"Drogensucht ist eine Krankheit!"
Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende: "Keine Strafen sondern Hilfe"
Die Aids-Hilfe Fulda e.V. organisierte eine Gedenkaktion zum 25. Internationalen Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende.
Fotos: Michelle Kedmenec
21.07.2022 / FULDA -
1.826 Menschen sind laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit im Jahr 2021 in Deutschland an den Folgen von Überdosierungen und Schwarzmarktsubstanzen gestorben. Acht Verstorbenen aus den letzten beiden Jahren in Fulda und ganzen 34.000 Freunden, Angehörigen und Klienten aus den vergangenen 25 Jahren wurde am heutigen traditionellen Internationalen Gedenktag (21. Juli) für verstorbene Drogengebrauchende gedacht.
Zum dritten Mal fand auch in der Domstadt eine Gedenkveranstaltung statt. Organisiert vom Jes Bundesverband und der Selbsthilfegruppe Connection, stand an diesem Donnerstagvormittag vor allem eines auf dem Bahnhofsvorplatz im Fokus. Und zwar Menschen so zu akzeptieren wie sie sind und niemanden zu verurteilen. "Es gab und wird nie eine drogenfreie Gesellschaft geben. Jeder Mensch sollte in einer menschenwürdigen Gesellschaft leben dürfen. Drogenkonsum ist eine Krankheit. Die Menschen sollten nicht bestraft werden, sondern Hilfe erhalten", so Susanne Maul, Geschäftsführerin der Aids-Hilfe Fulda. Dabei sei es besonders wichtig, die Konsumenten so zu nehmen, wie sie sind und niemanden zu verurteilen. "Sucht hat viele Gründe, verurteilt nicht zu schnell, man weiß nie, welches Schicksal hinter dieser Krankheit steckt", appellierte auch Simone Schafnitzel in ihrer Rede.
Auf die Frage, warum Menschen nicht einfach aufhören Heroin und Co. zu konsumieren, entgegnete die ehemals selbst Abhängige: "Habt ihr schon mal aufgehört zu atmen?" Eine geregelte Substitution sowie ausreichende Hilfsangebote sollen die Drogengebrauchenden bestmöglich auf ihrem Weg unterstützen. Um dies gewährleisten zu können, stellten die Organisatoren der Veranstaltung klare Forderungen an die Stadt Fulda und den ebenfalls anwesenden Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld. Dieser hatte zuvor recht kurzfristig die Schirmherrschaft übernommen: "Da habe ich nicht lange gezögert und sofort zugesagt."
Die vorherrschende Problematik sei auch zur Stadt bereits durchgedrungen, so Wingenfeld. "Sie als wichtige Akteure dürfen nicht in Vergessenheit geraten, genauso wie all die Menschen, denen wir hier heute gedenken. Wir wollen Brücken bauen und unsere stetig wachsende Gesellschaft mit Gemeinschaft und nicht Ausgrenzung füllen. Wir wollen niemanden alleine lassen und ausreichend Hilfsangebote ermöglichen." Es sei allen bewusst, dass man in den Austausch gehen müssen, und das wolle man auch tun. Fulda sei keine anonyme Stadt, sondern ein Ort, an dem man sich hilft. Als Dank und Unterstützung für die Arbeit der Aids-Hilfe überreichte der Oberbürgermeister eine Spende.
Klare Forderungen an die Stadt
Finanzielle Unterstützung, Räume für Drogengebrauchende und junge Menschen, eine Förderung der Selbsthilfe, die Legalisierung aller Drogen und ganz oben auf der Liste eine gesicherte Substitution - so lauten die konkreten Forderungen der Organisatoren. Besonders die Substitution bereitet Susanne Maul und ihren Unterstützern große Sorgen. Mit Dr. von Kürten gibt es nur einen Arzt in Fulda, der Substitution anbietet. Kürten selbst habe schon länger seinen Ruhestand angekündigt und es sei nur eine Frage der Zeit, bis in der Barockstadt keine Substitution mehr möglich ist. Eine fatale Entwicklung für die ortsansässigen Drogenkranken. Die Organisatoren erhoffen sich nun Unterstützung aus Reihen der Stadt, um gemeinsam auch in Zukunft Mitmenschen hilfreich und unterstützend zur Seite stehen zu können. (Michelle Kedmenec) +++