Windräder im Gieseler Forst?
Naturschützer schlagen Alarm - Wald ist Heimat seltener Fledermausarten
Fotos: Lea Hohmann
29.06.2022 / GROßENLÜDER -
Er kennt die Artenvielfalt im Gieseler Wald wie kein anderer, beschäftigt sich seit Jahren mit der Beheimatung diverser Fledermausarten: Lothar Herzig setzt sich für die Biodiversität des heimischen Waldes ein. Der Gieseler Forst ist nämlich nicht nur Standort zahlreicher heimischer Laub- und Nadelbäume, sondern auch Heimat seltener Fledermausarten, die laut Herzig als unbedingt schützenswert klassifiziert seien. In dem rund 250 Hektar großen Gebiet zwischen Kleinlüder und Oberrode soll in den kommenden Jahren ein Windpark entstehen (O|N berichtete). Die Firma juwi aus Wörrstadt (Rheinland-Pfalz) hatte sich erfolgreich auf eine entsprechende Ausschreibung von Hessen-Forst beworben. Das Waldgebiet ist bereits sondiert, jetzt schlagen Naturschützer Alarm.
Fledermäuse unter besonderem Schutzstatus
Der Fledermauskenner konnte im ausgewiesenen Gebiet durch die Anbringung von speziellen Fledermauskästen alljährlich seltene Fransenfledermausweibchen mit ihren Jungtieren beobachten und nachweisen. Besonders stark gefährdet: Die sogenannte Bechsteinfledermaus, die europaweit unter besonderem Schutzstatus steht und auf eine besonders hohe Quartierdichte angewiesen ist, sowie die Fransenfledermaus. Beide stehen auf der Roten Liste. Regelmäßige Funde der Bechsteinfledermaus ließen daher auf eine Nutzung der Vorrangfläche als Nahrungshabitat schließen. In den osthessischen Wäldern komme sie bereits seit geraumer Zeit vor, weswegen sie auch als "Urwaldart" bezeichnet werden könne. Des Weiteren konnten auch die Zwergfledermaus sowie das Braune Langohr durch Herzig anhand ihrer Lautäußerungen identifiziert werden. Lebensraum geht verloren
In seiner Zeit als Naturschützer hat Herzig bereits viele neue Arten, wie die Mückenfledermaus, als erste ihrer Art in einem deutschen Quartier, entdeckt. "Die osthessischen Wälder, speziell der Gieseler Forst, haben im Bereich Artenvielfalt wirklich eine Menge zu bieten. Viele Arten sind ausschließlich an den Wald gebunden und nutzen den ausgewiesenen Lebensraum intensiv." Viele der gefährdeten Tiere seien außerdem Spaltenquartierbewohner, heißt, sie halten sich auch in Baumspalten oder -höhlen auf. "Werden diese Bäume dann gefällt, so geht der Lebensraum dieser Tiere unmittelbar verloren", so Herzig. Massive Instabilität durch Rodung und Windwurf
Doch nicht nur die Rotorenblätter der Windenergieanlagen stellen eine Bedrohung für die heimischen Arten dar. Pro Windrad müsse etwa ein Hektar Waldfläche freigeschnitten werden. Viele Kiefern und somit Lebensräume bedrohter Arten mussten im ausgewiesenen Bereich bereits weichen. "Das führt zu einer massiven Instabilität. Durch die Öffnung des Waldes, hat der Wind die Möglichkeit einzugreifen, hat mehr Angriffsfläche und es kommt vermehrt zu Windwurf", weiß der Naturschützer. Verfahren stößt auf Kritik
Das laufende Verfahren im Staatswald stößt also weiter auf heftige Kritik. Naturschützer lehnen den Eingriff in den Gieseler Forst, eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Hessens, ab. Waldrodungen auf den gesamten 250 Hektar Waldfläche seien laut juwi-Pressesprecher Felix Wächter jedoch ausgeschlossen: "Pro Anlage werden ungefähr 0,8 bis 1 Hektar Forst dauerhaft baumfrei bleiben. Alle in Anspruch genommenen Flächen werden mindestens in gleichem Umfang wieder mit standortgerechten Gehölzen aufgeforstet", so Wächter vor einigen Wochen auf O|N-Nachfrage. In den kommenden Wochen und Monaten stehen im Gieseler Forst dann erst einmal zahlreichen Gutachterverfahren an. Wie es also in den kommenden Jahren um die Realisierung der Windkraftanlagen steht, bleibt vorerst offen. O|N bleibt an dem Thema dran. (Lea Hohmann) +++