Kommunaler Trägerausschuss

Ukrainekrise: "Jede gesparte Kilowattstunde hilft uns, über Winter zu kommen"

Gaspipeline (hier in Alaska)
Symbolfoto: pixabay

06.07.2022 / REGION - Die Ukrainekrise und ihre Auswirkungen auf die Energiepreise bestimmen seit Wochen die öffentliche Diskussion. Die Tagung des kommunalen Trägerausschusses der RhönEnergie Fulda am Dienstagabend verdeutlichte: Auch für regionale Verbraucher brechen harte Zeiten an.


Das betrifft vor allem die Gaspreise. Martin Heun, Geschäftsführer des regionalen Energieversorgers, fand drastische Worte: "Jede gesparte Kilowattstunde Gas hilft uns, über den Winter zu kommen!" Schon im vierten Quartal des Vorjahres hätte sich der Ukrainekonflikt auf den Großmärkten für Kohle und CO2 angekündigt. Die Liquidität sei 2021 durchweg gesichert gewesen, das helfe jetzt bei Störungen, die durch den Krieg auf den Märkten hervorgerufen würden.



Seit Februar komme es zu erheblichen Verwerfungen auf den Energiemärkten, deswegen sei am 23. Juni die Alarmstufe des Notfallplans Gas, die zweite von drei Eskalationsstufe, von der Bundesregierung ausgerufen worden. Russische Gasimporte seien deutlich reduziert worden und befänden sich momentan auf 35 Prozent des Normalniveaus. Um die Gasspeicher-Füllstände zu garantieren, sei eine gesetzliche Initiative gestartet worden - 80 Prozent sollen bis Oktober jeden Jahres befüllt sein, momentan sei man bei 60 Prozent, so Dr. Arnt Meyer, Geschäftsführer der RhönEnergie Fulda GmbH.

Szenarien wie aus dem Katastrophenfilm

"Der Markt kann die Situation noch bewältigen, aber mit großen Schwierigkeiten. Wir bereiten uns auf die Notfallstufe vor und stimmen uns auch in der Branche ab, welche Maßnahmen in welchen Fällen dann ergriffen werden." Was im Extremfall passiert, hört sich an wie das Drehbuch zu einem Katastrophenfilm: Sollte die Notfallstufe ausgerufen werden, übernimmt die Bundesnetzagentur die Gasverteilung in Deutschland - die Rhön Energie Fulda würde nur noch auf deren hoheitliche Anweisungen reagieren, unter anderem darüber, welcher Verbraucher noch mit Gas beliefert wird und welcher nicht.

Auch 250 Großkunden könnten im Netz der Rhön Energie Fulda betroffen sein von den Einschränkungen - nur grundlegende soziale Dienste, ob Krankenhäuser, Feuerwehr, Polizei oder Bundeswehreinrichtungen, seien relativ sicher. Eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes, das in Zeiten der Ölkrise aufgelegt worden war, sieht nicht nur vor, dass große Industriebetriebe und Gashändler Daten zu ihrem Gasbezug und Verbrauch zur Verfügung stellen müssen, sondern gewährt auch Ausnahmen vom Imissions- und Naturschutzrecht, etwa bei Kohlekraft.

Hohe Preise auch nach Kriegsende

Hoffnung auf ein Abklingen der Preiskapriolen nach Kriegsende konnten die Verantwortlichen der RhönEnergie am Abend nicht machen: "Der Erdgas-Terminmarkt wird so bald keine reduzierten Preise sehen. Das angestrebte Frackinggas ist sechsmal so teuer wie normales Gas. Bei Steinkohle sieht es ähnlich aus: Vor dem Krieg kamen 70 Prozent aus Russland, günstig und gut - der Rest aus den USA. Jetzt müssen wir die 70 Prozent aus Südafrika, Kolumbien und Australien einkaufen - zu wesentlich höheren Preisen."

"Krisengerechtes Verbrauchsverhalten"

Eine Verdopplung des Gaspreises sei im nächsten Jahr nicht auszuschließen, mahnte Heun. "Krisengerechtes Verbrauchsverhalten" sei deshalb nötig. Dazu gehöre: Einsparen von Heizenergie, energetische Optimierung von Haus und Wohnung sowie eine vorbeugende Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlung, um nicht mit der Zahlungsaufforderung kalt erwischt zu werden. Die ersten Ausweichbewegungen der Ukrainekrise für die Privatverbraucher der RhönEnergie zeigten sich schon: Im Zeitraum von Januar bis Mai 2022 seien wesentlich mehr Hausanschlüsse Strom als Gas beantragt worden. Die Preise für Photovoltaik-Module seien zudem nach oben geschnellt.

Jahresabschluss 2021

Trotz der erheblichen Verwerfungen an den Märkten liegt das operative Ergebnis der RhönEnergie Fulda des  Wirtschaftsjahres 2021 in den Bereichen Energie und Trinkwasser deutlich über Plan. Defizite gab es in der  Verkehrssparte (Corona, steigende Kraftstoffpreise) sowie ebenfalls pandemiebedingt in der Bädersparte. "Der  Jahresüberschuss für das Geschäftsjahr 2021 ist positiver als erwartet", so Geschäftsführer Dr. Arnt Meyer. "Ein wesentlicher Grund für diesen wirtschaftlichen Erfolg liegt darin, dass in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2021 viele zusätzliche Kunden der RhönEnergie Fulda ihr Vertrauen geschenkt haben."

Die Energiewirtschaft befände sich in einer so noch nie erlebten Gemengelage, so die beiden Geschäftsführer. Trotzdem seien für die nahe Zukunft in unterschiedlichen Bereichen Investitionen in Millionenhöhe geplant: So wurde die Akquisition von Freiflächen für PV-Anlagen intensiviert. Ziel ist es, den Anteil der erneuerbaren Energie im eigenen Portfolio deutlich zu erhöhen. Dazu wurden die zuständigen Tochtergesellschaften personell verstärkt. "Die Rahmenbedingungen werden schwierig bleiben," bilanzieren Heun und Dr. Meyer. (mau) +++

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