Leichtathlet Philipp Stuckhardt
Der Mittel- und Langstreckler aus Kohlhausen entdeckt den Berglauf für sich
Fotos: Privat
04.07.2022 / BAD HERSFELD -
Erst vor Kurzem gewann er den Tschirgant Sky Run, einen Berglauf in Tirol. Auch in dieser Disziplin sorgt der 30-jährige Philipp Stuckhardt mittlerweile für Aufsehen. Als herausragender Mittel- und Langstreckenläufer bekannt, startet er seit Anfang des Jahres für den SSC Hanau-Rodenbach. Stuckhardt wohnt auf einem idyllisch gelegenen Hof im Bad Hersfelder Stadtteil Kohlhausen. OSTHESSEN/NEWS hat ihn besucht.
Philipp Stuckhardt ist in ein Späteinsteiger. Als 16-Jähriger fing er mit der Leichtathletik bei der LGA Rotenburg-Bebra an - unter den Fittichen des legendären Trainers Wolfgang Weber, der noch heute im Alter von 73 Jahren in Dresden aktiv ist. Später wechselte Stuckhardt zum Laufteam Kassel, das der ebenso legendäre Winfried Aufenanger gründete. Bis er seine Leidenschaft für den Berglauf entdeckte. Als fast 30-Jähriger.
Eine Alm in der Ostschweiz auf 2000 Meter Höhe bewirtschaftet
Stuckhardt lebte plötzlich in einer anderen Welt. Und die Befürchtung lief nebenher. "Jetzt komme ich als Hesse, und dann sind drei oder vier Kühe abgestürzt", waren Stress und ein ungutes Gefühl ständige Begleiter. Bis er verinnerlichte, dass es in den Bergen vorkommt, dass Tiere abstürzen. Der Kohlhäuser sagt rückblickend: "Es war ein Erlebnis, das mich geprägt hat. Doch die Liebe zu den Bergen ist dadurch gewachsen." Als auslösendes Moment für den Berglauf entpuppten sich die Hessischen Meisterschaften auf dem Hohen Meißner. Vor drei Jahren war das. Stuckhardt siegte - vor so manchem Konkurrenten des Nationalkaders. "Da habe ich mir gesagt: Fang das mal gezielt an."
Am Lago Maggiore: Stuckhardt liegt weit vorn - Lauf wird abgebrochen
Stuckhardt setzte sich ein neues Ziel. Er nahm den Tschirgant Sky Run in der Ferienregion Imst im Tiroler Bergland ins Visier. 900 Höhenmeter am 2.370 Meter hohen Berg und 16 Kilometer lang. Doch auch diese Tortur hatte es in sich: Wandersteige mit vielen Steinen, treppenartig ging es hinauf zum steilsten Stück. Eben dort lief er dem Favoriten weg. "Der Sieg war für mich wichtig, um mir nach der Enttäuschung am Lago Maggiore zu zeigen: Ich kann es." Er verbesserte seine Bestzeit gegenüber dem Vorjahr - da wurde er Zweiter - um zwei Minuten. Drei Starts stehen noch an in diesem Jahr: am 16. Juli der Eiger-Ultratrail in Grindelwald (Dritter im Vorjahr), im August im Pitztal auf einer 24-Kilometer-Strecke - und im Oktober die Deutschen Meisterschaften.
"Die Kunst ist es, beim Laufen zu denken, dass du tanzt. Wie bei den Afrikanern"
"In der Weltgeschichte unterwegs" - aber lokale Aspekte im Herzen
Wer Stuckhardt sagt, sollte auch den lokalen Aspekt einbeziehen. Beispiel eins: der Lollslauf in Bad Hersfeld. Seinen ersten bestritt er als 15-Jähriger - seitdem gehört die Veranstaltung in jedem Jahr zu seinem Programm, oft läuft er sowohl fünf als auch zehn Kilometer. "Der Lollslauf war und ist für mich immer der Saisonabschluss. Das ist Heimat. Die Stimmung an der Strecke ist fantastisch. Die Leute freuen sich." In diesem Jahr will er über die Halbmarathon-Strecke an den Start gehen.Beispiel zwei: Wehrda rennt. Am vergangenen Freitag startete der Kohlhäuser dort über zehn Kilometer, "ich habe einen Tempo-Dauerlauf daraus gemacht", sagt er. Nebenbei hat er den Streckenrekord gebrochen. Doch er stellt klar: "Ich freue mich, dass ich es endlich mal geschafft habe, hier teilzunehmen. Da fahre ich in der Weltgeschichte rum, und die Läufe in der Heimat bleiben auf der Strecke."
Ein Spagat, Arbeit und Laufsport unter einen Hut zu bringen
Stuckhardt arbeitet seit vier Jahren auf dem Hofgut Meisebach zwischen Bad Hersfeld und Kirchheim. Wie schafft er es, Arbeit und den Laufsport unter einen Hut zu bringen? "Ich habe das große Glück, dass mir mein Chef vieles ermöglicht. Zu Wettkämpfen am Wochenende habe ich frei, auch unter der Woche ist das möglich." Die Arbeit ist körperlich anstrengend, "andere auf meinem Niveau arbeiten nicht so wie ich. Mich neben der Arbeit zu organisieren und zu trainieren, das ist immer ein Spagat". Ebenso wichtig seien die Ruhephasen. "Wenn ich im Wettkampf einmal nicht so gut laufe, dann weiß ich, dass ich sie nicht eingehalten habe. Es ist wichtig, nicht gegen seinen Körper zu trainieren."Philipp Stuckhardt - ein Sportler mit Überzeugung. Mit Leidenschaft. Eine Ich-AG, die Leistung bringt. Einer, der sich selbst organisiert. Der glaubwürdig ist. Und als wolle er all dies unterstreichen, macht er sich nach unserem Gespräch auf zu einem 30-Kilometer-Ausdauerlauf. (wk) +++