Aus der Stadtverordnetenversammlung

Viel Einigkeit und kleine Differenzen unter den Stadtpolitikern

Stadtverordnetenvorsteher Lothar Seitz (links) und Bürgermeister Thomas Fehling (rechts) ernannten Brigitte Kubicek, Christa Bittner und Walter Tonko zu Ehrenmitgliedern ihrer jeweiligen Ortsbeiräte. Dietmar Jillek, dem die gleiche Ehrung zuteil wurde, erhielt seine Urkunde nach der Stadtverordnetenversammlung.
Fotos: Christopher Göbel

16.07.2022 / BAD HERSFELD - In den meisten der 33 Tagesordnungspunkte herrschte am Donnerstagabend im Bürgerhaus Hohe Luft Einigkeit unter den Stadtverordneten Bad Hersfelds. Diskussionsbedarf gab es bei einigen Anträgen aus den Fraktionen und dem anstehenden Verkauf einer städtischen Liegenschaft.



Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit leitete Stadtverordnetenvorsteher Lothar Seitz (SPD) zügig durch die lange Tagesordnung. Ehe es aber tatsächlich um Stadtpolitik ging, wurden Christa Bittner, Brigitte Kubicek, Walter Tonko und Dietmar Jillek geehrt. Alle Vier waren ehrenamtlich als Stadtverordnete oder Mitglieder der Ortsbeiräte in Bad Hersfelder Stadtteilen tätig und wurden nun zu deren Ehrenmitgliedern ernannt. 35 Jahre tätig war Bittner, 36 Jahre Kubicek, 31 Jahre Jillek und 23 Jahre Tonko. Seitz und Bürgermeister Thomas Fehling überreichten Urkunden und Blumen an die Geehrten.

Schlamperei beim Verkauf des ehemaligen Technischen Rathauses?

Bernd Wennemuth (SPD) meldete sich zu Wort, als es um den Beschluss ging, das alte Technische Rathaus an der Landecker Straße an einen privaten Investor zu verkaufen. "Im Juli 2021 ging ein Kaufangebot von Dr. Michel für eine arbeitsmedizinische Untersuchungsstelle bei der Stadt ein", so Wennemuth. Seitdem habe sich von seiten der Stadtverwaltung nichts getan. "So kann man mit potenziellen Investoren nicht umspringen", so Wennemuth. Fehling reagierte und teilte mit, dass das Kaufangebot tatsächlich zum genannten Zeitpunkt eingegangen sei, allerdings aus seiner Sicht bedenkenswert gewesen wäre, wie die ICE-Trassenentscheidung ausfallen würde. "Das Grundstück ist jetzt mehr wert und das Gebäude war auch als Co-Workingspace im Gespräch", so Fehling. Es gäbe noch andere Interessenten und er empfehle, dass die Stadt den Verkauf ausschreiben solle. "Das würde mehr Geld einbringen", sagte der Bürgermeister. Er habe seine Sicht dem Magistrat beizeiten dargelegt und "nichts verpennt". Die Stadtverordneten beschlossen den Verkauf von Grundstück und Gebäude einstimmig. Weitere Grundstücksverkäufe (In den Giesen und Am Hang) gingen ebenfalls einstimmig über die Bühne.

Bei den meisten Punkten folgten die StadtpolitikerInnen den Empfehlungen der jeweiligen Ausschüsse. So wurde beispielsweise dem Magistrat Entlastung für den Schlussbericht der Rechnungsprüfung und der Prüfung der Jahresrechnungen 2015 und 2016 erteilt. Die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED ging ebenfalls einstimmig durch. Andrea Zietz (Fraktionsvorsitzende Bündnis '90/Die Grünen) merkte allerdings an, dass man durch die "neue Vorgehensweise wichtige Dinge aus der Hand" gebe, denn die technische Umsetzung liege dann nicht mehr in städtischer Hand.

Mit einstimmigem Beschluss wurde Personalratsmitglied Ralph Petzel als stellvertretendes Mitglied in die Betriebskommission für den Abwasserbetrieb der Stadt berufen. Er folgt damit auf Monika Huber, die aus dem Personalrat zurückgetreten ist. Die Berufung gilt für Petzels Wahlzeit im Personalrat der Stadt Bad Hersfeld.

