Neuwahl des Vorstandes

Jahreshauptversammlung der SPD-Arbeitsgemeinschaft AG 60+

Renata Schirmen und Helmut Krass wurden als Vorsitzende (Doppelspitze) gewählt.
Foto: Privat

23.05.2022 / FULDA - Die Würde des Menschen ist unantastbar. Diese Aussage im Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes sei nach Auffassung des Prof. Dr. Tobias Hack, Theologische Fakultät Fulda als Leitprinzip einer humanen Ethik zu verstehen, weil sie uns maßgeblich im Kontext ethischer Problemstellungen begegne. Herr Prof. Dr. Hack referierte zum Thema ’Menschenwürde‘ auf der diesjährigen Hauptversammlung der AG 60+ im Jägerhaus in Bronzell.



Die Menschenwürde werde nicht vom Staat oder der Rechtsgemeinschaft verliehen, sie sei vielmehr naturrechtlich begründet, d.h. ein Mensch habe eine Würde, weil er schlicht ein Mensch sei – so Prof. Dr. Hack, der sich hierbei auf den Philosophen Immanuel Kant berief. Unantastbar heiße aber nicht, dass die Würde faktisch nicht angetastet werde – was leider allzu oft geschehe -, Unantastbarkeit sei vielmehr als normativer Anspruch zu verstehen, was bedeute, dass die Menschenwürde nicht angetastet und verletzt werden dürfe, und zwar unter keinen Umständen – stellte Prof. Dr. Hack heraus. Eine Verletzung der Menschenwürde läge nach jahrzehntelanger Verfassungsinterpretation dann vor, wenn ein Mensch einer so genannten ’Totalinstrumentalisierung‘ unterwerfen werde, z. B. im Falle von Folter, Sklaverei oder Euthanasie – betonte Prof. Dr. Hack.

Der Gedanke der Menschenwürde speise sich historisch betrachtet aus verschiedenen Quellen. Zum einen sei nach jüdisch-christlicher Vorstellung die Gottebenbildlichkeit des Menschen ursächlich zu sehen, mit der Konsequenz, dass alle Menschen mit derselben Würde ausgestattet seien und zwar unabhängig davon, über welche speziellen Fähigkeiten und individuellen Merkmale die Menschen im Einzelnen verfügen. Jeder Mensch sei gleichermaßen etwas Besonderes, weil alle Menschen von Gott geschaffen und somit für dieselbe Würde geeignet seien. Die Würde des Menschen käme als Geschöpf Gottes von Gott – stellte Prof. Dr. Hack fest.

Die von der antiken Philosophie (z.B.Cicero) herausgearbeitete Gedanke, dass alle Menschen gleich und als Vernunftwesen mit einer besonderen Würde ausgestattet seien, ist ein weiterer Ansatzpunkt für Prof. Dr. Hack. Dieser Gedanke sei durch das Christentum produktiv aufgegriffen und konnte mit der Gottebenbildlichkeit vertieft werden. Als weitere Entwicklungslinie für die Würde des Menschen sei der spezifische Beitrag des europäischen Humanismus der Aufklärung zu nennen. Diese bestünde in der Erkenntnis, dass die Freiheit und Würde des Einzelnen zu ihrem wirksamen Schutz der politischrechtlichen Absicherung bedürften.

Die drei Ansatzpunkte zeigten zwar ein hohes Maß an Übereinstimmung, der Gedanke einer gleichen Würde könne aber nicht einfach singulär auf die religiöse Vorstellung der Gottebenbildlichkeit zurückgeführt werden. Dies werde zusätzlich durch die historische Beobachtung unterstrichen, dass die Statuierung von Menschenrechten gerade unabhängig von der christlichen Tradition und nicht selten zunächst gegen den Widerstand der Kirche, insbesondere der katholischen Kirche erfolgte – so Prof. Dr. Hack. Was ist letztlich inhaltlich unter dem Begriff der Menschenwürde zu verstehen? Prof. Dr. Hack greift den Ansatz von Schockendorf (Ethik des Lebens) auf, wonach "Der harte Kern der Menschenwürde-Vorstellung zielt auf nichts anderes, als was den Menschen zum Menschen macht: seine Fähigkeit zum freien Handeln und zur eigenverantwortlichen Selbstbestimmung." Dieser Minimalbegriff der Menschenwürde verzichte bewusst auf konkrete inhaltliche Vorstellungen und Voraussetzungen unter denen menschliches Leben gelingen kann.

Die Menschenwürde stelle eine Grenze hinsichtlich dessen dar, was unter allen Umständen zu unterlassen sei, wo sonst die sittliche Selbstbestimmung eines Menschen verletzt würde – so Prof. Dr. Hack. Im Anschluss des Referats erfolgte eine sehr rege Diskussion. Auf die Frage, ob man im Falle einer strafrechtlichen Verhaltensweise (Verbrechen) seine Menschenwürde verlieren könne, stellte Prof. Dr. Hack heraus, dass die Menschenwürde immer erhalten bliebe. Die Todesstrafe verstieße eindeutig gegen die Menschenwürde. Nach dem Rechenschaftsbericht der Vorsitzenden der AG 60+, Renata Schirmer, erfolgten die Entlastung des Vorstandes und Neuwahlen. Renata Schirmen und Helmut Krass wurden als Vorsitzende (Doppelspitze) gewählt.

Als Beisitzer*innen wurden gewählt:
Klaus-Dieter Stein,
Ilse Gutmann-Friedel,
Hilde Resler,
Rosi Müller,
Klaus Betz,
Hans-Kurt Müller,
Karl-Heinz Kern

Der Vorsitzende der AG 60+ Nordhessen, Siegfried Richter, sprach ein Grußwort, in dem er auf die Gründung dieser SPD-Organisation und deren Entwicklung einging. Mit einem Ausblick auf mögliche gemeinsame Aktivitäten der AG 60+ endete die diesjährige Jahreshauptversammlung. (pm) +++

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