"Wir haben lange auf diesen Tag gewartet"

Entscheidung gefallen: Dr.-Danzebrink-Straße in Fulda wird umbenannt

Die Dr.-Danzebrink-Straße in Fulda wird umbenannt.
Archivfoto: O|N

24.05.2022 / FULDA - Seit sieben Jahren wird in Fulda über diese Frage diskutiert: Soll die Dr.-Danzebrink-Straße umbenannt werden? Hintergrund ist die Rolle der Stadtverwaltung und des damaligen Oberbürgermeisters von Fulda, Dr. Franz Danzebrink, in der NS-Zeit von 1933 bis 1945. Am Montagabend fiel jetzt eine mehrheitliche Entscheidung: "Ja, die Straße am Aschenberg wird einen neuen Namen erhalten."



"Wir wollen keine Schuldzuweisungen tätigen, sondern Fulda und ihre Geschichte aufarbeiten", sagte Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld. "Ein Festhalten an dem Straßennamen trotz entsprechender Erklärung könnte den Eindruck erwecken, dass sich die Stadt Fulda nicht von dem Handeln in der NS-Zeit distanziert." Eine Ehrung in Form eines Straßennamens solle laut Wingenfeld auch Vorbildcharakter sein und "das erscheint hier als nicht gegeben". 

Die Stadtverordneten zeigten sich in ihren Wortbeiträgen erleichtert über die Entscheidung. "Danzebrink war systemtreu, das wird aus der Studie jetzt deutlich. Er hatte für die NSDAP eine stabilisierende Rolle", sagte Patricia Fehrmann von der CDU. "Wir haben lange auf diesen Tag gewartet", ergänzte Silvia Brünnel (Bündnis 90/Die Grünen) und Ute Riebold erklärte: "Sollte bei der Neubenennung über den Namen eines Opfers des NS-Regimes nachgedacht werden, gebe ich dies zu bedenken, denn diese Straße ist kein gebührender Erinnerungsort." 

Die Neubenennung der Straße soll zum 1. Juli 2023 unter Einbringung der Anwohner erfolgen. Denn für die bedeutet ein neuer Straßenname Aufwand. "Wir wissen, dass die Anwohner nichts für diesen Namen können. Deswegen möchte der Magistrat die Anwohner von den anfallenden Kosten befreien", gibt der OB bekannt. Einige Betroffene waren am Abend in der Orangerie sogar selbst anwesend.

Porträt soll bleiben

Das Porträt in der Ehrengalerie der ehemaligen Oberbürgermeister im Stadtschloss soll jedoch hängen bleiben. "Geschichte kann man nicht ausblenden, wir können nicht so tun, als hätte es das nicht gegeben", erklärte Wingenfeld. Eine Informationstafel mit Erläuterungen zur Rolle von Danzebrink während der NS-Zeit solle aber ergänzt werden.

Der OB erläuterte den vorgelegten Magistratsbeschluss: "Wir sind den Schritt gegangen und haben uns mit unserer Vergangenheit auseinandergesetzt." Im Jahr 2016 beauftragte der Magistrat Alexander Cramer, Doktorand am Institut für Neueste Geschichte an der Philipps-Universität Marburg, zur unabhängigen wissenschaftliche Aufarbeitung zum Thema "Rolle der Stadtverwaltung und Danzebrinks in der NS-Zeit". Betreuer war Prof. Dr. Eckard Conze, der bereits die Rolle des Auswärtigen Amtes während der NS-Zeit maßgeblich untersucht hat. Aufgrund des großen auch internationalen Interesses am Thema wurde nach der Fertigstellung der deutschen Fassung eine Fachübersetzung ins Englische erstellt, die im Jahr 2021 veröffentlicht wurde. (nb) +++

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