tango tanzen lernen. Das war eine Sache", lacht sie. Aber am Ende habe es dann doch "ganz gut geklappt".Dank der Bad Hersfelder Festspiele konnte sie in diesem Jahr gemeinsam mit OSTHESSEN|NEWS eine Aufführung von "Der Club der toten Dichter" besuchen. "In der ersten Reihe zu sitzen, hat ihr viel bedeutet", sagt Tochter Beate. "Davon wird sie noch lange Kraft tanken". Und die Inszenierung hat Steffi Meylich gut gefallen.
"Jahre kommen. Jahre gehen. Wie die Tage fliehn. Blumen die heut noch für mich leuchten, morgen schon müssen sie verblühn. Jahre kommen. Jahre gehen. Schnell rennt all die Zeit. Stunden und Tage sind vergeben, mit ihnen Liebe, Lust und Leid" heißt es in dem Lied aus "Anatevka". Und so sind viele mit Theaterspielen erfüllte Jahre an Steffi Meylich vorbeigegangen, von deren Erlebnissen und Erinnerungen sie heute noch zehrt. (Christopher Göbel) +++