Erster ökumenischer Nachhaltigkeitskongress
"Den Riesen wecken" – Agenda 2030 und die Kirchen
Fotos: Bistum Limburg
25.07.2022 / REGION -
Der erste ökumenische Nachhaltigkeitskongress in Mainz beschäftigte sich mit der Frage, welchen Beitrag die Kirchen zur Umsetzung der Agenda 2030 leisten können. Bei der Tagung mit dem Titel "Den Riesen wecken" wurde darüber diskutiert, wo die Kirchen aktuell stehen, welche praktischen Anknüpfungspunkte es gibt, und wie die Vernetzung der Akteurinnen und Akteure in Hessen und der Region Rhein-Main funktionieren kann.
Wenn wir den Blick auf den Zustand unserer Erde richten, dann ist es längst fünf vor zwölf. Höchste Zeit also, den Schalter umzulegen und gegenzusteuern. 2015 haben die Vereinten Nationen die Agenda 2030 beschlossen und darin 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung festgelegt. Welche Rolle die Kirchen in diesem Prozess spielen können, war Thema eines Nachhaltigkeitskongresses im Erbacher Hof in Mainz. Unter dem Motto "Den Riesen wecken" wurde darüber diskutiert, wo die christlichen Kirchen in Sachen Agenda 2030 stehen und welche konkreten Handlungsoptionen es gibt. Zu der ökumenischen, bistums- und landeskirchenübergreifenden Fachkonferenz hatten die christlichen Kirchen in Hessen eingeladen.
Nicht weniger als eine Transformation dieser Welt
"Die 17 Ziele wollen nicht weniger als eine Transformation dieser Welt", bemerkte Dr. Johannes Bremer, Studienleiter der Katholischen Akademie Erbacher Hof, in seiner Begrüßungsrede. Das freilich könne nur gelingen, wenn auch die Kirchen mitzögen. "Erstes Ziel heute ist die Vernetzung", erklärte Dr. Eva Baillie (Bistum Mainz) im Namen des Veranstalterkreises. "Es geht um Lernen und Austausch vor dem Hintergrund einer Handlungsperspektive." Idealerweise solle die Fachtagung der Beginn eines kooperativen Prozesses sein, richtete Moderatorin Kristina Oldenburg den Blick in die Zukunft.
Veränderungsprozesse fallen schwer
analysieren", betonte der Referent. Stattdessen müsse man eigene Muster hinterfragen. Es braucht also einen Wandel der eigenen Geisteshaltung, und es braucht die Bereitschaft zur Umsetzung. "Doch Veränderungsprozesse fallen schwer", wie der Nachhaltigkeitsexperte mit Blick auf die guten Vorsätze verdeutlichte, an denen man regelmäßig scheitert. Der Übergang zu gelebtem Wandel funktioniere nur, wenn man sich nicht allein der Notwendigkeit der Veränderung bewusst sei, sondern wenn das Thema auch ans Herz gehe. "Beide Ebenen", so Dr. Thomas Bruhn, "müssen miteinander verbunden sein."
Kirchen können Zukunftshoffnung vermitteln
In der anschließenden Diskussionsrunde gab es ermutigende Signale. Dr. Anselm Meyer-Antz (Misereor Aachen) appellierte an das Auditorium, ein gedankliches Experiment zu wagen. Es gebe Beispiele, bei denen die Menschheit schon erfolgreich war, meinte er und erinnerte an den Kampf gegen das erste Waldsterben oder das Ozonloch. "Das", so Dr. Meyer-Antz, "könnte eine Fährte sein, auf der man vorwärtskommt." Als wichtigen Anknüpfungspunkt sah der Regionalreferent das, was in den Kirchengemeinden passiert - etwa, wenn Ehrenamtliche nach dem Gottesdienst fair gehandelten Kaffee verkaufen.
"Die Kirchen sollten die Menschen zur Selbstwirksamkeit ermächtigen", meinte Dr. Hubert Meisinger vom Zentrum für Gesellschaftliche Verantwortung. Ziel sei, dass man an dem Ort, an dem man stehe, etwas verändere. Als aktuelles Beispiel nannte Dr. Meisinger ein freiwilliges Tempolimit. "Ich bin überzeugt, dass die Kirchen wirklich Zukunftshoffnung vermitteln können", so seine Einschätzung der Rolle der Kirche in Zeiten der Krise.
Agenda 2030 als Weckruf
Eine Teilnehmerin bezeichnete Inhalt und Motto des Konferenztages als "urchristliches Thema des Weckrufes" und betonte, dass die Arbeit in den Workshops nur ein Anfang gewesen sei. Aus der Gruppe der Teil-nehmenden kam der deutliche Wunsch, Organisationen und Akteure weiter zu vernetzen und sich auf Schwerpunktthemen zu fokussieren. Deutlich wurde im Plenum die Freude am Handeln und eine neu erwachte Motivation, an den Themen der Agenda 2030 zu arbeiten.
"Wir haben erfahren, wie Menschen zur Selbstwirksamkeit ermächtigt und mit Freude engagiert tätig werden", zog Winfried Montz, Abteilungsleiter Weltkirche Bistum Limburg, eine positive Bilanz der Tagung. "Es gibt zwar keine zentrale Schaltstelle, die Veränderung ermöglicht, aber wir können als Teil unseres kirchlichen Systems Akzente setzen." Als "Panorama des Handelns" wurde schließlich der Auftrag mitgenommen, nach einer Selbstvergewisserung der kirchlichen Akteure auch eine gute und zielgerichtete Vernetzung mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren anzudenken. (pm) +++