Arbeitstitel "Stadtkrone"
Sanierter Schlossturm soll bald "gekrönt" und barrierefrei dastehen
Das Modell zeigt, wie der Schlossturm mit seiner "Krone" aussehen wird
Fotos: Stadt Fulda
18.05.2022 / FULDA -
Er soll bis spätestens zur Landesgartenschau als "gekröntes Haupt" dastehen: Der aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammende Fuldaer Schlossturm, der nun schon seit einigen Jahren nicht für das Publikum zugänglich war, ist zwischenzeitlich völlig entkernt und wird am Ende für rund vier Millionen Euro aufwendig saniert sein. Stadtbaurat Daniel Schreiner sagt, es sei wirklich hoch an der Zeit gewesen, etwas für den Turm zu tun, sein Inneres habe einer Tropfsteinhöhle geglichen und die Substanz drohte zu leiden. Jetzt soll er bald wie Phoenix aus der Asche auferstehen und nicht nur barrierefrei fast bis zur Spitze zugänglich sein, sondern auch eine stählerne Haubenkonstruktion aufgesetzt bekommen. "Stadtkrone" lautet der bisherige Arbeitstitel für den fast 15 m hohen lichten Aufsatz.
Als Glücksumstand bei der Finanzierung des aufwendigen Umbaus erwiesen sich die Fördermittel aus dem Programm "Aktive Kernbereiche in Hessen - Lebendige Zentren". Damit wird unter anderem auch die Barrierefreiheit gefördert. Denn bislang war es weder für Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen noch für Rollatornutzer möglich, den fantastischen Rundumblick auf die Barockstadt und ihre Umgebung von oben zu genießen. Im völlig entkernten Turm führt künftig ein gläserner Aufzug zu einer ersten Aussichtsplattform nach fast ganz oben, der sowohl von der Kaisersaal-Terrasse im Schlossgarten als auch vom Schlossinnenhof her das ganze Jahr über barrierefrei zugänglich sein wird. Für alle, die gut zu Fuß sind, führt dann noch eine Treppe auf die obere Aussichtsplattform im Freien. Um den Lift herum wird im Turminneren auch eine Metalltreppe herumführen, (für den Fall, dass der Lift einmal ausfallen sollte), die Turmwände sollen unverputzt bleiben, um den historischen Charakter des Gebäudes zu unterstreichen.
Fundstücke in der ehemaligen Kloake
Nach der kompletten Entkernung des Turms schlug die Stunde der Archäologen. Die waren glücklich über die eher unappetitliche Historie einer Kloake im Keller des Turms, denn dort konnten zahlreiche spannende Fundstücke aus der langen Geschichte des Baus gesichert werden. Es gibt Relikte der mittelalterlichen Abtsburg, vom Renaissance-Schloss aus dem 17. Jahrhundert und dem Ursprung des jetzigen Barock-Schlosses. Rätsel gibt den Denkmalpflegern und Historikern eine Tür mit Renaissance-Laibung auf halber Höhe im Turm auf. Ein exaktes Ebenbild gibt es im Benediktinerinnenkloster, doch niemand kann sagen, wohin die Tür im Turm eigentlich führte. Erkenntnisse der intensiven Voruntersuchungen über die verschiedenen Bauphasen des Turms und eine Dokumentation der gesicherten Exponate werden in einer Dauerausstellung im Untergeschoss zu sehen sein.
Rekonstruktion der Turmhaube
Nicht immer sah der Turm "oben abgeschnitten" aus - wie ihn wir Zeitgenossen kennen. Über 480 Jahre lang gab es offenbar eine Turmbekrönung in Form einer Haube, wie sie auch auf allen Sakralbauten der Stadt zu sehen sind. Dummerweise existiert von der ursprünglichen Fassung aber kein brauchbares "Porträt", an dem man sich bei einer Rekonstruktion orientieren könnte. Nach gründlicher historischer Recherche und Tüftelei wurde schließlich von Architekt Jürgen Krieg (Büro Krieg+Warth, Eichenzell) eine "skulpturale Lösung" aus fast 15 m hohen Stahlelementen entwickelt, die jetzt realisiert wird, nachdem unter anderem auch der Denkmalbeirat die Lösung einstimmig unterstützt und empfohlen hat.
"Die Wirkung für das Stadtbild –auch aus der Ferne - ist phänomenal", schwärmt der Stadtbaurat, der allen derzeitigen Baumaterialengpässen zum Trotz hofft, dass die geplante Fertigstellung des Turms bis zur Landesgartenschau 2023 in Fulda gelingt. Dass der bislang "geköpfte Turm" dann eine Ära als "Stadtkrone" erlebt und Fulda eine ganz neue Silhouette verschafft, soll nicht nur die Herzen der Lokalpatrioten erfreuen. (Carla Ihle-Becker) +++