Städtisches Gesundheitsmanagement als Streitpunkt

"Wir können nicht nur Klimaschutz. Uns liegen auch die Menschen am Herzen", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Zietz und leitete damit zum Antrag ihrer Fraktion über, ein betriebliches Gesundheitsmanagement für die gesamte Stadtverwaltung mit ihren rund 400 MitarbterInnen zu initiieren. Duch ein ordentliches Gesundheitsmanagement würde sich beispielsweise die Zahl der Krankheitstage verringern. Zudem solle das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöht und die Arbeitsfähigkeit erhalten werden. Jan Saal (CDU) schlug eine Erweiterung eines solchen Konzepts auch auf alle städtischen Gesellschaften vor. UBH-Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Schülbe bezeichnete den Antrag als "nicht annehmbar" und sagte, dass ein solches Gesundheitsmanagement "Misstrauen gegenüber der personellen Führung und gegenüber den Mitarbeitenden der Stadt und Misstrauen gegenüber Haus- und Fachärzten" bedeute. Als "etwas wirr" bezeichnete FDP-Fraktionsvorsitzender Bernd Böhle die Ausführungen Schülbes. "Insgesamt ist das eine gute Sache." Michael Barth (FWG) berichtete kurz vom erfolgreichen Gesundheitsmanagement bei der Bundeswehr, Anna Kleine (Grüne) sagte, dass das etwas "für die Mitarbeiter" sei und Vollmar (SPD) sagte, dass die Stadt ein ordentliches Gesundheitsmanagement brauche. Mit drei Gegenstimmen aus der UBH-Fraktion wurde der Grünen-Antrag mit der Erweiterung auf alle städtischen Gesellschaften beschlossen.

Fahrrad-Leasing für die städtsche Belegschaft

Die FDP-Fraktion stellte einen Antrag, dass die Stadt Fahrrad-Leasing mittels Entgeltumwandlung für Beschäftigte der Stadtverwaltung ermöglichen solle. "Das stärkt die Motivation der MitarbeiterInnen und passt zu den Klimazielen, die sich die Stadt gesetzt hat", begründete Fraktionsvorsitzender Bernd Böhle den Antrag. Es gehe dabei sowohl um E-Bikes als auch um normale Fahrräder, die von den Angestellten geleast und die Kosten dafür vom Gehalt einbehalten würden. "Dabei entstehen der Stadt keine Kosten", so Böhle. Lediglich Personalaufwand sei zu erwarten. Einstimmig wurde der Magistrat damit beauftragt, entsprechende Verträge mit geeigneten Leasinggebern in die Wege zu leiten.

Die SPD-Fraktion stellte den Antrag, der "Charta der Friedhofskultur" beizutreten. "Früher oder später geht das Thema alle an", so Fraktionsvorsitzender Karsten Vollmar. Laut Antrag werde sich die Nutzung der städtischen Friedhöfe wandeln. Es sei wichtig, das Kulturgut Friedhof zu erhalten und weiterzuentwickeln. Friedhöfe würden auch Orte der Begegnung werden. "Die 89 Euro Beitrag für die Mitglidschaft zur Charta sind kaum erwähnenswert", so Vollmar. Laut Dr. Thomas Handke (SPD) sei das Thema im Ausschuss für Bildung und Kultur bereits behandelt worden. "Durch den Beitritt zeigen wir, dass die Themen Friedhof und Friedhofskultur bei uns einen hohen Stellenwert haben", so Ausschussvorsitzender Handke. Obwohl Böhle fehlende Ziele des Beitritts anmahnte, wurde dieser anschließend einstimmig beschlossen.

Car-Sharing-Antrag an Ausschüsse überwiesen

Anna Kleine (Bündnis '90/Die Grünen) begründete den Antrag ihrer Fraktion auf ein Car-Sharing-Angebot in der Kreisstadt: "Fahrzeuge können durch Car-Sharing effizienter genutzt werden. Ein Car-Sharing-Auto kann etwa 20 private Pkw ersetzen", so Kleine. Die Idee sei, ein Auto für diesen Zweck einzusetzen, das tagsüber als Dienstfahrzeug für städische MitarbeiterInnen und außerhalb dieser Zeiten für alle als Car-Sharing-Auto zur Verfügung stehen könnte. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Schaffert sah "sehr viele Ungereimtheiten" im Antrag der Grünen und UBH-Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Schülbe erwähnte "Probleme bei der praktischen Umsetzung". Seiner Meinung nach müsse zunächst der Bedarf in der Stadt ermittelt werden. Frank Berg (FDP) merkte an, dass Städte in der Größe Hersfelds dieses Angebot bereits machen würden, beispielsweise Homberg/Efze und Spangenberg, fügte Zietz hinzu. Fehling brachte noch die Frage nach der Versicherung eines derart genutzen Fahrzeugs ins Gespräch. Einstimmig wurde der Antrag der Grünen-Fraktion in den Ausschuss für Stadtplanung, Umwelt und Klima sowie den Haupt und Finanzausschuss überwiesen.

Nach rund eineinhalb Stunden beendete Lothar Seitz die letzte Stadtverordnetenversammlung vor der Sommerpause. (Christopher Göbel) +++

Ein solches Bild der Einigkeit zeigte sich bei den meisten Punkten der Stadtverordnetenversammlung in Bad Hersfeld

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