OSTHESSEN|NEWS hat nachgehakt
9-Euro-Ticket für Bus und Bahn: Startet der Verkauf am Montag?
Fotos: Moritz Bindewald
18.05.2022 / REGION -
In den Sommer für neun Euro im Monat – das ist zumindest der Plan der Bundesregierung für den öffentlichen Personennahverkehr in den Monaten Juni, Juli und August. Nutzbar soll das Ticket in der gesamten Bundesrepublik sein.
Wann und wo wird das Ticket erhältlich sein? Wie sieht der Preis denn nun am Ende tatsächlich aus? Werden Bus und Bahn in der warmen Zeit jetzt völlig überfüllt sein – und könnte alles noch am Bundesrat scheitern? Wir haben nachgehakt!
Verkauf sogar direkt im Bus?
Ab Montag soll der Verkauf starten, auch in der Region Osthessen. Erhältlich soll das Ticket an den Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn, des Rhein-Main-Verkehrsbundes, kurz RMV und an vielen weiteren Vertriebsstellen sein. Bei einigen Verkehrsunternehmen werde das Ticket sogar direkt im Bus vertrieben, heißt es auf der Website des RMV. Auf die Nachfrage, ob dies auch in Fulda der Fall sein werde, erhalten wir ein "klares ja" vonseiten Daniel Vollmanns, Geschäftsführer der lokalen Nahverkehrsgesellschaft, kurz LNG. Um Staus und Engpässe an Automaten und Vertriebsstellen zu vermeiden, werde das Ticket mitunter ebenfalls bei den Busfahrern erhältlich sein. Auch am Stadtschloss sei der Verkauf geplant, so die Pressestelle der RhönEnergie Fulda. Ein Tipp seitens der Redaktion: Auch über die RMV-App wird es möglich sein, das Ticket zu kaufen. So hat man es einfach und bequem auf dem Handy. Keine Pünktlichkeitsgarantie mehr!
Bisher war es im Falle verspäteter oder ausgefallener Verbindungen möglich, die RMV-10-Minuten-Garantie geltend zu machen, und so die Fahrt erstattet zu bekommen. Dieses Angebot wird im Zeitraum der Gültigkeit des 9-Euro-Tickets nun nicht mehr bestehen. Das betreffe vornehmlich die Fahrgäste der Regionalbahn nach Frankfurt, heißt es hierzu von Vollmann. Dafür sei aber das Ticket ja auch deutlich vergünstigt.9 -, 18-, oder doch 27-Euro-Ticket?
Bei dem 9-Euro-Ticket soll es sich um eine Monatskarte handeln, welche immer vom ersten bis zum letzten Tag des Monats gilt. Wer sich das Ticket also erst in der Mitte des Monats kauft, kann auch nur zwei Wochen damit fahren. Wer aktuell schon eine Jahreskarte oder ähnliches hat, muss sich um nichts kümmern, er bekommt die Differenz entweder zurückerstattet oder einen entsprechend verminderten Betrag abgebucht und genießt automatisch alle Vorzüge des 9-Euro-Tickets. Kunden sollen über ein Infoschreiben erfahren, wie die Erstattung erfolgen soll, erklärt die Pressestelle der RhönEnergie Fulda. Kinder unter sechs Jahren fahren kostenfrei mit, heißt es weiter auf der Website des RMV. Tickets, die normalerweise erst ab 09:00 Uhr gelten, seien für den Zeitraum ganztägig gültig.
Geschlossen wegen Überfüllung?
Eine in den sozialen Medien viel diskutierte Problematik: der auf das 9-Euro-Ticket folgende mögliche Ansturm auf Bus und Bahn. Auch das Reiseunternehmen Stumpf äußert gegenüber O|N die Befürchtung, dass der ÖPNV "gnadenlos überlastet" sein werde. Der Geschäftsführer der LNG beschreibt die aktuelle Situation als "Stochern im Trüben". Im Freizeitverkehr oder bei den Pendlern könne er sich volle oder überlastete Busse durchaus vorstellen. Aktuell sei man nicht in der Lage, eine realistische Prognose zu treffen, es werde sich zeigen, ob und wo Engpässe auftreten. Dann werde man selbstverständlich daran arbeiten, diese auszuräumen.
Droht privaten Reisebusunternehmen durch das 9-Euro-Ticket ein wirtschaftlicher Schaden?
Das befürchtet zumindest der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen. So könnten beispielsweise Klassenfahrten statt mit dem Reisebus nun aufgrund der Kostenersparnis mit dem öffentlichen Nahverkehr angetreten werden. Eine Möglichkeit, hier vorzubeugen, sieht der Landkreis Fulda nicht. "Klassenfahrten werden vollumfänglich durch die Schulen organisiert. Sie entscheiden selbst, wie Ausflüge oder Klassenfahrten durchgeführt werden und ob dafür Reisebusse oder der ÖPNV genutzt wird", erläutert Lisa Laibach, Pressesprecherin des Kreises. Das lokale Reisebusunternehmen Stumpf nimmt die Situation gelassen: "Das kann sicherlich passieren", erklärt man auf Nachfrage. Man sei allerdings positiv gestimmt, es gebe viele Anfragen und man sei bereits gut gebucht. Außerdem sei das Ticket zeitlich begrenzt und ab September gehe es wie gewohnt weiter, zeigt man sich zuversichtlich.
Letzte Hürde Bundesrat – wird alles noch scheitern?
Ärger bahnt sich unterdessen noch im Bundesrat an, so droht zum Beispiel Bayern mit einer Blockade bei der Abstimmung. "Wenn der Bund glaubt, er könne sich auf dem Rücken der Länder für ein dreimonatiges Trostpflaster beklatschen lassen und andere sollen dafür die Rechnung zahlen, dann hat er sich gewaltig getäuscht", echauffierte sich Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Sofern der Bund die Kosten für das Ticket nicht voll ausgleiche und nicht, wie im Koalitionsvertrag versprochen, die Regionalisierungsmittel deutlich erhöhe, werde er im Bundesrat gegen eine Mauer laufen. Für leere Drohungen hält das der Geschäftsführer der LNG. Vollmann erklärt im Gespräch mit O|N, man sei längst an einem Point-of-no-Return angekommen. Die Unternehmen seien bereits in der Umsetzungsphase. Niemand werde sich nun "die Mütze aufsetzen" wollen, das Ticket final noch verhindert zu haben und die entstandenen Schäden verantworten zu müssen.Die Abstimmung im Bundesrat ist für Freitag anberaumt. Hiernach wird dann voraussichtlich klar sein, wie es mit dem 9-Euro-Ticket weitergeht. O|N bleibt jedenfalls am Thema dran! (Moritz Bindewald) +++