"ee" plaudert aus der Schule
Lehrer, Journalist, Europa-Fan: Ralf Kleemann an der KAS verabschiedet
Fotos: Privat (7), Bertram Lenz
16.07.2022 / PETERSBERG -
Unter der Überschrift "Kandy-Dancer aus Sri-Lanka begeisterten 900 Zuschauer in Adenauer-Schule" erschien am 23. September 2005 ein Artikel auf unserem damals noch jungen O|N-Nachrichtenportal. Der Inhalt des Beitrags ist hier nicht weiter wichtig. Wohl aber die Tatsache, dass es der allererste Text war, den der langjährige Pressesprecher der Konrad-Adenauer-Schule (KAS), Ralf Kleemann, an die Redaktion schickte. Viele weitere sollten folgen. Gestern wurde Ralf Kleemann nach 22 Jahren an der KAS von Schulleiterin Anke Schüler verabschiedet, zusammen mit Gülden Karakaya und Alexander Schmidt, die die Schule wechseln.
Auf Umwegen zum Traumberuf
Ralf Kleemann wurde 1957 geboren, machte 1977 sein Abitur an der Winfriedschule und studierte in Gießen Französisch und Erdkunde auf Lehramt. Nach einem Referendariat an der KAS war’s das aber schon fürs Erste mit der Pädagogen-Laufbahn, "denn das Land Hessen hat damals null Lehrer eingestellt". Also musste Plan B her.Schon als Schüler hatte Kleemann als Mitarbeiter in der Sportredaktion der Fuldaer Zeitung ausgeholfen. Also absolvierte er dort ein Volontariat, wurde Sportredakteur und später Chef vom Dienst. "Als dann 1999 Roland Koch Ministerpräsident wurde mit dem Wahlversprechen, wieder mehr Lehrer einstellen zu wollen, hat sich die KAS an mich erinnert. Und da Lehrer immer mein Traumberuf war, habe ich sofort zugesagt." Er wurde Lehrer für Französisch und Erdkunde, Pressesprecher sowieso und ab 2006 Konrektor mit besonderem Augenmerk auf praktischer Berufsorientierung.
Klassenfahrten – viel besser als die graue Theorie
Ralf Kleemanns besondere Leidenschaft war stets der Europa-Gedanke. "Ein prägendes Ereignis für mich war ein Austausch der Winfriedschule mit einer Schule in Peterhead in Schottland", erinnert sich der 64-Jährige. "Danach hatte ich eine ganz andere Weitsicht nicht nur auf die Fremdsprache, die Menschen dort und deren Kultur, sondern auf die Schule insgesamt. Da habe ich begriffen, dass Schule viel mehr leisten kann als nur graue Theorie zu vermitteln."Eine Begebenheit hat Ralf Kleemann in all den Jahren besonders bewegt: "Einmal kam in Billère noch eine Schülergruppe aus Spanien dazu. Mit Händen und Füßen mussten sich die Jungen und Mädchen aus drei Nationen untereinander verständigen, doch am Ende stand ein großartiges Gemeinschaftsprojekt. Ein älterer Herr meinte damals: ,Wenn das die Völker vor 70 Jahren so gemacht hätten, wäre Europa viel Leid erspart geblieben."
Gepäck weg? Das kann doch einen Kleemann nicht erschüttern!
Die Gemeinde Billère in unmittelbarer Nachbarschaft von Pau liegt in der Region Nouvelle-Aquitaine, die wiederum eine Partnerschaft mit dem Land Hessen pflegt. Da lag es im Jahr 2013 für die Staatskanzlei nahe, den offiziellen Festakt zum 50. Jubiläum des Élysée-Vertrags, mit dem seinerzeit die deutsch-französische Freundschaft besiegelt worden war, in der KAS zu begehen – mit einer Delegation aus Frankreich, Simultanübersetzern und allem, was dazugehört.Ein mehr oder weniger zufällig eingefädelter Austausch mit einer Schule in Peking im Jahr 2015 muss schwer beeindruckend gewesen sein, blieb aber bislang eine einmalige Sache. "Schon wegen Corona hat sich da nichts mehr ergeben. Allerdings ist es auch nicht unproblematisch, mit China eine Partnerschaft zu unterhalten. Das Großmachtstreben dort ist bedenklich, und wir als Schule sollten lieber daran arbeiten, dass wir hier in Europa zusammenhalten – ganz besonders jetzt."
Eigentlich keinen Bock auf Abschied
Wenn Ralf Kleemann nun in den Ruhestand geht, wird dem Ehemann und zweifachen Vater und Großvater gewiss nicht langweilig. Er ist Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Petersberg, sitzt im Vorstand des Freundschaftsvereins Fulda-Dokkum und hat schon signalisiert, dass er beim nächsten Schüleraustausch noch einmal mitfährt, um seine Erfahrungen weiterzugeben. Dennoch fällt ihm der Abschied von der KAS schwer, wie er zugibt: "Ich habe aus meiner Arbeit immer viel Kraft geschöpft und hatte ein tolles Kollegium. Also halte ich es mit Jean Paul: ,Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können‘." (Matthias Witzel) +++